Thema
Die Pestalozzi Gesellschaft Basel
Die Pestalozzi-Gesellschaft Basel (PGB) versucht das pädagogische Ideal von Johann Heinrich Pestalozzi in der heutigen Gesellschaft aufrecht zu erhalten, indem sie Kindern aus sozial schwachen Schichten der regio basiliensis (Schweiz, Frankreich und Deutschland) während der obligatorischen Schulzeit und darüber hinaus in der Lehre hilft. Diese Hilfe äussert sich konkret in der Unterstützung von Tagesheimen, im Musik-Unterricht für begabte Kinder aus ärmeren Familien und, zusammen mit dem Mentoring-Verein beider Basel, in der Begleitung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund während der Lehre. Die Mitgliedschaft in der PGB ist allen Freimaurern (Frauen und Männern) bar jeder Obedienzzugehörigkeit offen.
Carlo U. Nicola, Panta Rhei Basel
Ursprung der PGB
Das folgende Zitat von Pestalozzi
(eine herbe Kritik an der Heuchelei des Zürcher
(Zwingli)-Grossbürgertums seiner Zeit), lässt sich sehr
leicht (halbschmunzelnd) auf die heutige Freimaurerei
übertragen:
Wir wurden nicht erzogen, das Gute zu
tun; wir wurden nur erzogen, das Gute zu ahnden und über
dasselbe zu träumen. Wir irrten uns alle.
Die PGB wurde im Jahre 1896 gegründet,
um einer Gruppe sozial engagierter Menschen zu ermöglichen,
eben dieses Zitat von Pestalozzi zu widerlegen. Es war eine
kunterbunte Schar von Menschen, darunter Lehrer aus dem
freisinnigen und aus dem evangelischen Schulverein,
Pfarrherren, Ärzte, Politiker, welche
mit konkreten Massnahmen „...[die] Besserung des Lose der
armen Kinder unserer Stadt in materieller und moralischer
Hinsicht“ anstrebte. Und wahrhaftig waren die Massnahmen,
welche die damalige PGB ergriff, sehr erfolgreich; nennen
wir nur einige davon:
- 1896: Milch- und Kleiderversorgung
für Schüler und Schülerinnen aus den ärmeren Schichten
der Stadt Basel;
- 1904: Stipendien für
Schulentlassene zur Vollendung der obligatorischen
Schulzeit;
- 1911: Eröffnung der Theodorskrippe
an der Riehentorstrasse 21;
- 1917: Kauf der Immobilie am
Claragraben 54, wo die Theodorskrippe seit 1918 mit
Unterstützung der PGB unter der Leitung der familea noch
heute aktiv ist;
- 1926: Kauf des Kurhauses
Wasserwendi ob Meiringen und im Jahre 1927 Eröffnung des
Knabenferienheims Wasserwendi.
Mit der Zeit wurde die PGB immer mehr
durch die Basler Freimaurer geprägt, so dass wir heute in
unserem Leitbild schreiben können:
Wir sind ein Basler Sozialwerk,
gegründet 1896, getragen und gefördert von Personen, die
sich zukunftsgerichtet in die Tradition der Freimaurer und
Freimaurerinnen stellen und die sich für die Förderung von
Jugend und Familie engagieren.
Ein wichtiger Punkt soll aber
(besonders für die Leser der Alpina) hervorgehoben werden
und zwar, dass wir rechtlich und organisatorisch von den
Freimaurer- Logen unabhängig sind, insbesondere auch dass
wir keiner freimaurischen Obedienz unterstellt sind.
Die Ziele der PGB
Wie seit 1896 in unsere Statuten
gemeisselt ist, bleibt das oberste Ziel der PGB:
Der Verein widmet sich ausschliesslich
und unwiderruflich gemeinnützigen Zwecken. Allfällige
Überschüsse sind ausschliesslich für die Vereinszwecke zu
verwenden.
Die Statuten beinhalten die wichtige
Klausel, dass dieser Artikel nicht durch die
Vereinsversammlung geändert werden darf, ein Novum in den
sonst so tief demokratischen Traditionen unseres Landes.
Die PGB heute
Wir möchten einige aktuelle Projekte
der PGB vorstellen, welche die Schwerpunkte der Arbeit der
PGB am besten aufzeigen. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz
in der PGB, dass Mitglieder (und hier wird gemeint,
Freimaurerinnen und Freimaurer jeglicher Obedienz) aktiv an
Projekten teilnehmen sollten. Deswegen sind einzelne
Mitglieder der PGB in den letzten Jahren neu in Mentoring-Projekte
eingestiegen. Mitglieder der PGB übernehmen die Betreuung
von Jugendlichen aus schwierigen sozialen Verhältnissen und
Migrationshintergrund, bis sie die Lehre bzw. Schule
geordnet beendet haben. Diese Projekte werden im Rahmen des
Mentoring-Vereins beider Basel durchgeführt, der ebenfalls
von der PGB finanziell unterstützt wird. Diese nicht immer
einfache Tätigkeit bietet den PGB-Mitgliedern die
Möglichkeit bei der Lösung eines der wichtigsten Probleme in
Europa einen Beitrag zu leisten und gleichzeitig die
humanistischen Ideale der Freimaurerei praktisch zu erfüllen
(nach dem Motto Taten statt schöne Worte).
Die PGB stellt die Räume für das
Kinder- Tagesheim Theodor am Clarahofweg 1 in Basel dem
Verein familea kostengünstig zur Verfügung. Nach einer
umfassenden Renovation des Gebäudes, welche die PGB von 2008
bis 2011 selber finanziert hat, sind moderne, dem Stand der
heutigen Pädagogik entsprechende Räume entstanden, die Platz
und professionelle Betreuung für etwa 45 Kinder im Alter von
3 Monaten bis 9 Jahren bietet.
Die PGB unterstützt sowohl familea
direkt als auch minderbemittelte Eltern, welche ihre Kinder
in dieses Tagesheim schicken.
Die PGB unterstützt auch Projekte, an
denen sie nicht direkt beteiligt ist. Beispiele unter vielen
sind: (1) Defizit-Deckung des Restaurants "Pizzaiola"
(Stiftung „Lebensträume“ für leicht behinderte Kinder); (2)
Unterstützung des Mammut-Jugendpreises für besondere
Leistungen zur Förderung der Jugend der Quartiergesellschaft
zum Mammut im Gundeldingen-Bruderholz (einem Basler Quartier
mit hohem Ausländeranteil); (3) Teil-Finanzierung eines
neuen Busses der IVBB (Invaliden Vereinigung Beider Basel).
Die PGB versucht den ihr übertragenen
Auftrag zwar mit Bescheidenheit, aber mit Beharrlichkeit zu
erfüllen. Sie versucht, dem Ratschlag von Jakob Müller-
Landolf (Präsident der PGB im Jahre 1911) zu folgen:
Die PGB ist viel zu schwach, um auf irgend einem Gebiet
umfassende Arbeit zu leisten. Die Wege zu schönen Zielen
kann sie weisen, Pionierarbeit kann sie thun und sich
redlich Mühe geben, das Wenige, das sie übernimmt, in
möglichst tadelloser Weise durchzuführen ...
Die finanziellen Mittel der PGB
Obschon es im Basel ziemlich verpönt ist, über Geld zu
reden, es ist vielleicht wichtig die groben finanziellen
Randbedingungen, worin sich die PGB bewegt, zu nennen. Die
Aktiven im Jahr 2012 betrugen etwa 2 Mio CHF. Daraus kann
die PGB jährlich auf flüssige Mittel in der Grössenordnung
von 40.000 CHF für die Finanzierung von Projekten zugreifen.
Die Finanzen sind trotz der grossen Investitionen der
letzten Jahre gesund.
Mitglieder der PGB
In einem denkwürdigen Beschluss im
Sommer 2012 beschloss die GV der PGB, Mitgliedschaft und den
Aktionsradius ihrer Wirkung zu erweitern.
Nicht nur, kann jeder Freimaurer, jede Freimaurerin, aus
welcher Obedienz sie (er) auch immer kommen möge, Mitglied
der PGB werden, sondern auch sucht die PGB aktiv Mitglieder
und Projekte aus der „regio basiliensis“ (d.h.
Nordwestschweiz, Elsass und Südbaden).
Die Gründe für diesen Beschluss sind
vielschichtig. Einerseits sind wir tief überzeugt, dass die
Integration Jugendlicher mit Migrationshintergrund in die
hiesige Arbeitswelt die beste Waffe gegen die soziale
Isolation und Frustration (eine europäische Zeitbombe)
darstellt. Andererseits sind wir naiv genug zu glauben, dass
die Mitglieder durch diese aktive Arbeit an gemeinsamen
Projekten das wahre Fundament aller FM-Obedienzen entdecken
und die alten Zöpfe, die uns die Geschichte aufgebürdet hat,
vergessen können. Der Mitgliederbeitrag ist bewusst tief
gehalten (20 CHF), um finanzielle Hindernisse zu vermeiden.
Aber wir erheben doch einen Anspruch: Wir möchten nur
Mitglieder aufnehmen, die bereit sind, aktiv an Projekten
der PGB teilzunehmen. Nicht Geld, sondern Zeit und neue
Ideen für sozial relevante Projekte und konkretes Tun sind
gefragt.