Unsere Verantwortung als Freimaurer
(Alpina 8-9/2007)

Die Verantwortung des Freimaurers ist das vorgegebene Thema dieser Doppel-Nummer der Alpina. Das wirft einige Fragen auf. Verantwortung für wen? Und welche Verantwortung ist gemeint? Der Freimaurer hat eine Verantwortung gegenüber der eigenen Loge, aber auch gegenüber der Grossloge. Er muss bestrebt sein, die Harmonie und die brüderliche Gemeinschaft zu erhalten und zu fördern. Das ist die Verantwortung eines jeden Bruders, die man nicht genug unterstreichen kann. Denn ohne diese Harmonie zerbricht die Freimaurerei. Aber hat der Freimaurer nicht noch eine weitere und grössere Verantwortung gegenüber dem Nächsten und der Gesellschaft? Freiheit heisst für den Freimaurer niemals Willkür. Niemals Befreiung von der persönlichen und sozialen Verantwortung, die auf ihm als Einzelindividuum und einem Angehörigen einer Gemeinschaft lastet. Die Verantwortlichkeit für sein Tun und Lassen, sei es vor dem eigenen Gewissen, sei es vor den berechtigten Forderungen der Gemeinschaft, bleibt dem Menschen bis zu seinem Tod.

Wer diese Gebundenheit nicht anerkennt, zerstört jede Möglichkeit einer Gemeinschaft. Ohne soziale Ethik kann nur der leben, der ganz allein auf der Erde lebt. Einen solchen Menschen gibt es aber nicht. Sobald nur ein einziger anderer mit ihm zusammenlebt, tritt schon die soziale Ethik in ihre Rechte. Die speziellen Forderungen der sozialen Ethik sind daher auch keine absoluten, sondern sie sind relativ zu der Art des Gemeinschaftslebens. Trotzdem aber hat alle Sozialethik einen absoluten Teil, wenn man das so naiv ausdrücken darf. Dieses Absolute ist die Forderung nach gegenseitiger Hilfe, das grösste und wichtigste Problem jeder menschlichen Gemeinschaft. Die Notwendigkeit gegenseitiger Hilfe hat vor Jahrtausenden die Menschen im Kampf gegen die viel stärkere Umwelt zusammen geführt. Ohne den Trieb zu gegenseitiger Hilfe, der auch in den Tieren in sehr grossem Masse vorhanden ist, würde der Mensch als Gattung wohl ausgestorben sein. Und dieses grosse Naturgesetz von der gegenseitigen Hilfe ist in besonderer Form das Gesetz der Freimaurerei geworden.

Das ist der Grund, weshalb wir einige wenige Beispiele von Hilfeleistungen durch Freimaurer in dieser Nummer veröffentlichen. Wir sind uns bewusst, dass die Beispiele eher zufällig sind. Es sind diejenigen, die der Redaktion bekannt wurden. Wir wissen, dass es daneben noch viele andere Beispiele freimaurerischer Hilfeleistung an Menschen gibt, die diese Hilfe nötig haben. Viele Logen und einzelne Brüder sind aktiv auf diesem Gebiet tätig. Die vier portraitierten Brüder, die jeder für sich ein Hilfswerk für die dritte Welt initiiert und aufgebaut haben, sind beispielhaft. Sie zeigen, wie man seine Verantwortung als Freimaurer wahrnehmen kann. Wenn Sie für den einen oder anderen Bruder der Anstoss sind, dass er selber tätig wird, hat diese Alpina-Nummer ihr Ziel erreicht.

Alfred Messerli   
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