Das gesellige Logenleben
(Alpina 5/2013)
«Zuerst die Arbeit und dann das Vergnügen» so lautet eine alte Volksweisheit Ihren Ursprung hat dieser Spruch in Senecas Formulierung «per aspera ad astra», wörtlich: «Durch Widerwärtigkeiten zu den Sternen». Diese lateinische Redewendung bedeutet: «Über raue Pfade gelangt man zu den Sternen» oder «Durch Mühsal gelangt man zu den Sternen». Auch wir Freimaurer schreiten zuerst zur Arbeit ehe wir uns den vergnüglichen Seiten des Logenlebens - wie Brudermahl und Reisen - widmen. In einer geselligen Runde herrschen freiere Umgangsformen und Regeln als in übrigen Bereichen des Lebens. Auch spielen Status und Statusattribute im geselligen Zusammensein eine deutlich untergeordnete Rolle. Somit wird sie zum ergänzenden Gegenpunkt und komplettiert das gesellschaftliche Lebensfeld erst. Denn eine soziale Gruppe ohne diese Geselligkeit verkommt zur Funktions- oder Interessengemeinschaft- es fehlt dann der «Gruppenkitt», das bindende Etwas, was eine Gruppe zusammenhält und prägt. Dies ist wichtig für die Bindung der alten, aber auch die Anziehung neuer Mitglieder. Ist es vielleicht grad deshalb, warum wir Probleme beim «Nachwuchs» in den Logen haben? Der Soziologe Georg Simmel nennt die Geselligkeit eine «Spielform der Vergesellschaftung». Damit dürfte auch gemeint sein, dass sich die Gruppenmitglieder in geselliger Runde, also in ungezwungenem Umfeld, jeweils von einer anderen Seite kennenlernen können und somit das gegenseitige Vertrauen vertiefen. Es ist eine Investition zur Senkung der Kosten, die durch Fehleinschätzungen und Enttäuschungen entstehen könnten. Ein Geselle andererseits ist nicht einfach nur ein Bruder des zweiten Grades, sondern ein Lernender auf der Reise zum Licht. Einer, der sich die Mühen der Arbeit am rauhen Stein auf sich nimmt, aber eben zum Ausgleich- odervielleicht besser: zum Lohn die Geselligkeit sucht. Schliesslich ist er-wie es in der Internetenzyklopedie Wikipedia heisst - auf Grund der althochdeutschen Wortherkunft gisello ein «Hausgenosse» oder eigentlich: einer, «der den Saal mit einem anderen teilt» (www.de.wikipedia.com). Insofern gilt der Aufruf an alle von uns: «lasst uns diesen Raum geben, lasst uns feiern und uns kennenlernen!» Es ist nicht nur für uns selber, sondern auch für jene, die noch kommen werden.
Adrian Bayard
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