Der Wert des Menschen
(Alpina 3/2009)
Sich Gedanken über den Wert des Menschen
zu machen, scheint gerade in der
heutigen Zeit ein sehr wertvolles Vorhaben
zu sein. In einer Welt, wo der Mensch unter
permanenter Überwachung steht und
durch die Fülle an Informationen über seine
Person die Kontrolle über seine Privatsphäre
zu verlieren droht und mit seinen
Kundendaten Handel betrieben wird, verkommt
der gläserne Mensch zur Ware. Vor
diesem Hintergrund erscheint das Zitat von
Thomas Hobbes in seinem Werk «Leviathan
» von 1651 äusserst zynisch, aber aktueller
denn je: «the value or worth of a man
is, as all other things, his price». Facebook,
Google und wie sie alle heissen, weisen
einen sehr hohen Unternehmungswert auf,
gerade WEIL sie über Millionen von Kundeninformationen
verfügen. Ist der Wert
des Menschen also auf die Vermarktbarkeit
seiner Informationen oder seine Marktfähigkeit
zurückzuführen? Oder ist es sein
«human capital» – also die abdiskontierte
Verzinsung seines in seine Bildung investierten
Geldes? Verköpert also jemand mit
200’000.— Franken Jahreseinkommen, (bei
5% Verzinsung) ein «human capital» von
vier Millionen Franken? Ist das wirklich sein
Wert? Nein! würden wir alle jetzt sagen –
sicherlich nicht! Die inneren Werte seien
viel wichtiger. Wo aber wird dem Rechnung
getragen? Nur schon sprachlich haben wir
uns abgewandt: Im französischen und italienischen
Sprachgebrauch gibt es den
«teuren Freund» noch – den caro amico
oder cher ami; bei uns ist er mittlerweile
zum lieben Freund degradiert worden. Ferner:
Wie gehen wir im Alltag mit unseren
Mitmenschen um? Wäre nicht gerade der
Respekt und der rücksichtsvolle Umgang
mit unseren Mitmenchen Ausdruck von
Wertschätzung? Mobbing und egoistisches
Karrieredenken sind krasse Verstösse dagegen.
Auch im rechtlich-politischen Bereich
sollte wieder vermehrt auf den wertvollen
Menschen geachtet werden: Im schweizerischen
Zivilgesetzbuch ist der Mensch ab
Geburt rechtsfähig: hat also Rechte (und
Pflichten). Und gerade diese Rechtsfähigkeit
eines jeden und der damit verbundene
Schutz der Persönlichkeit sollte uns Wegweiser
sein für unser Handeln. Worin liegt
nun der Wert des Menschen? – vermutlich
in seiner Einzigartigkeit. Damit würde aber
die Bewertungsfrage ad absurdum geführt,
weil eine Bewertung immer nur mit
Bezugspunkten – mit Vergleichen – vorgenommen
werden kann. Und genau darin
liegt das Paradoxon. Es lebe also der homo
unicus!
Adrian Bayard
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