Alpina 2/2000
Nachdenken über freimaurerische Esoterik. Brauchen wir in der
Freimaurerei überhaupt Esoterik? Dies ist das Thema der Februarnummer
unserer Zeitschrift. Interessanterweise sind zu diesem Thema keine Beiträge
aus den Logen eingegangen. Was tun? Wenn immer Unsicherheit des Maurers
Sinnen und Trachten befällt, pflegt man das Internationale Freimaurerlexikon
von Lennhoff/Posner zu Rate zu ziehen. Das Substantiv Esoterik findet sich
darin nicht, dafür das Wort "esoterisch" und "exoterisch". "Esoterisch vom
griechischen eiso, exoterisch vom griechischen exo. Aus den Mysterien des Altertums
auf die Philosophie übergegangenen Begriffe. Die grossen Philosophen sollen
ihr Wissen in eine Lehre für einen äusseren, nicht ganz vorgebildeten Kreis
und in eine Lehre der Vollendeten geteilt haben. Diese Bevorzugten hiessen
die Esoteriker, die andern die Exoteriker. Auf die Freimaurerei bezogen
versteht man unter exoterisch die äussere Hülle der freimaurerischen Lehre,
während unter Esoterik sowohl die wahre Erkenntnis des freimaurerischen
Gedankens als auch die auf das Ich gerichtete freimaurerische Selbstbeschau
zum Zweck der Veredelung verstanden wird. Daher auch oft die Bezeichnung
"Innen- und Aussenarbeit". Mit dieser vereinfachenden Erklärung von
Lennhoff und Posner könnte man sich einverstanden erklären. Viele Probleme
wären damit auf einfache Weise gelöst. Aber der Begriff Esoterik geht doch
viel tiefer. Wenn wir in der Geschichte der Freimaurerei nachlesen, finden
wir unter dem Thema Esoterik die skurrilsten Irrungen. Diese Esoterik hat
die Freimaurerei vor zweihundert Jahren oftmals dem Hohn und Spott
ausgesetzt. Wo steht die Freimaurerei heute? Eine befriedigende Antwort
vermögen auch wir nicht zu geben. Alfred Messerli |