Die Pazifistin Bertha von Suttner und ihre freimaurerischen Helfer
Die Waffen nieder!
Vor bald hundert Jahren, am 10.Dezember 1905, wurde der aus böhmischem
Adel stammenden Bertha von Suttner, geb. Gräfin Kinsky, als erster Frau der
Friedens- Nobelpreis zuerkannt. Sie war eine mutige Vorkämpferin für den
Frieden.
Jacques Laager, Mitglied der Loge Modestia cum Libertate in Zürich
(Schweizer Freimaurer-Rundschau: Februar 2005)
Ihr Vater – er war 50 Jahre älter als seine Frau und starb kurz nach der
Geburt Berthas – bekleidete, wie drei seiner Brüder, in der k. und k.
österreichischen Armee den Rang eines Generals. Bertha wuchs somit in einer
Umgebung auf, in der militärischer Geist, Patriotismus und Verehrung
soldatischen Heldentums zur Selbstverständlichkeit gehörten.
So schreibt sie in ihren Memoiren: «Meine Bewunderung für soldatischen
Ruhm war eine andachtsvolle. Etwas Militär frömmeres als mich gab es ja
nicht!». Später wird Bertha allerdings mit Phrasen wie «sich mit Ruhm
bedecken» gründlich zu Gericht gehen, wird das römische dulce et decorum est
pro patria mori (angenehm und ehrenvoll ist es für das Vaterland zu sterben)
als «naturwidriges Gernsterben ad maiorem patriae gloriam» bezeichnen und
die verheerenden Fehler in der Erziehung der Knaben kritisieren, die «mit
hölzernen Säbeln und bleiernen Regimentern» aufwachsen, und – als Frau – mit
beissendem Spott die jungen Frauen verfolgen, welche «das Militär anbeten»
und «an Uniformen Gefallen finden». Die unselige Verbindung von «Kirche und
Kaserne» wird sie, die sich als Freidenkerin bezeichnete, brandmarken und
die Frage stellen, wie denn ein «Gott der Schlachten» mit dem «Gott der
Liebe» zu vereinbaren sei, und was man davon zu halten habe, wenn beide
Kriegsparteien in geradezu blasphemischer Weise ihre Waffen segnen lassen,
und die eine Seite nach errungenem Sieg ein Te Deum singen könne – darin mit
Henry Dunant einig, aus dessen privaten Notizen die Bemerkung stammt:
«pourquoi bénir des bataillons partant pour la tuerie après les avoir
enseignés dans leur enfance ce commandement péremptoire: Tu ne tueras
point!»
Auf die Blasphemie einer solchen Haltung hatte bereits Jahrhunderte zuvor
der grosse Pazifist Erasmus von Rotterdam in seiner querela pacis (Klage des
Friedens) hingewiesen: «Kreuz kämpft gegen Kreuz, Christus führt Krieg mit
Christus!» In ihren jungen Jahren hatte Bertha nicht das geringste Interesse
für Weltpolitik gezeigt, und so waren der Krieg der Piemontesen und
Franzosen gegen die Österreicher (1859, Solferino), der
preussisch-österreichische Krieg (1866, Königgrätz), sowie die Schlachten
bei Sedan im deutsch-französischen Krieg (1870/71) spurlos an ihr
vorübergegangen.
Die prekäre finanzielle Lage der Mutter – sie hatte beim Spiel in
europäischen Badeorten fast ihr gesamtes Vermögen verloren – zwang die junge
Aristokratin, die in ihren Kreisen trotz ihrer grossen Schönheit
begreiflicherweise nicht als «gute Partie» galt, den Lebensunterhalt selbst
zu verdienen, und so zog Bertha 1873 als Gouvernante in das Haus des
Freiherrn von Suttner ein.
Dessen Sohn Artur Gundaccar sollte sich bald in die um sieben Jahre
Ältere verlieben. Dem Verhältnis, das aussichtslos erscheinen musste,
entfloh Bertha und beinahe wäre sie in Paris Privatsekretärin des
Dynamiterfinders Alfred Nobel (1833-1896) geworden, hätte nicht ein
Telegramm des verzweifelten Artur sie wieder nach Wien zurückreisen lassen.
Nach heimlicher Eheschliessung floh das Paar in das Fürstentum Mingrelien
(Westgeorgien), dessen Fürstin vor Jahren Bertha anlässlich eines
Aufenthalts in Bad Homburg kennengelernt hatte. Da die Fürstin allerdings
nicht in der Lage war, Artur die von ihm erhoffte Stellung zu verleihen,
verlebten die beiden die Jahre ihres kaukasischen Exils zeitweise in recht
kümmerlichen Verhältnissen und verschafften sich ihre Existenzgrundlage mit
Artikelschreiben, Erteilen von Privatstunden und gelegentlicher
Schriftstellerei. Zugleich betrieben sie ein intensives Studium der
Literatur und Naturwissenschaft und vertieften sich besonders in die
Entwicklungslehre Darwins. Beide waren ein Leben lang überzeugt, dass es für
die Menschen eine Möglichkeit gebe, sich zum Ideal eines «Edelmenschen» zu
entwickeln. Im Jahre 1885 kehrten Bertha und Artur – beide inzwischen
Schriftsteller geworden – nach Österreich zurück und lebten von nun an auf
Schloss Harmannsdorf (nördlich Wien), wo sich allerdings bald, als Folge
früherer durch Spekulationen erlittener Verluste des Vaters von Artur, eine
prekäre finanzielle Lage einstellte.
Von der Friedensidee begeistert
Der Gesinnungswandel Berthas, die sich in ihren Romanen bisher lediglich
als Gesellschaftskritikerin und Frauenrechtlerin gezeigt hatte, vollzog sich
anlässlich eines Aufenthalts in Paris im Winterhalbjahr 1886/1887, wo sie in
Salons Kriegsgegnern wie Alphonse Daudet und Ernest Renan begegnete und
erstmals von bereits bestehenden französischen, englischen, italienischen
und amerikanischen Friedensorganisationen erfuhr.
Von der Friedensidee gleich begeistert, fügte Bertha nach ihrer Rückkehr
ihrem erst als Manuskript bestehenden jüngsten Roman «Das
Maschinenzeitalter» ein Kapitel hinzu, in dem sie die internationalen
Rüstungsbestrebungen verurteilte und von einem «anwachsenden Wehrwahnsinn»
sprach.
«Die Waffen nieder!»
Frucht ihres Gesinnungswandels und Zeichen ihres zunehmenden Engagements
für die Sache des Friedens wurde ihr 1889 erschienener Roman «Die Waffen
nieder!» – eine Art fiktiver Autobiographie, in deren Zentrum die Gestalt
der Gräfin Martha Althaus steht, einer Pazifistin und Antimilitaristin von
Natur aus, die ihren ersten Gemahl bei Solferino verliert, und deren zweiter
Gemahl Friedrich – er trägt übrigens Charakterzüge von Artur Gundaccar – aus
der Schlacht bei Königgrätz als überzeugter Kriegsgegner zurückkehrt und
wenige Jahre darauf während der Belagerung von Paris als vermeintlicher
deutscher Spion exekutiert wird. Es war die konkrete Erfahrung des Krieges
gewesen, die Friedrich zum Pazifisten hatte werden lassen: Der
ungeheuerlichen Lüge der Verherrlichung von Waffentaten kann doch nur der
zustimmen, der noch nie die Greuel der Schlachtfelder erlebt hat, gilt doch
zu Recht das Erasmische Wort dulce bellum inexpertis! (angenehm ist der
Krieg nur denen, die ihn nicht erfahren haben!).
Es hatte eines hartnäckigen Durchhaltewillens bedurft, den Roman
ungekürzt erscheinen zu lassen, nachdem das Manuskript zuvor als «grosse
Kreise unserer Leser verletzend» eingestuft worden war, das «in einem
Militärstaat» nicht veröffentlicht werden könne. Die in ihrem Buch, einem
typischen Tendenzroman, realistisch beschriebenen Greuel während und nach
der Schlacht bei Königgrätz reihen sich ein in die Reihe realistischer
Schlachtengemälde des russischen Malers Wassilij Wereschtschagin
(1842-1904), die Alfred H. Fried, ein Freimaurer, zum Pazifisten bekehren
sollten, und in die Reihe der grossen literarischen Schlachtenschilderungen
eines Tolstoi (Borodino 1812), eines Dunant (Solferino 1859) und später
eines Zola (Sedan 1870). - Der Roman stellt einen flammenden Appell gegen
Krieg und Militarismus dar, gegen das «Umbringendürfen, nein,
Umbringenmüssen». Bei alledem ist jedoch zu betonen, dass Bertha von Suttner
– wie später auch Bruder Fried, der Pazifismus nicht mit allgemeinem
Antimilitarismus verwechselt haben wollte – weder den einzelnen Soldaten
noch die Institution des Militärs verurteilt – im Gegensatz etwa zu Kurt
Tucholsky, ebenfalls einem Freimaurer, der – allerdings nach dem Erlebnis
des Ersten Weltkrieges und angesichts des wieder aufkommenden preussischen
Militarismus – alles Soldatische ausnahmslos verdammte («Soldaten sind
Mörder!»). Manche Pazifisten der Frühzeit sind, dem Begriff des Nationalen
und der Tradition noch allzusehr verhaftet, in dieser Beziehung auf halbem
Weg stehengeblieben. Bertha verurteilt den Militarismus als Äusserung
nationaler Eroberungspolitik, als Nährboden von Männlichkeitswahn und
Heldenverehrung und brandmarkt vor allem den unseligen Mythos einer
«männlichen Erziehung» durch den Militärdienst. Soldaten betrachtet sie als
meist von ruhmgierigen Politikern und Generälen Missbrauchte. Der Soldat der
Zukunft ist für Bertha nicht mehr Mitglied einer nationalen Armee, sondern
steht im Dienst einer internationalen Friedenssicherung, oder, wie sie sich
ausdrückte, einer «künftigen Weltarmee zur Bändigung von Mördern, Räubern
und Tollen».
Allerdings wird ihre Haltung dem Militär als Institution gegenüber mit
der Zeit mehr und mehr ambivalent werden. – Ganz anders als von Suttner
hatte Tolstoi die generelle Wehrpflichtverweigerung gefordert und in einem
an sie in französischer Sprache geschriebenen Brief «le refus des citoyens à
être soldats» als einzig richtige Lösung gepriesen – Trotz ihrer
gesellschaftskritischen Einstellung war es Bertha nicht möglich, sich von
einem Denken in Kategorien des Adelsmilieus ganz zu lösen, und so glaubte
sie an die Möglichkeit, auf Herrscher und Regierungen moralisch Druck
ausüben zu können, hoffte auf einen «von oben» eintretenden Wandel und
weigerte sich lange, der Forderung der Sozialdemokraten nach einem «Aufstand
der Massen» Gehör zu schenken. Diese aristokratische Gesinnung führte auch
zu ihrer Fehleinschätzung einer vermeintlichen Abrüstungsinitiative von Zar
Nikolaus II. und einer ebenso trügerischen «friedlichen» Gesinnung des
deutschen Kaisers Wilhelm II.
Erfolg und Kritik
«Die Waffen nieder!» – der Roman sollte in 40 Auflagen erscheinen und in
16 Sprachen übersetzt werden – wurde zu einem der grössten Bucherfolge des
ausgehenden 19. Jahrhunderts. Bruder Alfred H. Fried sprach später von einem
«epochemachenden Buch, das wie eine Explosion wirkte», und Tolstoi hatte –
trotz abweichender Ansichten – dem Roman gewünscht, ebenso zur Abschaffung
des Krieges beitragen zu können, wie Harriet Beecher-Stowes «Uncle Tom’s
Cabin» (1852) zur Abschaffung der Sklaverei in Amerika beigetragen hatte.
Dass es an Kritik und Gegnerschaft nicht mangeln würde, war zu erwarten.
Man bezeichnete von Suttner als Träumerin, Phantastin, Utopistin, ja als
Vaterlandsverräterin. (Später, im 20.Jahrhundert sollte man auch von
«nützlichen Idioten» sprechen, die nicht einsehen wollten, dass Gegner von
ihrem Verhalten nur profitieren könnten). Zu ihren Kritikern gehörten weite
Kreise der militärhörigen Aristokratie und der hohen Politik. Wegen der
Angriffe auf die Verbindung von «Kirche und Kaserne» traf von Suttner auch
der Vorwurf des Antiklerikalismus. Noch nach Jahren erschienen in
Witzblättern Karikaturen zunächst von der «Friedensbertha», dann von der
«Judenbertha» und – wegen ihrer späteren zeitweiligen Neigung zum
Sozialismus – von der «Roten Bertha». Erst der Erfolg ihres Romans
bestätigte Bertha von Suttner in der Annahme, nun endlich «das Wichtige»,
das heisst ihre Lebensaufgabe, gefunden zu haben. Dank der Unterstützung
ihres Gatten, der kurz vorher einen «Verein zur Abwehr des Antisemitismus»
ins Leben gerufen hatte, kam es 1891 in Wien zur Gründung der
«Österreichischen Gesellschaft für Friedensfreunde», als deren Präsidentin
und Abgeordnete von Suttner im gleichen Jahr am 3. internationalen
Friedenskongress teilnahm, der in Rom auf dem Kapitol tagte und der die
Gründung des internationalen Friedensbüros in Bern zur Folge hatte. Dessen
erster Sekretär wurde der Freimaurer Elie Ducommun, der 1890/95 Grossmeister
der Schweizerischen Grossloge Alpina war und als solcher in deren Organ
wiederholt über pazifistische Anliegen berichtete. Er selber wurde der
Friedens- Nobelpreisträger des Jahres 1902.
Nach Erscheinen von «Die Waffen nieder!» stellte sich ein junger
österreichischer Buchhändler aus Berlin von Suttner als Helfer zur
Verfügung: Alfred Hermann Fried (1824-1921, Freimaurer seit 1907). Trotz
gelegentlicher Meinungsverschiedenheiten bezeichnete ihn Bertha als ihren
wichtigsten und treuesten Mitarbeiter. Mit ihr zusammen redigierte und
editierte Fried die Monatszeitschrift «Die Waffen nieder!», die später von
ihm allein unter dem Titel «Friedenswarte» weitergeführt werden sollte. Sein
«Handbuch der Friedensbewegung» gehört zu den Standardwerken der
Friedensbewegung. Bruder Fried erhielt 1911 den Friedens-Nobelpreis. Die
Jahre nach dem Erscheinen des Romans (und besonders nach der Verleihung des
Friedens-Nobelpreises) waren für Bertha von Suttner erfüllt von intensiver
Vortragstätigkeit, vor allem aber von ihrer Teilnahme – wenn auch als
Nicht-Parlamentarierin nur als Beobachterin – an den beiden Haager
Konferenzen (1899 und 1907). Über die erste Konferenz veröffentlichte Bertha
ausführliche «Tagebuchblätter», die unter anderem der Gründung eines
internationalen Schiedsgerichts in Konfliktsfällen gewidmet waren. Dies
entsprach aber von Suttners Erwartungen nicht ganz, da die Frage der
Abrüstung in den Hintergrund gedrängt und eher über die sogenannte
«Humanisierung» der Kriegsführung im Sinne der Genfer Konvention von 1864
verhandelt wurde. Ihr selber ging es aber nicht um «Kriegshumanisierung»,
sondern um generelle Abschaffung von Militarismus und Krieg.
Mit Alfred Nobel blieb sie alle Jahre hindurch in Freundschaft verbunden,
mochte dieser auch als Rationalist und Skeptiker andere Wege gehen und in
der Entwicklung einer alles Bisherige übertreffenden Vernichtungswaffe das
beste Mittel zur Sicherung des Friedens sehen. Ohne Nobels gelegentliche
finanzielle Unterstützung wäre es Bertha, deren weitere schriftstellerische
Tätigkeit nicht den erhofften finanziellen Erfolg brachte, nach dem Bankrott
des von Suttnerschen Vermögens nicht möglich gewesen, die hohen Kosten zu
tragen, die bei ihren Vortragsreisen, ihren Auftritten bei Kongressen und
für die standesgemässe Toilette anfielen. Und so bedeutete ihr die
Zusprechung des Friedens-Nobelpreises 1905 nicht nur eine Anerkennung ihres
Wirkens und einen Ansporn für weiteren Einsatz, sondern auch eine
willkommene Erleichterung in ihrer periodisch auftretenden finanziellen
Notlage. Es gereichte ihr, die den Spruch si vis pacem, para bellum (wenn du
den Frieden willst, rüste dich zum Krieg) als «altrömischen Idiotensatz»
taxiert hatte, zu schwerem Verdruss – besonders in der Verlassenheit nach
dem Tod ihres Gatten – dass dem französischen Revanchismus einerseits und
der deutschen massiven Aufrüstung andrerseits nicht Einhalt geboten werden
konnte.
Bertha von Suttner, deren letzte Tagebuchaufzeichnungen voller
Resignation sind, und die sich nicht darüber hinwegtrösten konnte, dass
ausgerechnet die Frauen, die in erster Linie zu den Kriegsgegnern hätten
zählen sollen, sie im Stich liessen, starb am 21.Juni 1914, nur wenige
Wochen vor den Schüssen von Sarajewo und dem Ausbruch des Ersten
Weltkrieges. Ihre letzten Worte, die sie zu Bruder Fried gesprochen haben
soll, lauteten: «Die Waffen nieder, sagt es allen!».
Wie zur Zeit der Friedenskongresse vor und nach 1900 bleiben, trotz
veränderter Weltlage, trotz Völkerbund und UNO, wichtigste Fragen der
Friedenspolitik ungelöst: So die Frage nach einem – wie sich schon
Augustinus ausdrückte – bellum iustum, einem «gerechten» Krieg im Sinne
einer Notwehr bei einem Angriff oder gar eines «gerechtfertigten»
Präventivschlages.
Die Desillusion darüber, dass es nicht gelungen war, den Ersten und den
Zweiten Weltkrieg zu verhindern, wirkte auf manche Friedensbewegungen
lähmend. Auch die von verschiedenen Grosslogen, namentlich der
Schweizerischen, ausgehenden pazifistischen Aktivitäten fanden in den
letzten Jahrzehnten kaum eine Fortsetzung, was Alfred Messerli bewogen hat,
anlässlich der Gründungsversammlung der Sektion Zürich der Universellen
Freimaurerliga im September 2003 zu erklären: «Es ist bedauerlich, dass
heute die Bemühungen um einen allgemeinen Frieden von der Freimaurerei auf
die Seite geschoben werden».
Und doch entspräche es den freimaurerischen Idealen der Brüderlichkeit
und des Kosmopolitismus, «dem Krieg den Krieg zu erklären», wie sich Bertha
von Suttner so oft ausgedrückt hat, und die internationalen Bestrebungen
nach allgemeiner Abrüstung und Truppenreduktion zu unterstützen (allerdings
unter Beibehaltung einer von Bertha von Suttner geforderten und oben bereits
erwähnten «Weltarmee zur Bändigung von Mördern, Räubern und Tollen»), mag
auch die Hoffnung auf Ächtung der Herstellung und Verbreitung jeder Art von
Kriegsmaterial und auf weltweite Abschaffung aller nationalen Armeen und
damit des Krieges vorläufig noch als Utopie eines wiederkehrenden Goldenen
Zeitalters erscheinen. Aber, wie Bruder Elie Ducommun gerne zu zitieren
pflegte, «les utopies d´aujourd´hui sont les idées de demain».
Freilich, die Probleme liegen noch tiefer, und selbst eine blosse
Abschaffung aller Waffen brächte der Menschheit kaum «ewigen Frieden». Das
hat der Theologe und Psychologe Eugen Drewermann in einer lesenswerten
Analyse in seinem Antikrieg-Buch «Der Krieg und das Christentum»
aufgezeigt:Was not tue, sei eine «prinzipielle Überwindung der menschlichen
Urangst».
Was die Freimaurerei betrifft, hat Bruder Elie Ducommun deren
pazifistischen Grundcharakter treffend mit den Worten ausgedrückt:
«Pacifisme et Franc-Maçonnerie, ces deux termes semblent les deux titres
d´un même volume, car qui dit Franc-Maçonnerie dit pacifisme, et qui dit
pacifisme dit Franc-Maçonnerie».