Alpina 6-7/2002
„Die Geschichte des Kathedralenbaues“ ist das Thema dieser Doppelnummer.
Das Thema selbst ist viel zu gross und zu umfassend, als dass es in einer
einzigen Nummer unserer Freimaurer-Revue abgehandelt werden könnte. Darüber
sind viele umfangreiche Bücher geschrieben worden. Wir können nur einige
wenige Aspekte antippen. Dazu gehört der Artikel von Marcel Valmy über „Das
Geheimnis der Kathedralen“, den wir als eine Art Homage an den vor einem
Jahr verstorbenen Bruder und Schriftsteller veröffentlichen. Im zweiten Hauptartikel geben wir Charles Hummel das
Wort, der wie kein zweiter die Kathedrale und vor allem die Schule von
Chartres kennt und darüber auch grundlegende Publikationen veröffentlicht
hat. Wir danken Charles Hummel, dass er uns erlaubt hat, aus seinem Werk
„Pythagoras und die Meister von Chartres“ die wichtigsten Gedanken zu
publizieren.
Die Tatsache ist heute kaum mehr bestritten, dass die
Freimaurerei von 1717 durch ganz allmähliche Entwicklung auf dem Urboden der
mittelalterlichen Brüderschaften der Bauleute und Steinmetzen erwachsen ist.
In vielen Punkten diente das Brauchtum der mittelalterlichen
Bauhütten-Bruderschaften und sein symbolischer Gehalt „das ritualistische
Geheimnis der sogenannten inneren Hütte“, als Vorbild für die Freimaurerei
in ihrer heutigen Form. In der Bauhütte stand des Meisters Werkbank auf der
ihm allein vorbehaltenen Ostseite. Im Westen arbeiteten die Parlierer, die
Aufseher, im Süden die (in der Zunft sonst gleichberechtigten) Gesellen mit
dem Gesicht nach Osten und im Norden die Lehrlinge. Der losgesprochene
Lehrling, dem die Rechte eines Gesellen zuerkannt worden waren, war
„zünftig“, wenn er nach bestandener Prüfung seiner Kenntnisse in den
geheimen Zunftbräuchen regelrecht zum „ehrbaren Gesellen“ geworden war. Der
Ausweis der Zugehörigkeit erfolgte in der Hauptsache durch geheime
Zwiereden, Zeichen und Stellungen.
Alfred Messerli
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