Worin besteht unsere Verantwortung in der Gesellschaft?
(Alpina 10/2010)
Das Titelbild mag vielleicht etwas verwirren;
drei Affen, die sich der Realität verschliessen.
Dieses Bild geht auf ein japanisches
Sprichwort zurück, dessen Bedeutung etwa mit
«über Schlechtes weise hinwegsehen» übersetzt
werden kann – eine Tugend, sich nicht
blenden und verführen lassen und durchwegs
gefestigt sein. Manchmal wird noch ein vierter
Affe mit dargestellt, der mit seinen Händen seinen
Unterleib bedeckt. Er hat die Bedeutung
«nichts Böses tun». In der westlichen Welt wird
dies eher als «alles Schlechte nichtwahrhaben
wollen» interpretiert. Aufgrund dieses negativen
Bedeutungswandels gelten die drei Affen
daher häufig als Beispiel für mangelnde Zivilcourage
sowie Ignoranz und Gleichgültigkeit,
die einer egozentrischen Selbstauffassung entspringt.
Doch diese Auffassung trügt: die vermeintliche
Ignoranz könnte bloss ein sich Konzentrieren auf diejenigen Dinge aufgefasst werden,
die man auch wirklich beeinflussen kann.
Oder als eine Meditation, bei der sämtliche äusseren Einflüsse ausgeschaltet werden, um wirkliche Erkenntnis im Gewühle (und Lärm)desAlltagszugewinnen.
Erst diese Klausur ermöglicht
es, die Stossrichtung des erforderlichen Tuns zu
erkennen und zielgerichtet, effektiv zu handeln.
Doch was ist eigentlich Verantwortung? Sie
drückt sich darin aus, bereit und fähig zu sein,
später Antwort auf mögliche Fragen zu deren
Folgen zu geben. Der Begriff ist das Substantiv
zu «verantworten» von mittelhochdeutsch
«verantwürten» mit der ursprünglichen Bedeutung
«sich als Angeklagter vor Gerichtverteidigen
». So spielt also das Mittelwort «Antwort»
eine Schlüsselrolle. Bloss: Antwort worauf und
Verantwortung wofür? Für die Schwachen, für
die Jungen, die noch die Zukunft vor sich haben
und Zuversicht schöpfen müssen; für die Alten
aus Respekt und Dank für Geleistetes, für die
Gesellschaft als philosophisches Gesamtkonstrukt,
für die Ökonomie oder für die Kultur,
damit sie nicht oberflächlich und beliebig wird?
Wir müssen eine ANTWORT finden und geben
auf die Fehlentwicklungen der jeweiligen Zeiten.
In unserer ist es die Entfremdung der natürlichen
und menschlichen Basis oder die Xenophobie;
früher war es die Obrigkeitsgläubigkeit.
Insofern ist Verantwortung zeitlos und immerwährend.
Wie soll das erreicht werden? Indem
Taten statt Worte erfolgen und indem wir mit
gutem Beispiel vorangehen. Und da ist Wegsehen und sich Verschliessen vor der Realität nicht
angebracht
Adrian Bayard
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