Alpina 5/2005

Das Geheimnis spielt in der Freimaurerei eine grosse und wichtige Rolle. Schon bei der Aufnahme muss sich der neu aufgenommene Lehrling verpflichten, niemandem etwas zu verrat e n , was er erlebt oder gehört hat . Diese Arkandisziplin ist der Grund, weshalb die Freimaurerei seit ihrer Gründung mit dem Mantel des Geheimnisvollen umgeben ist, was ihr bekanntlich nicht nur Vorteile und Freunde eingebracht hat.

Das Geheimnisvolle zieht aber auch heute noch viele Profane an. Meistens werden dann gerade diese Interessenten früher oder später von der Freimaurerei enttäuscht sein, wenn sie in der Maurerei nicht die Offenbarung der grossen Welträtsel erfahren.Das Freimaurerische Geheimnis ist im Grunde genommen kein Geheimnis, das man verraten könnte. In Tausenden von Büchern und auch in der heutigen Zeit über das Internet kann man alles erfahren, was die Freimaurerei ausmacht. Man kann beispielsweise über das Internet die Rituale verschiedener Systeme abrufen und lesen.

Aber gerade das Geheimnis wird man nicht durch Lesen erfahren können. Das freimaurerische Geheimnis ist das persönliche Erlebnis bei der Aufnahme, bei der Beförderung zum Gesellen und bei der Erhebung zum Meister. Als Bruder kann man das erleben, aber man kann es niemandem mitteilen. Der Aussenstehende würde es nicht begreifen. Goethe hat es so formuliert: Sagt es niemand, nur den Weisen,weil die Menge gleich verhöhnet, das Lebendige will ich preisen, das nach Flammentod sich sehnet.

Damit sei zusammen fassend festgehalten, dass es das freimaurerische Geheimnis überhaupt nicht gibt. Was bleibt und was man weder schriftlich noch mündlich weiter geben kann, ist das ganz persönliche Erlebnis während der Aufnahme, der Beförderung und der Erhebung, überhaupt bei allen Tempelfeiern.

Alfred Messerli   
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