Thema
Neue Medien neue Umgangsformen
Gutenberg hat mit der Erfindung des Buchdruckes im Jahre 1440 der Menschheit den Zugang zum Wissen wesentlich erleichtert. Die weltlichen und kirchlichen Mächte haben ihn dafür verfolgt, weil sie dadurch einen Teil ihrer Privilegien verloren haben; so haben sie mit allen Mitteln versucht, den Inhalt der Bücher zu kontrollieren. Die römische Kirche hat den Index verbotener Schriften erst kürzlich aufgehoben. Diktatorische Regimes praktizieren heute noch eine rigorose Zensur und sperren Journalisten und Schriftsteller, die eine andere Meinung vertreten, im Kerker ein. Als Schweizer haben wir das Recht auf Gedankenfreiheit. Dies gibt auch Anstoss, unsere Meinung zu bilden. Das Buch ist und bleibt für uns eine wichtige Wissensquelle. Der Text muss aber nicht unbedingt auf Papier erscheinen – über das Internet haben wir Zugang zur internationalen Literatur.
Loge Phönix, Thun
Wir können feststellen, dass in den letzten 20 Jahren die
Informationstechnik unübersehbare Fortschritte gemacht hat,
und das nicht nur für die Profis. Die Schulkinder können
sich ein Leben ohne Computer oder Laptop kaum vorstellen und
können den älteren Jahrgängen in diesem Bereich vieles
vormachen. Unsere Nachkommen werden ihr Wissen immer mehr
über elektronische Medien beziehen. Bücher haben den
Vorteil, dass diese länger überleben. Man kann sie zur Hand
nehmen wann und wo man will. Den PC kann man nicht überall
mitschleppen; für den I-Pod ist nicht überall eine Steckdose
und die Verbindung vorhanden. Zudem kann zu einem Buch auch
eine symbolische und emotionale Bindung entstehen. Die Daten
in den Massenmedien und den Computernetzwerken werden mit
dem Lauf der Zeit unlesbar. Die ältesten Daten über die
menschliche Geschichte waren in Stein gehauen oder sind
schriftlich auf Pergamin, später auf Papier gedruckt,
zugänglich. Unsere Medien sind grösstenteils noch frei, es
besteht keine Zensur, was sie aber nicht hindert, oft
wirtschaftliche und politische Interessen zu vertreten.
Darum soll sich ein Freimaurer über unterschiedliche Quellen
informieren. Nach dem Prinzip: These, Antithese, Synthese.
Wenn man davon ausgeht, dass die Medien das publizieren, was
die meisten Leser oder Zuschauer wollen, darf man sich
fragen, ob das geistige Niveau des Schweizers wirklich so
tief liegt. Das Fernsehen ist eine fantastische Erfindung:
es liefert uns über hunderten von Programmen Informationen
und Kulturbeiträge in Bild und Ton aus der ganzen Welt. Da
sehen auch die Völker aus den Entwicklungsländern und den
Diktaturen, wie wir in Saus und Braus leben – was nicht
unbedingt die Stimmung beruhigt. Im zweiten Weltkrieg hat
das Radio eine sehr wichtige Rolle gespielt – sei es als
Propagandamittel oder Verbindung mit den
Untergrundorganisationen wie die verschlüsselten Meldungen
der BBC an die französische Resistance.
Das Internet bietet der Menschheit eine unbeschränkte
Zugangsmöglichkeit zum Wissen, vergleichbar mit der
Erfindung des Buchdruckes vor fast 500 Jahren. Die Basis der
Wissenschaft ist die Neugier. Im Gegensatz zu den
Massenmedien bietet es weltweit Dialogmöglichkeiten; man
kann die Meinung anderer empfangen und seine eigene Meinung
verbreiten. Wie die Bücher, ist auch das Internet eine
Gefahr für undemokratische Regimes, weil das Volk von aussen
informiert und manipuliert werden kann. Der arabische
Frühling könnte durchaus ein Produkt der Informationen aus
dem Internet sein. In China hat der Staatspräsident den
Zugang zum Internet verboten. Die neuen Medien bergen aber
auch Gefahren: das Eindringen in unsere privaten Daten und
Viren, die unsere EDV still legen können sowie
Internetkriminalität. Es ist auch ein guter Kanal, um
kurzfristig Demos zu organisieren. Dass auch eine Unmenge
Ramsch publiziert wird, ist klar, aber jedermann hat noch
die Qual der Wahl und kann noch bestimmen, was er daraus
nehmen will. Darum sind wir gegen jegliche Form von Zensur.
Eine weitere grundwirkende Erfindung ist das Mobiltelefon,
mit vielen Vorteilen und Nachteilen. Wer zahlt die Kosten,
wenn die Jugendlichen stundenlang dialogieren? Ob Radio,
Fernsehen, Internet oder Mobiltelefon, alle diese neuen
Medien bedeuten Segen für die Menschheit, wenn sie
vernünftig angewendet werden. Vorab die jüngeren und
mittelalterlichen Brüder haben sich an der Diskussion rege
beteiligt. Diese Generationen sind mit diesen neuen Medien
aufgewachsen–müssen sich aber dauernd an die rasende
Entwicklung anpassen. Die ältere Generation muss wohl (mit
mehr oder weniger Erfolg) mitmachen. Von unsern 47 Brüdern
besitzen immerhin deren fünf keinen PC und können
weiterleben. Wie viele haben noch kein Mobiltelefon?