Was ist das Wesentliche in der Freimaurerei?
Warum nennen wir uns Freimaurer?
Albert Anderes, Meister vom Stuhl der Loge «Zu den
sieben Rosen», Basel
(Schweizer Freimaurer-Rundschau:
Februar 2008)
Die Frage wird immer und immer wieder gestellt.
Spätestens nach den Lehrlingsinstruktionen müsste doch jeder Freimaurer
wissen, warum er ein Freimaurer ist (oder sein sollte).
Wie beantwortet ein Freimaurer die Frage eines Profanen:
«Was ist Freimaurerei?» Was antwortet ein Suchender auf die Frage eines
Freimaurers: «Warum wollen Sie Freimaurer werden?»
So wie es nicht «den Menschen», sondern «die Menschen» gibt,
so gibt es auch nicht «den Freimaurer», sondern «die Freimaurer». Die
Vielfalt der Meinungen, was ein Freimaurer ist, wird auch durch die
Definition im Katechismus und dem Buch des Lehrlings nicht beseitigt. Wie
Jan Assmann in seiner Zauberflötenstudie sehr schön darstellt, ist eine
Selbstveredelung zwecks Arbeit an der Weltveredelung der maurerische Weg.
Aber wann ist man wirklich so «veredelt», dass man guten Gewissens sich mit
der Weltveredelung befassen darf?
«Der Freimaurerbund liegt quer zu allen anderen
Gruppierungen, er verbindet nicht Gleichgesinnte, sondern Ungleichgesinnte».
(Bruder Klaus Horneffer in «Humanität» Nr. 3/2006). Die Freimaurerei um 1750
hatte verschiedene selbst gesetzte Ziele: Aufklärungsarbeit politischer Art;
Ritualbedürfnisse nicht kirchlichen Charakters; Beschäftigung mit
Grundsatzfragen der Wissenschaft und Philosophie; Männergeselligkeit über
alle Standesgrenzen hinaus und letztlich karitatives Wirken in der
Gesellschaft.
Es wurden nur Männer initiiert, die diesen Zielen dienlich
sein konnten. Heute, im Jahre 2007, haben wir gesellschaftlich eine völlig
andere Situation: Die politischen Rechte in einer einigermassen akzeptablen
Demokratie, Standesgrenzen nur noch im kleinen Massstab und ein relativ gut
ausgebautes Sozialnetz haben viele damalige Postulate der maurerischen
Diskussionen überholt.
Klaus Horneffer (alt Grossmeister der Vereinigten Grosslogen
von Deutschland) geht sogar so weit zu schreiben, dass Geselligkeit,
Caritas, freimaurerische Forschung, Erwachsenenbildung und Beschäftigung mit
Themen der Zeit Nebensächlichkeiten der Freimaurerei seien! Er zitiert
Fichte mit dem Satz: «Es ist leere Anmassung, das als Nebengeschäft besser
machen zu wollen, was andere als Hauptgeschäft nicht besser machen können».
Ich stimme diesen Aussagen vollumfänglich zu. Ich bin für Geselligkeit,
karitative Tätigkeit und Weiterbildung nicht auf die Freimaurerei angewiesen
und habe auch nicht aus solchen Gründen an die Pforte des Tempels geklopft.
Das Kerngeschäft ist das Ritual
Das Kerngeschäft ist – wie bereits 1723 – das Ritual Das
Ritual verleiht unserem Geist in seiner Rückbindung an den Allmächtigen
Baumeister aller Welten die Kraft zur Arbeit an meinem rauen Stein. Das
Ritual ist für die psychologische Wirkung bei jedem von uns bestimmend und
bleibt jedes Mal letztlich unser persönliches Geheimnis. Diese besondere
Ritualkraft verunmöglicht es deshalb, mehr als einen Suchenden in einem
Ritual aufzunehmen, zu befördern oder zum Meister zu erheben.
Die Freimaurerei hat viele hundert Jahre bis zur heutigen
Zeit überlebt und wird es auch weiterhin tun, weil die Ritualsprache für
geeignete Menschen zu einer Verbrüderung führt. Die emotionale Bindung durch
das Ritual ermöglicht einen gemeinsamen Reifungsprozess und wenn an den
Konferenzen Zeichnungen mit tiefem Gehalt diesen Prozess der Individuation
verstärken, so wurde das wesentliche Ziel des Bundes erreicht. Für das
individuelle Engagement in der Welt gilt der alte hermetische Grundsatz:
Wissen,Wagen,Wollen, Schweigen!
Die Bindung unter den Brüdern ist emotional begründet und
nicht sachlich- rational. Es kann sich deshalb bei der Freimaurerei niemals
um eine Massenorganisation handeln.
Dass nicht alle Brüder des Bundes dies so sehen ist mir
bewusst. Dank der Autonomie der einzelnen Logen in der Schweiz kann jedoch
jede Bauhütte den Weg beschreiten, den sie bevorzugt.
Die maurerische Arbeit
Die maurerische Arbeit unserer Loge wurde bei ihrer Gründung
1989 festgelegt und wird bis heute konsequent eingehalten:
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Es werden nur unverfälschte (dies bedeutet: nicht
fälschlicherweise «modernisierte») Rituale vollzogen.
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Die Rituale werden jedes Mal zweimal in vollem Umfang am
Vortag und am Tage der Durchführung durch die Ritualbeamten anlässlich
der Ritualproben geprobt. Wir wollen bei jedem Ritual eine energetische
Wirkung erzielen, die die Seele jedes besuchenden Bruders tief berührt.
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Alle Baurisse müssen einen maurerischen Bezug aufweisen
und intellektuellen Anforderungen gerecht werden.
-
Es werden ausschliesslich Suchende aufgenommen und
initiiert, von denen man erwarten darf, dass die symbolische Sprache
dieses Weiheaktes verstanden und in die Persönlichkeit aufgenommen
werden kann.
Aus meiner Sicht ist die Beachtung des Wesentlichen – das
ist das Ritual – für die Freimaurerei das entscheidende Kriterium unseres
Bundes. Dass der Zeitgeist uns weniger Suchende zuführt, die zur einmaligen
Verbindung von Ritual und religiös-liberalem Geist befähigt sind, ist kein
Drama. Zeiten kommen und gehen! Es wird wieder eine Zeit anbrechen, wo der
Mensch sich von dieser Spassgesellschaft – notgedrungen – abwendet und dann
dankbar die Möglichkeit eines Bundes mit Rückbindung an das Unaussprechliche
ergreift. .