Alpina 11/2006
Ist die Tafelloge noch zeitgemäss oder ist sie ein Relikt aus einer
vergangenen Zeit? Eine durchaus berechtigte Frage. Zuerst die Feststellung,
dass in der Grossloge Alpina das Tafelritual nicht vorgeschrieben ist. Jede
Loge ist frei, ein Ritual zu festlichem Essen durchzuführen. Die Form und
der Inhalt des Rituals sind jedoch frei gestellt. Auch hier gilt die
Ritualfreiheit. Deshalb finden wir bei den Logen in der Schweizerischen
Grossloge Alpina die vielfältigsten Formen und Spielarten des Tafelrituals.
Das macht auch den Reiz der Freimaurerei aus. Aus den publizierten Artikeln zum Thema ersieht man, dass die Tafelloge
vielfältige Wurzeln hat. Ähnlich wie die vorgeschriebenen Rituale zur
Aufnahme, zur Beförderung und zur Erhebung gehen die Ursprünge weit zurück.
Einzelne Logen haben Sprache und Form des Tafelrituals der heutigen Zeit
angepasst, andere jedoch halten an alten und schönen Formulierungen fest.
Die Tafelloge ist von grosser Gemeinschaftsfördernder Bedeutung für alle
Brüder. Die Lehrlinge tragen während des Silentiums die Suppe auf. Sie
sollen dies keineswegs als diskriminierend, sondern als Dienst an der
Gemeinschaft auffassen. Charakteristisch für die Tafelloge ist, dass sie in
wohl abgestimmter, aber immer feierlichen Form vom Meister vom Stuhl, oder
seinem Stellvertreter geleitet wird. Nach einem festgeschriebenen Ritual
werden am festlich gedeckten Tisch Trinksprüche dargebracht. Oft werden auch
Lieder gesungen, die Vaterlandshymne, «Freut Euch das Lebens», und das
Bundeslied «Brüder reicht die Hand zum Bunde».
Tafellogen werden vor allem im Anschluss an die Johannisfeiern, im Juni
und im Dezember durchgeführt. Die Tafellogen können aber auch bei andern
Anlässen, wie Jubiläen, Aufnahmen und Ehrungen eingesetzt werden. Anstelle
einer Tafelloge kann nach einer Tempelarbeit aber auch ein einfaches
Brudermahl durchgeführt werden, das ohne Ritual und festgeschriebene Formen
auskommt. Aber auch nach den Konferenzen und nach Instruktionen ergeben sich
ungezwungene vertiefte Gespräche bei einem Glas Wein als Fortsetzung der
gemeinsamen Arbeit. So kommt man sich als Bruder näher. Im vornherein möchte
ich jedoch klarstellen: die Behandlung des Themas hat keineswegs zum Ziel,
dass auf die Tafelloge verzichtet wird. Im Gegenteil: Sie gehört zur
maurerischen Arbeit wie die Arbeit im Tempel. Ohne Tafelloge würde die
Freimaurerei sehr viel von ihrem Gehalt verlieren. Wir möchten mit diesem
Thema die Logen ermuntern, der Tafelloge die gebührende Beachtung zu
schenken und sie allenfalls vertieft zu bearbeiten. Die Tafelloge gehört zur
Freimaurerei – auch in unserer Zeit.
Alfred Messerli |