Alpina 12/2002

Das Thema dieser Nummer befasst sich mit dem Thema «Ist der Tempel heilig oder nicht?" Man könnte sich die Sache leicht machen und erklären, dass jeder Bruder dies wieder anders erlebt. Für den einen ist der Tempel heilig, für einen andern Bruder vielleicht nicht. Ganz so einfach ist es jedoch nicht.

Nach freimaurerischer Auffassung ist die Loge ein symbolisch abgeschlossener Raum. Sie ist mehr lang als breit und reicht vom Mittelpunkt der Erde bis an den Himmel. Loge kann überall abgehalten werden. Die Loge wird durch die Bruderschaft geheiligt.

Einen heiligen Tempel, etwa wie der geweihte Raum einer Kirche oder einer religiösen Kultstätte, kennt die Freimaurerei nicht. Die ersten Logen wurden vielfach in Gasthöfen und Privathäusern der Brüder abgehalten. Gegenüber fast allen andern Versammlungsräumen hat die Loge eine Besonderheit. Die Brüder sitzen im Süden und Norden, die hammerführenden Meister im Osten und Westen. Dadurch bleibt die Mitte des Raumes als das Zentrum der Loge frei. Hier wird dann der Tapis ausgerollt, hier werden die kleinen Lichter entzündet.

Gemäss Wolfgang Scherpe «Das Unbekannte im Ritual» wird die Loge zu jeder Arbeit von neuem installiert und aufgebaut. Nach uraltem Brauch erfolgt die Weihe des Raumes durch die beteiligten Brüder, deren wichtigste Handlung zur Weihe eines Raumes die Umschreitung der Mitte im Sonnenlauf ist. Es erfolgt das Entzünden der kleinen und der grossen Lichter durch den Meister vom Stuhl und die beiden Vorsteher. Der Meister vom Stuhl erkundigt sich nach der Zeit (Hochmittag), nach der Deckung und dem Platz der Vorsteher. Erst jetzt kann die eigentliche Arbeit nach dem Ritual beginnen.

Deshalb ist die Ansicht sicher richtig, dass der Tempel sowohl heilig wie auch profan sein kann. Es sind die Brüder, die den Tempel heiligen.

Alfred Messerli

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