Tradition und Fortschritt in der Freimaurerei
(Alpina 6-7/2007)
Tradition und Fortschritt in der Freimaurerei. Ein schwieriges und nicht
leicht zu bearbeitendes Thema in unserer Freimaurer-Zeitschrift. Wie viel
Tradition braucht die Freimaurerei? Besteht nicht die Gefahr, dass wir in
Tradition erstarren. Wie viel Fortschritt braucht die Freimaurerei? Besteht
nicht die Gefahr, wenn wir uns nur auf den Fortschritt fokussieren, dass wir
unsere Wurzeln, unsere alten Traditionen verlieren. Es ist eine schwierige
Gratwanderung, die der Freimaurer unternimmt. Er muss einerseits darauf
achten, dass wir in der heutigen Gesellschaft leben und den Fortschritt
nicht einfach ignorieren können. Anderseits ist ein Beharren nur auf der
Tradition eine Einbahnstrasse, auf der bald einmal Routine und Langeweile
den Wegrand säumenFreimaurerei hat einen Schatz an Tradition zu hüten, auf den sie stolz sein
kann. Das soll sie aber nicht dazu verleiten, auf dem früher Erreichten, der
Aufklärung, auszuruhen. Freimaurerei heisst tätige Menschenliebe, Toleranz,
Achtung der Menschenrechte, heisst Solidarität und Bruderliebe. Ohne das
wird sie bald einmal in der Routine erstarren.Hans Hermann Höhmann
äussert sich tiefgründig und umfassend zu diesem Thema. Dass wir nach der
Mainummer bereits wieder eine Arbeit vom Vorsitzenden Meister der
Forschungsloge Quatuor Coronati veröffentlichen, heisst nicht, dass dies zur
Routine wird. Es ist ein Zufall, dass wir gerade zu zwei Heftthemen eine
überzeugende Arbeit von Hans Hermann Höhmann veröffentlichen.Wir danken dem
Autor für seine hervorragenden Arbeiten. Im Buch «Freimaurerei – geheime
Gesellschaft» von Marco Carini kommt der Autor ebenfalls auf das Thema zu
sprechen: «Zu viel Tradition, zu wenig Zukunft?» heisst der Titel. Er weist
darauf hin, dass die Freimaurerei in den letzten 30 Jahren etwa die Hälfte
ihrer Mitglieder verloren hat. Und er schreibt: «Als Grund für diesen
Mitgliederschwund wird sowohl von vielen Freimaurern als auch von ihren
Kritikern immer wieder genannt, dass die Logen zwar eine grosse Tradition,
aber keine Zukunftsvision haben. Deshalb beklagen viele Logen eine starke
Überalterung. Es sei kaum noch möglich, junge Männer für die Ideen der
Bruderschaft zu begeistern. In ihrer fast 300jährigen Geschichte habe sich
die Freimaurerei kaum erneuert». Mit dieser Nummer möchten wir alle Brüder
und alle Logen ermuntern, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Haben wir
wirklich zu viel Tradition und zu wenig Zukunft?
Alfred Messerli |