Die Alchimie
(Alpina 5/2015)

Seit Jahrhunderten fasziniert die Alchimie Menschen, die sich dem Guten verpflichten. Täuschen wir uns nicht: Allein jene Leute, die einen undankbaren und beschränkten Rationalismus vertreten, reden lauthals von Scharlatanerie und schlagen vor, eine tausendjährige Tradition über Bord zu werfen. Dies rührt wohl daher, dass ihre Herzen ebenso verschlossen sind wie ihr Geist. Sie vergessen, dass ihre Vorgänger einen grossen Teil ihrer Forschungen und ihrer Überlegungen dem Grossen Werk gewidmet haben. Diese haben sich – wie Newton, einer der berühmtesten unter ihnen – in den Dienst jener grossartigen Sache gestellt.

Unser Dossier und gerade die Interviews mit heutigen Adepten beweisen es: Die Alchimie ist und bleibt ein wahrhaftiges inneres Abenteuer. Sie ist eine Reise ins Herz des menschlichen Daseins, in dessen universelles Wesen. Gewiss ist es oft beschwerlich, den Lehren der Adepten mit ihrem Code zu folgen. Alles in allem aber versteht es sich von selbst: Fulcanelli und Seinesgleichen wussten, dass man keine Perlen vor die Säue wirft – oder vor die Banausen. Das will nicht heissen, dass diese der Sache unwürdig wären. Aber sie sind noch nicht so weit, die kostbaren und seltenen Wahrheiten zu verarbeiten, die mit ihr verbunden sind.

Eines gilt mit Sicherheit: Die Suche nach dem Stein der Weisen gleicht in vielem jener, der wir uns in der Loge widmen. In seinem tiefsten Inneren den Schatz finden, der uns nach mannigfaltigen Transmutationen mit der Göttlichkeit verbindet – das ist das wahre Ziel der Königlichen Kunst. Der Mensch ist nicht einfach ein Haufen roher Materie. Er ist auch ein erleuchtetes Wesen. Sein eigenes Licht jenem des Universums hinzuzufügen: Das ist die Bestimmung des freien Menschen.

Pierre-Alexandre Joye (Übersetzung T. M.)

 

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