Der Tod
(Alpina 11/2013)

Mit diesem Studienthema bewegen wir uns einerseits in einem gesellschaftlichen Tabu-Gebiet und andererseits in einem schwer (be-)greifbaren Themenkreis, der seinen Wirkungsbogen von der Medizin und Rechtslehre bis hin zu Religion und Mythologie spannt. Dazwischen liegt die Perception des Menschen, der sich entweder der Vorstellung des Todes gänzlich entzieht, sich in der Literatur «Zuflucht» verschafft oder sich mit ihm auseinander setzt. In der Literatur gibt es unzählige Werke, die sich mit dem Thema beschäftigen. Da seien bloss einmal Hugo von Hofmansthals «Jedermann» erwähnt; oder Goethes «Faust» sowie Dantes «Göttliche Komödie». Oftmals sind darin moralische Lehren oder Tugenden verpackt, worin zum Ausdruck kommen soll, dass es sich nicht lohnt, untugendhaft zu leben, sonst würde am Tag null abgerechnet. Alles würde sich dann rächen. Als Grenzlinie zwischen Diesseits und dem Jenseits liegt der griechischen Mythologie zufolge der Fluss des Vergessens Lethe. In der Göttlichen Komödie wird der Fluss ebenfalls erwähnt. Sein Oberlauf befindet sich bei Dante im Irdischen Paradies auf der Spitze des Läuterungsberges und fliesst von dort hinunter zum Erdmittelpunkt. Der Held der Göttlichen Komödie, Dante Alighieri, muss sich im Fluss Lethe waschen, bevor er das Paradies betreten darf. Hier wird das Gewissen des künftig Dahinscheidenden reingewaschen. Aber anstatt den Tod als unvermeidbares Schicksal, als Drama zu verdrängen, sollten wir ihn in den Alltag miteinbeziehen. Nur so wird er zum integralen Bestandteil des Lebens, vor dem man sich nicht zeitlebens fürchten muss und dabei vergisst zu leben. Das Thema Tod soll uns dazu ermutigen zu leben. Aus unserer Endlichkeit etwas zu machen und in Dankbarkeit mit unseren Mitmenschen Ziele verfolgen. Als Vorbild dafür könnte man den Día de los Muertos (Tag der Toten) in Mexiko ansehen. Er ist einer der wichtigsten Feiertage, an dem in Mexiko traditionell der Verstorbenen gedacht wird. Der Umgang der Mexikaner mit dem Tod wirkt auf westliche Kulturen befremdlich, da der Tod dort nicht tabuisiert wird. Er wird als etwas betrachtet, vor dem man sich nicht zu fürchten braucht; etwas, dem man jederzeit (auch) mit Ironie begegnen kann. Der Tod muss vielmehr als Schwelle zu einem höheren Zustand verstanden werden. Daran arbeiten wir Freimaurer seit der Initiation.

Adrian Bayard 

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