Klimawandel - Gesinnungswandel
(Alpina 12/2008)
«Der Klimawandel bedroht die Lemminge stärker als
der Massenselbstmord» übertitelte die Deutsche
Presseagentur eine Meldung, die eine Studie zweier
norwegischer Forscher wiedergab. In dieser Studie,
die im britischen Fachjournal «Nature» veröffentlich
wurde, kamen die Biologen zum Schluss, dass die
sonst übliche explosionsartige Zunahme der
Lemminge-Population, die etwa alle drei bis fünf
Jahre auftreten soll, seit mehreren Jahren
ausgeblieben ist. Mehr noch: in Südskandinavien
sollen unzählige Nager verenden, weil ihnen das Eis,
das als Schutzraum vor Kälte und grösseren
Raubtieren dient, nicht mehr existiert. Ferner
ertränken tausende durch das Schmelzwasser, das in
die verbleibenden Holräume einträte.
Was hat dies mit unserem Studienthema zu tun?
Nun, als erstes wird deutlich, dass
Klima-Entwicklungen langsam vonstatten gehen und
durch Mythen (wie zum Beispiel jener des
Massenselbstmordes der Lemminge) und zweifelhafte
Widerlegungen überdeckt werden. Zweitens erkennen
wir den unmittelbaren Einfluss auf unsere
Lebensgrundlage: wir sind das Kraut und nicht die
Erde – wir sind Gast auf dieser Welt und nicht
Herrscher. Und drittens spüren wir, dass die
anfänglich kaum spürbaren Einflüsse und Änderungen
auf unsere Umwelt plötzlich und mit exponentieller
Steigerung des Ausmasses auf uns einwirken.
Der Begriff Wandel beschreibt grundsätzlich eine
Veränderung einer gegebenen Struktur, also eines
Wechselprozesses über eine betrachtete Zeitspanne.
Für diesen Begriff können wir Synonyme finden wie:
Abkehr, Neuerung, Evolution, Modifikation,
Revolution und dergleichen mehr. Meistens sind sie
im täglichen Sprachgebrauch (anders als in der
Naturwissenschaft!) nicht werte- und vorurteilsfrei.
Wir verbinden häufig Wandel mit Gefahr, mit
negativen Gefühlen, denn Änderungen in unseren
Lebensgewohnheiten und Lebensräumen begegnen wir
immer mit Angst, weil Bewährtes – oder besser:
Bekanntes wegfällt und Unbekanntem weicht. Diese
Ungewissheit bedrückt uns, weil wir vermuten,
dadurch in Zukunft schlechter gestellt zu sein als
heute; mehr noch: dass wir den künftigen Regeln und
Gesetzmässigkeiten nicht mehr Herr sein könnten und
versagen.
Dem Menschen jedoch, der die Zukunft positiv und
offen annehmen will, erschliesst sich auch Hoffnung:
Hoffnung darauf, dass einiges relativiert und aus
der Distanz betrachtet wird und Hysterie fehl am
Platze sei. Letztes Jahr zeigte eine Studie von Dr.
Hans Aeschlimann (Geologielehrer an der
Kantonsschule Trogen), dass der Säntisgletscher im
Zuge der aktuellen Klimaerwärmung einen Wanderweg
freigibt, der vor 120 Jahren auf einer Karte
eingetragen war und seither vom Gletscher zugedeckt
blieb. Daraus wird geschlossen, dass es am Säntis
schon einmal so warm war. Das aber soll uns
keineswegs die Augen vor den Realitäten, wie sie
sich heute präsentieren, verschliessen – aber etwas
von dieser Hysterie nehmen. Dem Menschen, der die
Zukunft positiv und offen annehmen will, eröffnet
sich im Wandel auch eine Chance: eine Aussicht auf
Besserung; eine Aussicht darauf, dass wir Menschen
nicht mehr alles von aussen als gegeben und
schicksalhaft hinnehmen; sondern dass wir Menschen
beginnen zu handeln! Dafür braucht es jedoch einen
Wandel in der Einstellung – einen Wertewandel.
Adrian Bayard
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