Thema
Harmonie in der Freimaurerei
Diese Arbeit ist kein wissenschaftlicher Diskurs, sondern eher ein persönlicher Erfahrungsbericht und eine persönliche Stellungnahme.
Weg zur Wahrheit, Rapperswil
Der Begriff Harmonie bezeichnet in der
Umgangssprache das Empfinden (das Gefühl) eines
Gleichklanges und der Balance. Dazu gehört nicht nur
das Gefühl „sich selbst“ zu sein, sondern auch des
Dazugehörens zur sozialen Umgebung und des darin gut
aufgehoben seins sowie der Orientierung im Lebensumfeld.
Dies scheint besonders wichtig, da heute oft über die
persönliche Entfremdung, ja Entwurzelung des Menschen von
seinem Seins-Grund geklagt wird (trotz aller
emanzipatorischen Bemühungen).
In maurerischer Terminologie sprechen
wir von
- Weisheit (Denken und Planen)
- Stärke (Handeln und Wirken) sowie
- Schönheit (Ästhetik und
Ausschmückung).
Dies entspricht den Stufen:
- Lehrling (sich orientieren, schauen /
beobachten und forschen: In sich)
- Geselle (sich orientieren, schauen /
beobachten und forschen: Um sich) und
- Meister (sich orientieren, schauen /
beobachten und forschen: Über sich).
Als Hilfen dazu dienen:
- die Bruderschaft (Verbindung und
Gespräche über Maurerei im Bruderkreis)
- Maurerische Tugenden und Ethik (z, B.
Humanität, Toleranz und Almosen)
- Ritual und Brudermahl (Tradition und
Spiritualität).
Besonders der heutige Mensch ist
vereinsamt, losgelöst von seinem tiefsten Grund und seinen
Mitmenschen. Der Kandidat „Freimaurer“ hofft, dass sein
Beitritt zur Bruderschaft eine Veränderung bewirke. Wir
kommen zur Bruderschaft nicht durch eine Verabredung, nicht
durch eine Handlung zwischen Menschen, sondern durch unser
Gefühl dass das, unser bisheriges Leben, nicht alles sein
kann, dass es da noch mehr gebe! Und dieses MEHR, was auch
immer das sein mag, suchen wir. Bei unserer Aufnahme
erlebten wir uns als SUCHENDE - Suchende nach was? Nach dem
Sinn des von uns erhofften und angestrebten Lebens – für
viele unter anderem auch nach der HARMONIE
Harmonie im Alltag und
Persönlichkeitsentwicklung
Der Mensch ist so angelegt, dass er auf
die Harmonie, die im Inneren ablaufende (ausgleichende)
Wechselwirkung von Körper, Seele und Geist in seinem Leben
angewiesen ist. Ein Freimaurer erstrebt die Harmonie
zwischen seelischen und geistigen Kräften: Weisheit, Stärke
und Schönheit. Sie spielen denn auch in seinen Ritualen eine
entsprechend wichtige Rolle. Er bejaht die Vernunft-,
Willens- und Gefühlsseite des Menschen gleicherweise und
will den ganzen Menschen zur Entfaltung bringen (Lennhof/Posner).
In diesem Sinne ist die Freimaurerei Lebenskunst im wahrsten
Sinne des Wortes.
Viele Kandidaten kommen zur Maurerei
aus dem Gefühl, dass es im Leben noch etwas anderes geben
muss, als das Übliche. Sie sind Suchende – aber wonach.
Bereits in der K.d.st.N. sollte bewusst werden, dass ein
langer und mühsamer Weg zu beschreiten ist. Wir wurden bei
der Aufnahme in den Bund angewiesen, fortan den „rauhen
Stein“ zu bearbeiten - uns selbst – besser noch: zur
Erkenntnis unseres Selbst zu kommen. Wir waren auf uns
selbst angewiesen, durften noch nicht mit den anderen
Brüdern zusammenarbeiten. Wir erfuhren uns als Lehrlinge und
hatten gelernt, zu inneren Einsichten zu kommen (so vor
allem, dass wir immer Lehrlinge bleiben). Nach dem Wortlaut
des englischen Emulationrituals mussten wir uns mit den
Grundsätzen der Toleranz, Wahrheit und anderen
freimaurerischen Tugenden bekannt machen. Nach der
Lehrlingszeit wurden wir zu Gesellen befördert. Als solche
hatten wir mit unseren Brüdern zusammen zu arbeiten, hatten
unseren kubischen Stein in das geistige Bauwerk einzufügen.
Erst in diesem Grad wurden wir zum Tempelbau Zugelassene -
wurden wir Mitarbeiter. Wer aber mit anderen
zusammenarbeiten will, muss sich freiwillig in ein grosse
Ganzes einfügen, muss seine persönliche Freiheit in
brüderlicher Liebe einschränken, wozu er Selbstbeherrschung
benötigt. Das muss er lernen. Schliesslich wurden wir zum
Meister erhoben. Nach der Selbsterkenntnis und nach der
Selbstbeherrschung wurde unsere Aufgabe die
Selbstveredelung, in Harmonie und in SCHÖNHEIT.
Der junge Meister sollte sich in Geduld
üben und sich bewusst werden dass die Freimaurerei nicht nur
theoretisch erlernt werden kann, selbst wenn er noch so
viele Bücher lesen würde. Es braucht auch das Erleben, um
Freimaurerei verstehen und begreifen zu können.
Bausteine zur Harmonieentwicklung
Bruderschaft
Es genügt nicht, lediglich die Loge
regelmässig zu besuchen und an deren Arbeiten teilnehmen. Zu
den Arbeiten der Loge gehören nämlich auch die Konferenzen,
das brüderliche Gespräch, die Teilnahme am Brudermahl im
Anschluss an eine Tempelarbeit. Das Brudermahl wie auch die
Tafelloge sind wesentliche Teile der Tempelarbeit.
Ebenso bringen uns die Ausübung eines
Logenamtes und damit die Mitarbeit im Beamtenkollegium dem
angestrebten Ziel näher.
Haben wir uns bei Abwesenheit an den
Logenarbeiten immer an unser Gelübde "Die Loge zu keiner
Zeit ohne Angabe eines wichtigen und wahrhaften Grundes zu
vernachlässigen" erinnert?
Nur unter Beachtung des Vorgesagten
können wir unsere innere Harmonie und die Harmonie unter den
Brüdern finden und den Bruder mit allen seinen Nöten kennen
lernen.
Dies tritt allerdings nur ein, wenn wir
in all den Jahren die Kraft gefunden haben, unsere
Pflichtender Freimaurerei und der Loge gegenüber
nachzukommen. Schon Albert Pike meinte: „Die Pflicht ist das
eine grosse Gesetz der Maurerei“. Die Freimaurerei hält
übrigens seine Brüder an, auch improfanen Leben den
Pflichten und Aufgaben mit Verantwortung nachzukommen.
Jeder Bruder sollte sich auch hin und
wieder Gedanken machen, welchen Platz die einnehmen soll.
Das Schwergewicht im Leben eines Maurers wird immer die
Familie sein, auch der Beruf und das Erwerbsleben sind ein
wichtiger Bestandteil, doch zwischen Familie und Beruf, da
sollte verbindlich Platz sein für die Freimaurerei.
Bedenken wir dass wir bei unserer
Aufnahme angesprochen wurden als ein “Freier Mann von gutem
Ruf und edlem Streben“, doch gerade dieser „Freie Mann“ ist
in der heutigen Wirtschaftswelt gefährdet. Es ist daher
erstrebenswert, ein gesundes Selbstvertrauen zu erreichen
und unsere Berufung als Freimaurer wenn nötig und
verantwortbar erkennen zu geben. Vergessen wir dabei jedoc
hnicht, durch die Arbeit an unserem rauhen Stein auch die
Ausstrahlung eines „Mannes von gutem Ruf und edlem Streben“
zu erreichen.
Freimaurerische Tugend und Ethik
Das Tun des Freimaurers soll sich in
zweifacher Weise darstellen. Nach aussen soll er wirken
durch vorurteilsloses Auftreten, Verbreiten von Wissen und
humanitärer Hilfe und vorbildlicher Pflichterfüllung. Sein
Tun in der Gemeinschaft der Brüder dagegen soll geprägt sein
durch brüderliches Verhalten.
Die Teilnahme an den Ritualen mit den
in ihnen enthaltenen Symbolen wird den Freimaurer zunehmend
auch in den ethischen Überlegungen und in den
freimaurerischen Tugenden stärken.
Ethik ernst zu nehmen, bedeutet zu
respektieren, dass es verschiedene Antworten auf die Frage
gibt, wie man mit der Welt um sich herum umzugehen hat. Das
heisst wiederum Nachdenken darüber, wie man mit anderen
Menschen, Arbeitskollegen, Brüdern oder der Umwelt umgehen
sollte. Ethik ist nicht nur Gedankenspielerei über Richtig
und Falsch. Sie hat mit ganz realen Problemen des Alltags zu
tun und sollte Menschen helfen, wichtige Fragen zu
beantworten: Wann ist der Mensch ein Mensch? Sollen wir
Abnormitäten vermeiden? Dürfen wir den idealen Menschen
schaffen? Darf ich über meinen eigenen Tod entscheiden?
Wenn man tut, was richtig ist, dann
befreit man sich dadurch.
Ist ein freier Mann von gutem Ruf
besser in der Lage, solche Fragen humanitärer zu beantworten
als ein Profaner, der von Dogmen geprägt ist? Dies ist
ungewiss, jedoch ein freier Mann wird sich mit grösserer
Wahrscheinlichkeit weitere Fragen stellen: Was ist das
Interesse der anderen Person? Weiss ich, was für diese
Person gut ist? Fördern wir das Gute? Vermeiden wir Leid?
Dabei ist ein Perspektivenwechsel vorteilhaft.
Handle nur nach derjenigen Maxime,
durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein
allgemeines Gesetz werde.
Diese goldene Regel der Freimaurerei
gehört zu den ethisch positiven Formen. Sie bedeutet, dass
seinen Bruder und andere Menschen zu lieben nicht nur
heisst, ihn vor Leid zu schützen, sondern auch Dinge zu tun,
die sein Leben besser machen. Also pernament anderen helfen
zu wollen, ohne einen Gedanken an eine Belohnung zu
verschwenden, weil es das ist, was der A.B.a.W. auch für
einen selber tut und für jeden anderen.
Ritual
Durch ein Ritual ist der feierliche
Ablauf des Geschehens im Tempel (Tempelarbeit) genau
festgelegt. Es vermittelt die freimaurerische Lehre in
besonderer Form, in Symbolen und symbolischen Handlungen
sowie in Wechselgesprächen zwischen dem Meister vom Stuhl
und den beiden Aufsehern. Wird man sich dieser Sprachgewalt
als Handlung bewusst, erkennt man ein grosses Anliegen und
Engagement, welches uns das Ritual in Rede und Gegenrede
darstellt. Die Rede ist festgelegt, jedes Wort genau
abgesteckt, denn nur so kann die Besinnung auf die Wirkung
des Wortes einsetzen, die es im Gespräch auszuüben im Stande
ist. Das sorgfältig erwogene Fragen und Antworten kann dazu
führen, all das auszuweiten, was wir uns zuzurufen haben,
wenn wir vor der Grundfrage nach dem Sinn des Lebens
gestellt werden. Zweifelsohne werden damit auch
harmonisierende Kräfte in den Teilnehmenden aktiviert. Dabei
wird nicht nur auf das Brauchtum der Werkmaurer und
Steinmetz-Bruderschaften des Mittelalters zurückgegriffen,
sondern auch auf die Weisheiten der Mysterienbünde und
philosophischen Schulen. Es enthält Erkenntnisse und
Erfahrungen der Menschheitsgeschichte, die als zeitlos
gelten können.
Der Sinn bei rituellen Akten (wie z.B.
in religiösen Handlungen und Gebeten) wird erst dann
angemessen begriffen, wenn solches Tun der ethischen
Entwicklung dienen soll. Das ist genauso beim maurerischen
Ritual. Es geht um die Einübung ethischer Handlungen im
Ritual. Es geht konkret darum, durch genaue Ausgestaltung
der mit unseren Haltungen, Zeichen und Worten zum Ausdruck
gebrachten Gefühle zu lernen und diese zu beherrschen.
Solche Einübung wird jedoch nach den der Maurerei eigenen
Vorstellungen nur wirksam in wechselseitiger Gestaltung der
mit unserem Empfinden verbundenen Aussagen und Handlungen.
Indem der Eine es den Anderen zeigt, wird diese Regelung
über Zeichen und Worte erlernt. Alle unseren rituellen
Handlungen enthalten Anregungen zur Besinnung. Der 24zöllige
Massstab z.B. ist ein Symbol für die rechte Einteilung des
Lebens, mittels welcher der neu aufgenommene Lehrling
belehrt wird. Das soll symbolisch begriffen werden.
Sicherlich ist damit nicht eine pedantische Zeiteinteilung
unseres Tagesablauf gemeint. Wir sollen damit vielmehr
darauf hingewiesen werden, für alles ein rechtes Mass zu
pflegen und die Dinge zur rechten Zeit tun.
Das Ritual vermittelt die
freimaurerischen Lehrinhalte nicht allein durch
verstandesmässiges Erfassen; der tiefere Gehalt der in Riten
gekleideten Lehren wird auch unmittelbar erlebt und über
dieses Erlebnis unbewusst verankert. Von besonderer
Bedeutung ist auch die Wiederholung des Rituals. Erst durch
Wiederholungen werden wir angeleitet, einer Angelegenheit
auf den Grund zu gehen, die wir sonst achtlos vorübergleiten
gelassen hätten. Wenn wir in unserem Ritual ganz bestimmte
Fragen und Antworten wiederholen, werden sich diese nicht
einfach dem Gedächtnis einprägen, sondern lassen uns spüren,
dass wir von ihnen immer wieder gefordert sind.
Einüben durch Symbole, Zeichen und
Worte, um uns in unserem Handeln selbst zu erkennen, ist der
geheime Sinn des Rituals. Hier ist nichts zu verheimlichen,
wenn es auch ein Geheimnis ist. Vor dem Eintritt in den
Freimaurerbund sind Ritual und Symbolik die "grossen
Unbekannten". Es bleibt dem Erlebnis des Einzuweihenden
vorbehalten. In der rituellen Arbeit werden dem Freimaurer
Erkenntnisbereiche erschlossen, die in der heutigen Zeit nur
noch wenig gepflegt werden. Wir Freimaurer sind der
Auffassung, dass diese jedoch notwendig sind, um den
einzelnen zu einer harmonischen Persönlichkeit zu machen.
Dieses Erlebnis einer sinnvollen Lebensergänzung birgt das
eigentliche "Geheimnis" des Freimaurers.
Zum Schluss
Sicher ist das Gelübde, das wir bei der
Aufnahme in den Freimaurerbund abgelegt haben, in der
heutigen Zeit schwieriger einzuhalten als früher, denn
mannigfaltig sind die Gründe, die uns dazu verleiten, es zu
brechen. Wir sollten uns stets bewusst sein, dass die
Pflichten der Freimaurer immer aktuell sind, sie sind so alt
wie die Menschheit selbst und nicht eigentlich eine
Neuerfindung der Freimaurer. Sie sind eine Schöpfung des
A.B.a.W., sind Teil seines Weltgesetzes. Jeder Bruder kann
sich fragen: Habe ich die angestrebte innere Harmonie
bereits gefunden? Wahrscheinlich kennen wir alle dieses
Lebensgefühl nicht als etwas Beständiges. Dies ist nicht
verwunderlich, denn zwischen der Aufnahme als
Freimaurerlehrling und dem Freimaurersein ist ein langer,
ein immerwährender Weg. Freimaurersein bedeutet, immer
wieder neu an seinem Stein weiter zu arbeiten und „weiter
auf der Suche nach dem Licht“ zu sein.
Mancher Bruder wird oft erst nach
Jahren der Mitgliedschaft im Bund feststellen, dass sich in
seinem Leben zunehmend Veränderungen einstellen und zwar zum
Positiven. Er ist seinem Ziel, dem Erreichen seiner inneren
Harmonieund damit einer wesentlichen Grundvoraussetzung zu
einem Sinn erfüllten Leben- näher gekommen.
Er erkennt, dass die goldenen Regeln
der Freimaurerei zu positiven ethischen Formen gehören und
dass diese verantwortungsbewusste Pflichterfüllung gegenüber
dem A.B.a.W, Familie, Beruf und Loge sein Leben besser
machen.