Die zusammengefügten Hände stellen die Verbindung zur ganzen
Menschheit her
Brudertreue – Bruderkette
Die Themenwahl hat damit zu tun, dass im Symbol der Kette eine Art
Verpflichtung zu brüderlicher Treue verspürt wird. Diesem Gefühl ist etwas
tiefer auf den Grund zu gehen, indem analysiert wird, wie weit denn diese
Brudertreue gehen soll, und wie wir uns in die weltumspannende Kette der
Freimaurerbrüder aber auch aller Weltenbrüder eingliedern. Dabei sind keine
abschliessenden Antworten zu erwarten. Aber die Auseinandersetzung, der Weg
jedes Lesers ist das Ziel.
MARC DEUCHER (Schweizer Freimaurer-Rundschau: Januar 2004)
Zunächst ist festzustellen, dass die gegenseitige Anrede als Bruder
eigentlich nichts Aussergewöhnliches ist. Als Bruder bezeichnet man den
Blutsverwandten der von den gleichen Eltern abstammt. Aus dem
geheimnisvollen Blutsband leitet man eine besondere Liebe, eine
Gesinnungsgemeinschaft, die Treue und Verlässlichkeit ab. Diese besondere
Deutung der Artsverwandtschaft haben sich sicherlich die frühen Christen zu
Eigen gemacht, indem sie die gesamte Menschheit – mindestens theoretisch –
als verbrüdert betrachteten. Lucian, der 180 nach Christus starb, hat über
die Christen gesagt: «Der erste Gesetzgeber überzeugte sie, dass sie alle
untereinander Brüder seien» womit er andeutet, dass die christliche
Brüderlichkeit schon auf Christus zurück zu führen sei und dass der
Brudername, mit dem sich die Christen nach biblischem Vorbild benannten,
etwas für das Christentum ganz Spezifisches und Charakteristisches ist. Das
ist die älteste uns bekannte Quelle. Aber schon in der Bibel selbst wird
diese Bezeichnung von Volks- und Glaubensgenossen als Bruder mehrfach
erwähnt, ohne allerdings zu sagen was genau damit gemeint ist. So in
Matthäus 5,22,18,15. dann dort, wo eine Verpflichtung auf den Ethos der
Brüderlichkeit gefordert ist, bei Matthäus 23, 8; Lukas 22,23 und
schliesslich bei Markus 3, 35 wo es heisst: «Jeder der den Willen Gottes
tut, der ist mein Bruder, Schwester und Mutter».
Später, im Jahre 529 hat Benedikt von Nursia in Monte Cassino eine in 73
Kapitel gegliederte Regel verfasst in der die Brüderlichkeit, die
Bruderschaft, die Bruderliebe aber auch der Bruderrat für den Ordo Sancti
Benedicti (OSB) einen wichtigen Platz einnehmen. Diese Regel gilt seit jener
ersten Klostergründung bis heute für Benediktiner, Zisterzienser und andere
kleinere Orden.
Schon die alte Philosophie der Stoa, (etwa 300 vor bis 300 nach Chr.) hat
in der zweiten Hälfte die Brüderlichkeit der Menschen mit der gleichen
Abstammung aller Menschen begründet und damit, dass die Menschen an der
quasi – göttlichen Allvernunft teilnähmen. Brüder also durch die gemeinsame
Abstammung von Gott, durch die Verbindung in einer familia Die.
Studenten bezeichnen sich innerhalb von Verbindungen und
Landsmannschaften seit dem frühen Mittelalter als Farbenbrüder und geben
damit zum Ausdruck, dass sie sich als Gesinnungsvielleicht damals auch als
Leidensgenossen zur Verwirklichung der Verbindungsziele besonders
zusammengeschlossen fühlen.
Liberté, Égalité, Fraternité
«Liberté, Égalité, Fraternité», (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit)
der französischen Revolution, ein Schlagwort, kreiert von einem Freimaurer,
wurde im sozialistischen Osten zu «Brüder in Zechen und Gruben» abgeleitet
und konkurriert nicht nur mit aufklärerischem Gedankengut sondern auch mit
dem christlichen Anspruch auf die Brüderlichkeit.
Pfadfinder, ebenfalls eine Kreation eines Freimaurers, Baden Powell, und
andere Organisationen übten die Blutsbrüderschaft, indem sie sich
beispielsweise ritzten und das Blut des Bruders mit dem eigenen vermischten
oder es einem Tranke zufügten. Andere Formen dieses symbolischen
Zusammenschweissens kennen sogar wir Freimaurer in gemässigter Form, indem
wir uns den Zirkel auf die Brust setzen und damit die Blutsverwandtschaft
mit dem Erdenkreis der Brüder symbolisch vom Meister einhämmern lassen.
In Englisch sprechenden Ländern wird ebenfalls eine besondere
Verbundenheit durch die Verwendung von «Brother» zum Ausdruck gebracht.
Schwarze in den USA bezeugen ihre Schicksalsgemeinschaft mit der
gegenseitigen Anrede als brother. Die Rastafaris mit ihren verfilzten, fast
meterlangen Zöpfen und mit Bob Marley als Idol, umarmen sich als Brother.
Dem Wort Bruder allein ist also nicht besondere Bedeutung zuzumessen, da
es bis heute in so vielen Gemeinschaften vorkommt, dass der eigentliche Sinn
verwässert erscheint und abgedroschen klingt.
Brüderlichkeit ist heute zu einem Fundamentalbegriff geworden. Sie gilt
als Prinzip jeder Lebensgestaltung, als Antriebsmoment zur
Daseinsverbesserung, als Massstab, an dem die menschliche Wirklichkeit
gültig gemessen wird. Der fundamentale Charakter dieses Begriffes zeigt sich
daran, dass er ein ganzes Wortfeld um sich breitet, welches er in
verschiedener Intensität und Dichte durchwirkt. Der Begriff schwingt mit in
der Formel des «brüderlichen Dialoges», der zwischen allen Gruppen der
pluriformen Menschheit geführt werden soll.
Neben der Gefahr, dass Brüderlichkeit, Brudertreue oder Bruderliebe an
sich zu Plattitüden degenerieren, besteht eine weitere darin, dass diese
Begriffe von jedermann beansprucht und gar entgegen gesetzten Zielen
dienstbar gemacht werden.
Es bedarf schon einer weiteren Sinngebung um ihren ursprünglichen Wert
wieder zu finden. Sowohl aus christlicher als auch freimaurerischer Sicht
wird kein Mensch aus dem Wirkbereich der Brüderlichkeit ausgeschlossen. Die
Brüderlichkeit erscheint uneingeschränkt, unbegrenzt und universell, so wie
dies im Gleichnis des barmherzigen Samariters anklingt (Lukas 10). Damit
bliebe auch ein Feind oder Widersacher nicht ausgeschlossen. Soweit sind die
Annäherungen von beiden Seiten deckungsgleich.
Eine innere und eine äussere Kette ?
Auf die Freimaurerei bezogen, gilt es zu fragen, ob den Brüdern
Freimaurern gegenüber den anderen Menschen eine Sonderbehandlung zugedacht
wird, ob es also aus freimaurerischer Sicht eine innere und eine äussere
Kette gibt.
Die Kirche hat sich etwas tiefer mit dieser Problematik
auseinandergesetzt als es 1792/94 die Jakobiner mit dem Ausspruch taten «Und
willst Du nicht mein Bruder sein, so schlag ich Dir den Schädel ein.»
Sie hat sich zunächst um einen modus vivendi mit den feindlichen Gewalten
und um menschliche Loyalität gegenüber religionsfeindlichen Staaten bemüht.
Von Aussen betrachtet kam es zu hoffnungslosen Versuchen einer Koexistenz
und die praktische Grenze des Programms der christlichen Brüderlichkeit
wurde offenbar.
Mit dem II. Vatikanischen Konzil (11.11.62-08.12.65, Joh. XXIII und Paul
VI) hat sich die katholische Kirche beispielsweise bemüht, aus dem Geist der
Brudertreue oder Brüderlichkeit heraus die historischen Hindernisse der
Einheit mit den Ostkirchen abzutragen. Das ökumenische Direktorium konnte
eine Sakramentsgemeinschaft ins Leben rufen, die 1969 auch vom Moskauer
Patriarchat angenommen wurde. Wenn sich auch Ost- und Westkirche brüderlich
annäherten, blieb doch eine Versöhnung mit den Staatsgebilden mehrheitlich
aus: Die Kirche blieb eine «Kirche in Not»
Wenn auch wir Freimaurer diesen Schritt in die lllusion von Brudertreue
mit unserem Verstehenshorizont wagen, so merken wir alsbald, dass wenn wir
mit dem Hinweis auf die Brüderlichkeit alle Differenzen zu anderen
Weltanschauungen und mit einer falsch verstandenen Toleranz zu überspielen
versuchen, die praktische Grenze der Brüderlichkeit erreichen, weil sie
unverbindlich, falsch und unwahr wird. Die Brüderlichkeit wird zu einem
biederen sentimentalen Solidaritätsbegriff. Ein Treuegelübde auf eine solche
Brüderlichkeit wird zur Farce.
Nur dadurch, dass wir unsere Ideale, die Bedeutung der brüderlichen
Weltkette und unsere persönliche vom Gewissen getragene Überzeugung im
inneren und äusseren Bruderkreis klarstellen, nehmen wir den Andersdenkenden
als Bruder ernst. Gerade nicht ernst genommen wird er dort, wo diese ihm
verschwiegen werden. Wir versagen ihm damit die von unserer Gemeinschaft
geforderte Idee, deren er zur Selbstverwirklichung und zur Erkenntnis seines
Heils bedarf. Um vordergründigen Friedens willen dürfen wir nicht auf diese
Auseinandersetzung verzichten.
Ich zitiere die Bibel und dort Paulus in seinem 1. Korintherbrief, Kap 11
und 26 wo er von den «falschen Brüdern» spricht, die man in ihrem Irrtum
nicht bestärken darf, denen man vielmehr, um der höheren Barmherzigkeit
Willen die Wahrheit sagen muss, selbst wenn diese anstössig und provozierend
wirkt und selbst wenn dabei der Dialog auch einmal abgebrochen werden muss
und zum Protest wird.
Aus dem Gewissen entsprungene Brüderlichkeit
Was uns aber eindeutig davon unterscheidet wie die katholische Kirche die
Brüderlichkeit mit anders denkenden Brüdern angeht, ist der «approach».
Während die Kirche die christliche Brüderlichkeit auf göttliche Herkunft
beruft, und sagt, diese sei quasi göttlichen Formates, in Gott messbar,
stellen wir die Brüderlichkeit als aus dem Gewissen heraus entstandene
Verpflichtung dar. Die Kirche kann sich auf hoheitliches Gesetz berufen,
während wir mit Vernunft, Verstand und gutem Willen die Brüdertreue selbst
zu definieren haben.
Während wir möglicherweise in der kirchlichen Auffassung einen zu engen
Horizont erkennen, da er nicht auf andere Religionen und Konfessionen
anwendbar ist, wird die Kirche unsere aufgeklärte Interpretation mit dem
Hinweis kritisieren, dass wenn die Brüderlichkeit nur vom Mitmenschen als
zwischenmenschlich abzuleiten wäre, sie als restlose Anpassung an die
Wünsche des irdischen Menschen eine falsche Dimension aufweise.
Kette als Schmuckstück und Werkzeug
Bei der Aufnahme, wenn die Augenbinde abgenommen wird, erblickt der
Neophyt die Bruderkette zum ersten Mal und das Sinnbild wird aufgenommen. Es
erscheint schon als eines der stärksten Symbole. Es verbindet die
Brudertreue mit der Bruderkette.
So wie sich die Brüder die Hände reichen, so bilden bei der Kette
einzelne, in sich abgeschlossene Werke zusammen ein neues eigenständiges
Kunstwerk und Werkzeug. Die Kette ist Schmuckstück und Werkzeug zugleich.
Die Kettenglieder sind die Bestandteile, die zusammen die übergeordnete
Kette bilden, wobei jedes mit seiner Kraft zur Festigkeit der Kette
beiträgt. Zusammen ist die Kette wertvoller als die Summe der Einzelglieder.
Das einzelne Glied behält seinen Individualcharakter trotz seiner
Mitverwertung dadurch, dass die Glieder zwar ineinander aber nicht
miteinander verschweisst werden. Jeder eigenständige Bruder bildet mit
seiner allumfassenden Persönlichkeit ein Glied der Kette. Hand in Hand
strahlt die Kette nicht nur ein Gefühl der Stärke, der Macht und der
Undurchlässigkeit aus, sondern auch ein Gefühl von Zusammengehörigkeit und
Treue. Nur wenn die Kette nicht reisst, nur wenn sich die Hand nicht von der
Hand löst, bleibt die Stärke und Kraft erhalten. Kette und Einzelglieder
sind voneinander abhängig.
Die Form der weltumspannenden Kette, die wir durch einen Kreis
darstellen, also durch die perfekte geometrische Form, bedeutet
Universalität, Gesinnungsgemeinschaft, Verbundenheit und Treue mit allen
Logen.
Mit der Bruderkette wird manifestiert, dass unter den Freimaurern an
Liebe und Eintracht unter treuen Brüdern zu glauben lohnt. So wie sich der
Uroboros in den eigenen Schwanz beisst, mit sich selber einen Kreis bildet,
symbolisiert die Kette, mit ihren beweglichen Einzelgliedern auch den
Kreislauf von Wandel und Neuerung. Wir lösen die Kette nicht auf bis wir
dazu aufgefordert werden.
The mystic chain
So stark wie die Treue zum Bruder, so stark ist auch die Kette. Die Treue
und Verlässlichkeit ist also Erz und Esse, Schmiedehammer und Handwerk der
Bruderkette. Das Zusammengehörigkeitsgefühl mit der inneren, der
freimaurerischen, weltumspannenden Bruderkette können wir fördern, indem wir
auf Reisen die Stimmung, die Arbeitsweisen und die freundschaftlichen
Kontakte in uns aufnehmen und an unsere nächsten Brüder weitergeben. Die
Wanderungen, auch in völlig anders arbeitende Bauhütten, sind ein wichtiger
Bestandteil zur Festigung der «chaine d’union» unserer maurerischen
Tätigkeit. Sie befruchten nicht nur uns und unsere Mutterloge selbst,
sondern auch die Brüder der besuchten Bauhütten. Was wir dort lernen und
aufnehmen, was wir davon weiterverwenden, entwickeln, aber auch ablehnen,
das macht unseren Bund mystisch. Vielleicht heisst deshalb die Bruderkette
auf Englisch «the mystic chain»
Obwohl Ridel 1817 erwähnt, dass der Brauch des Kettenschliessens schon in
den ältesten Ritualen vorkam, war er doch nicht allgemein bekannt. Während
er in England eher ungewohnt war, hat ihn der Herzog von Braunschweig in
Magdeburg eingeführt und damit dessen Siegeszug durch unsere Logen
ermöglicht. Auch andere Vereinigungen brauchen das Sinnbild der Kette; so
die Odd Fellows, die in ihrem Signet die drei Kettenglieder «Freundschaft,
Liebe und Wahrheit» miteinander verschlingen.
Wir haben vielleicht Mühe zu umschreiben, was wir für brüderliche Treue
halten. Da weist uns aber unser Gelübde den klaren Weg und zeigt auch die
Grenzen: «Ich gelobe meine Brüder zu lieben, ihnen mit Rat und Tat zur Seite
zu stehen, soweit es meine Ehre und meine Pflichten gegen Gott, Vaterland
und Familie gestatten». Auch die Alten Pflichten geben guten Rat: «Erkennt
ihr einen rechtmässigen Bruder, so sollt ihr ihm mit entsprechender Achtung
begegnen( to respect him accordingly). Ist er in Not, so müsst ihr ihm
helfen, wenn ihr es könnt, oder dorthin weisen, wo ihm geholfen werden kann.
Ihr müsst ihm einige Tage Arbeit geben. Aber niemand verlangt, dass ihr mehr
tut, als ihr könnt; nur sollt ihr einem armen Bruder, der ein guter und
aufrechter Mann ist, jedem anderen armen Menschen, der in der gleichen Lage
ist, den Vorzug geben». Hier ist also die einzige Quelle, die zu finden ist,
wo der Unterschied der inneren Bruderkette zur brüderlichen Kette aller
Weltbürger zutage tritt: Sofern der Freimaurer «a good man and true» ist,
soll man ihn gegenüber «any other poeple in the same circumstances»
bevorzugen. Oder im Abschluss, den «General Regulations» die Anweisung, dass
man die brüderliche Liebe pflege, «die der Grundstein und der Schlussstein,
das uns alle verbindende Band und der Ruhm unserer alten Bruderschaft ist.
Man vermeide Zank und Streit, üble Nachrede und Verleumdung. Auch sollt ihr
nicht dulden, dass andere Schlechtes über einen redlichen Bruder reden,
sondern sollt ihn verteidigen und ihm helfen, soweit ihr es vor eurer Ehre
und eurem Gewissen verantworten könnt. Und wenn euch ein Bruder Unrecht tut,
sollt ihr euch an die Loge wenden».
Die Benediktiner Regel
Aus den «Kolloquien über die heilige Regel» von Pater Benediktus Sauter,
die er im Jahre 1901 herausgab, sind die folgenden Rezepte bereitet. Wir
mögen von diesen – jeder nach seinem Gutdünken – Brauchbares für den Umgang
mit Brüdern aufnehmen.
Benedict schrieb vor 1500 Jahren, und das muss man wohl berücksichtigen,
wenn man Schlüsse für das 3. Jahrtausend ziehen will:
Wenn man bei Anstehen einer offenen Frage nicht unvermittelt eine
absolute, belehrende und abschliessende Antwort gibt, sondern den Satz mit
«mir scheint, mich dünkt, ich glaube, wenn ich es recht verstehe» beginnt,
so werden «die Herzen der Brüder untereinander gleichsam in Eins
zusammengeschmolzen, so dass die ganze klösterliche Familie sich darstellt
als Nachbild der ersten christlichen Familie, von der wir in der
Apostelgeschichte lesen: Die Menge der Gläubigen war ein Herz und eine
Seele».
In Kapitel 29 wird der Nepotismus, die Privatfreundschaften gegeisselt.
Sie sind ein wahres Gift in jeder Gemeinschaft von Religionen, ganz
besonders aber in einer geistlichen Familie. Wo sie aufkommen, muss in
kürzester Zeit der gemeinschaftliche Wohlstand zerfressen und aufgelöst
werden. Eine Art Blutzerfressung tritt ein, der Organismus der geistlichen
Familie wird zerstört, die Glieder fallen auseinander, und Unkraut wächst
auf den Ruinen. Damit dies vermieden werden kann, muss «verhütet werden,
dass ein Mönch den anderen verteidige oder in Schutz nehme, auch wenn sie
durch Verwandtschaft miteinander verknüpft sind. Keiner der Mönche nehme
sich in irgendeiner Weise solches heraus, weil es sehr leicht Anlass zu
schweren Ärgernissen geben kann. Wenn einer sich dagegen verfehlt, so soll
er schwer bestraft werden».
Die weltumspannende Bruderkette
Der schottische Edelmann Chevalier Ramsay hat als erster 1737 den
Gedanken von der weltumspannenden Bruderkette in seiner bahnbrechenden Rede
vor der Grossloge von Paris formuliert. Helmut Reinalter, stellt die
Weltbruderkette in einen Zusammenhag mit der Humanität als eines der
Hauptelemente der Freimaurerei und schreibt in seinem Buch. «Im Symbol der
freimaurerischen Weltbruderkette steht die Menschheit als Ganzes im
Mittelpunkt, ohne einer bestimmten Eigenschaft des Menschen den Vorzug zu
geben». Für Alt-Stuhlmeister Anton Hafner, von der Loge (In Labore Virtus)
bedeutet die kosmopolitische Haltung, dass es «unter den Menschen keine
Vorrechte aufgrund einer Nations- oder Rassezugehörigkeit gibt».
Diesen Definitionen ist zu entnehmen, dass mit dem Schliessen unserer
Bruderkette nach jeder Arbeit, nicht nur die Brüder in der Loge und auch
nicht die allumfassende Verbindung zu allen Brüdern Freimaurern auf der
ganzen Welt , sondern eben der äussere Kreis gemeint ist. Wir stellen durch
die zusammengefügten Hände die Verbundenheit zur ganzen Menschheit dar.
Gerne würden viele Freimaurer – auch der Schreibende – zu einem anderen
Schluss kommen. Denn es erscheint um einiges leichter, in der Bruderkette
das Symbol der Verbundenheit zu allen Freimaurern zu sehen, da sie sich
selber freiwillig an die gleichen Gesetze, Regeln und an die Weltanschauung
der Toleranz und Humanität halten wollen, denen er sich bewusst anschloss.
Damit umschliesst er brüderliche Verwandte im Geiste. Für viele ist nämlich
der Begriff der weltumspannenden, äusseren Bruderkette noch immer wenig
konkret, da weder christliche noch freimaurerische Auslegung und
Anstrengung, die Katastrophen des letzten Jahrhunderts zu vermeiden wussten.
Auch im dritten Jahrtausend scheint, angesichts des sich pervertierenden
Kapitalismus, der religiösen Fundamentalisierung mit perfiden Anschlägen
keine Veränderung einzutreten. Als Hoffnung bleibt lediglich die Tatsache,
dass weder Kirche noch Freimaurer noch andere Brüder guten Willens dabei
untergegangen sind und den Weg zur Brüderlichkeit weiterhin anstreben. Als
Freimaurer gilt es insbesondere am hochgesteckten Ziel zu arbeiten.