Die Zeit im freimaurerischen Sinne
(Alpina 6-7/2008)
Über den Begriff «Zeit» ist schon viel
philosophiert worden. Unzählbar sind die Versuche,
den Begriff «Zeit» zu definieren, in Worte zu
fassen. Das ist bis jetzt noch nicht überzeugend
gelungen. Schon Augustinus (354-430) hat gesagt:
«Was also ist die Zeit? Wenn mich niemand fragt,
weiss ich es. Wenn ich es jemanden erklären will,
der fragt, weiss ich es nicht.»
Die Freimaurer haben seit jeher ein besonderes
Verhältnis zur Zeit. Das beginnt damit, dass sie die
Jahre anders zählen, als die übrige Menschheit. Aber
auch das Ritual ist zeitlich speziell ausgerichtet.
Die Arbeiten beginnen am Hochmittag und enden an
Hochmitternacht.
Schon auf James Anderson geht die Zählung der Jahre
zurück. Er hat die Jahreszahlen in der Bibel
zusammengezählt und ist auf 4000 Jahre gekommen, von
der Erschaffung der Welt bis zu Christi Geburt. So
leben wir nach dieser Zeitrechnung Anno Lucis im
Jahre 6008, statt 2008. Diese Datierung finden wir
noch lange in der blauen Maurerei, während die
Hochgrade nochmals eine andere Zeitrechnung
eingeführt haben. Man kann diese mit der
Verschlüsselung oder Geheimhaltung in früheren
Jahrhunderten erklären. Irgendeinem Wert kommen
diesen Spielereien nicht zu. Im Grunde genommen sind
sie der Freimaurerei wesensfremd.
«Die Zeit ist kein Sumpf, sie ist ein Strom. Alle
Völker nennen sie so, und mit Recht. Denn Stillstand
ist nirgends, sondern fortwährender Wandel der
Dinge, und darum Verwandlung vor allem.» Jeremias
Gotthelf schreibt dies in «Die Armennot».
Wenn ich über die Zeit nachdenke, auch dass alles
im Fluss ist (Panta Rhei) wird mir auch bewusst,
dass dies mein letztes Editorial für die Zeitschrift
«Alpina» sein wird. Auch meine Zeit ist abgelaufen!
Ich hatte die Freude, zwölf und ein halbes Jahr lang
diese Zeitschrift, zusammen mit dem Brüdern Jacques
Tornay, und Othmar Dürler zu redigieren und zu
gestalten. 125 Nummern sind in dieser Zeit
entstanden. Es war eine schöne Zeit und ich habe
mein Wissen rund um die Freimaurerei enorm erweitern
können. Viele Brüder habe ich in dieser Zeit kennen
und schätzen gelernt und neue Freundschaften
geschlossen. Es war für mich eine prägende Zeit, die
auch nach meinem Rücktritt als Chefredaktor Ende
Juni nachwirken wird. Ich scheide aus dem Amt in der
Gewissheit, in Bruder Adrian Bayard einen würdigen
Nachfolger zu erhalten, der die Zeitschrift im
freimaurerischen Sinne weiter führen wird.
Alfred Messerli
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