Ist die Spiritualität noch zeitgemäss?
(Alpina 4/2010)

Über Tarot eine ganze ALPINA-Nummer zu schreiben, ist eine heikle Sache. Zum ersten sind da die Vorurteile gegenüber diesem «Kartenspiel»–obschon es sich in unserem Sinne keineswegs um einSpiel handelt! Zweitens erschliesst sich die Verknüpfung zur Freimaurerei vielleicht nicht gleich auf den ersten Anhieb. Wer im «Internationalen Freimaurer Lexikon» von Lennhoff und Posner unter «Tarot» nachschlägt, dürfte nicht weiter erstaunt sein über die relativ magere Beschreibung; unter anderem heisst es dort: «Den Kartenbildern werden besondere esoterische Bedeutungen verliehen und daraus Beziehungen zu den Initiationen der Freimaurerei im esoterischen Sinne gesucht». Als gänzlich Unerfahrener in Sachen Tarot musste ich mich rundherum als naiver Fragender Stück für Stück vortasten und informieren. Beim Tarot stelle man sich persönlich konkrete Fragen, erklärte man mir, und trete dann ein in die Welt der Karten, die in einer bestimmten Stimmung durch Interpretationen und Stimmungen eine intuitive Antwort geben würden. Und diese Antwort könne je nach Stimmung unterschiedlich ausfallen. – Aha! Also eine Art aktive Meditation? Worin liegt dann der Unterschied, ob ich jetzt Karten lege und die anschaue oder ob ich in den Alpstein gehe, mich dort auf einen Steinsetze und in den Fälensee blicke? Auch das kann mir doch Fragen beantworten, meinte ich. Es liege an der Fokussiertheit: man näme im Unterschied zum Alpstein- Panorama nicht das ganze Spektrum mit den vielen Details auf, sondern konzentriere sich auf eine Karte, und genau diese Konzentration, diese Vertiefung, lasse den Geist tiefer vordringen als in irgend einer anderen Form. Tiefenpsychologisch bedeutet dies: «Der Betrachter projiziert sein inneres Gefühlsleben auf diese Karte: Wünsche, Hoffnungen und Ängste. Die Antwort, die er von dieser Karte bekommt, ist dann im Grunde vorgegeben, durch das, was er hineinprojizierte » (Erich Riederer). Nach der Lektüre dieser ALPINA-Nummer dürfte die Lust am Weitersuchen und -fragen rund um das Thema «Tarot und Freimaurerei» wohl geweckt sein. Hilfreich könnte dabei das Buch sein, das die Loge Catena Humanitatis i.O. von Zürich eigens für dieses Studienthema verfasst hat (siehe Seite 102).

Adrian Bayard 

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