Alpina 10/2003
Hermann Hesse heisst das Thema der Oktober-Nummer unserer Zeitschrift.
Ein anspruchsvolles Thema. Ich fürchte, dass wir wie bei andern Themen dem
Anspruch nicht voll gerecht werden können. Wir werden nur einige Hinweise
geben können, zum Nachdenken und Nachforschen anregen und – was das Schönste
wäre – die Brüder ermuntern, Hermann Hesse wieder zur Hand zu nehmen. Vor
allem die «Morgenlandfahrt» und «Das Glasperlenspiel» sind zwei
Schlüsselwerke von Hesse, die uns Freimaurer nicht kalt lassen können.Hermann Hesse hat mich seit meiner Jugendzeit beschäftigt. Als 15jähriger
las ich «Demian», den «Knulp» und später «Narziss und Goldmund». Aufgewühlt
hat mich «Der Steppenwolf». Als 18jähriger wollten wir, anlässlich eines
Ferienlagers im Tessin, zu dritt dem Dichter einen Besuch abstatten. Er sei
an der Arbeit und man dürfe ihn nicht stören, liess er ausrichten. Immerhin
durften wir seinen wunderbaren Garten bewundern, der sich den Hang hinabzog.
Am Ende meiner Lehrzeit als Schriftsetzer habe ich für einen Wettbewerb drei
Kurzgeschichten von Hermann Hesse von Hand in meiner Freizeit gesetzt und
mit Federzeichnungen illustriert. Vorher schrieb ich dem Dichter über mein
Vorhaben und auf einer Karte gab er sein Einverständnis dazu. Das Werk im
Oktavformat wurde in drei Exemplaren gedruckt und koloriert. Damit errang
ich den ersten Preis. Daraus ersieht man meine Begeisterung für den Dichter
in meinen Jugendjahren. «Das Glasperlenspiel» und auch «Die
Morgenlandfahrt» waren für mich schwerere Brocken. Ich habe damals nicht
alles verstanden. Aber in all den Jahren habe ich immer wieder den
Gedichtband zur Hand genommen. Viele Gedichte könnte ich ohne weiteres
auswendig zitieren. Als Vorbereitung auf dieses Heft habe ich «Die
Morgenlandfahrt» und «Das Glasperlenspiel» erneut zur Hand genommen. Und
plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Was mir in jungen Jahren
nicht verständlich war oder als mysteriös erschien, erhielt plötzlich einen
ganz anderen Sinn. Als Freimaurer tauchten Parallelen auf, wurden Symbole
klar und verständlich. Ich entdeckte Hermann Hesse neu. Und damit hat das
Thema dieser Oktobernummer ihren Zweck erfüllt. Und vielleicht bin ich nicht
der Einzige, dem es so ergeht.
Alfred Messerli |