Freimaurerische Texte, sofern es sich nicht um vereinsrechtlich beschlossene Satzungen oder Reglemente handelt, sind immer nur Ausdruck einer persönlichen Meinung. Zustimmung freut jeden Verfasser, aber nur aus dem Widerspruch kann eine fruchtbare Diskussion entstehen.
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* nur für BBr. Freimaurer
*** nur für BBr. Meister
Was ist die Toleranz, von der wir reden,
die wir von andern jederzeit verlangen
und selber doch viel ernster üben sollten?
Die Einsicht, dass, was meine Ansicht ist,
des Bruders Zustimmung vielleicht nicht findet,
dass seine ehrlich vorgetrag'ne Meinung,
so wie er selber auch, Respekt verdient
und dass wir alle beide irren können.
Die Kraft zur Unvoreingenommenheit
hat der nur, der sich selber sicher fühlt,
der stark genug zu bess'rer Einsicht ist
und überprüfte eigne Überzeugung
mit Mut, doch ohne Wut vertreten kann.
Es gibt kein Thema, das wir scheuen müssten,
wenn Toleranz kein leeres Schlagwort ist
und man des Bruders Ansicht wägt und würdigt.
Das Wortgefecht sei heiss und fintenreich,
soll treffen, reizen, aber nie verletzen.
Im Zwiegespräch erst zeigt sich, ob wir wirklich
die eig'ne Meinung ganz verstanden haben,
ob wir des Bruders Rede aufmerksam zu lauschen
im Stande sind und deren Sinn zu folgen,
zu wissen, wann zu reden oder schweigen.
Unduldsamkeit ist immer eigne Schwäche,
die Angst, im Meinungsstreit zu unterliegen,
verbiss'ner Ehrgeiz, doch noch recht zu haben,
gekränkte Eigenliebe dessen, der
in seiner Sicherheit bedroht sich fühlt.
Wer stark und in sich selbst gefestigt ist,
kann tolerant, gelöst und heiter sein;
und diese Heiterkeit ist's, die den Frieden
in der zerstritt'nen Welt erst möglich macht,
die Heiterkeit des brüderlichen Herzens.
Der Erlass der Allgemeinen Menschenrechtserklärung der Vereinigten Nationen 1948 war nach dem Ende des zweiten Weltkrieges und dem Zusammenbruch der Hitlerschen und japanischen Diktaturen eine natürliche, notwendig gebotene und gute Willensentscheidung.
Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte aber zeigte, dass Demokratie und Menschenrechte lediglich Papier bleiben, wenn eine Regierung beim blossen Bekenntnis verharrt, es aber versäumt dafür einzutreten.
Umgekehrt liegt für manch einen das Missverständnis nahe, als ob seine persönliche Freiheit bedeute, seine Rechte und seine Ansprüche ohne eigene Verantwortlichkeit auszuüben und verwirklichen zu dürfen.
Ohne Verantwortungsbewusstsein der einzelnen kann Freiheit verkommen zur Vorherrrschaft der Starken und der Mächtigen. Deshalb ist es eine stetige Aufgabe der Politiker und Staats-bürger, insbesondere der Freimaurer, Rechte und Verantwortlichkeiten im Gleichgewicht zu halten.
Zudem werden die «Human rights» von manchen Muslimen, Hindus und Konfuzianern als ein typisch westliches Konzept aufgefasst und teilweise sogar als Instrument zur Verlängerung westlicher Vorherrschaft denunziert. Wir hören besonders in Asien den ernstzunehmenden, ernsthaft begründeten Vorwurf, das Grundrechtskonzept vernachlässige oder verkenne gar die Notwendigkeit von Tugenden und von Pflichten und Verantwortlichkeiten des einzelnen gegenüber der Familie, der Gemeinde, der Gesellschaft oder dem Staat. Manche Asiaten meinen, einen prinzipiellen Gegensatz zu erkennen zwischen westlicher und asiatischer Auffassung von der Würde des Menschen.
Menschenbild und Vorstellung von menschlicher Würde unterscheiden sich innerhalb jeder Gesellschaft oder Kultur, je nach religiösem oder philosophischem oder ideologischem Standort. Es herrschen aber generell tatsächlich grosse Unterschiede zwischen den in Europa und Nordamerika vorherrschenden Vorstellungen einerseits und andererseits den in Asien dominierenden islamischen, hinduistischen, buddhistischen und konfuzianischen Vorstellungen, ganz zu schweigen von Kommunismus in seinen mehreren Spielarten.
Aus dieser Situation können sich Spannungen, Differenzen, ja Kriege ergeben. Die Notwendigkeit eines «clash of civilizations» hat eine grosse Zahl von älteren Staatsmännern, vereinigt im IAC, «Inter Action Coucil», präsidiert durch den Alt-Kanzler Helmut Schmidt, im Jahre 1997 bewogen, der UNO einen Entwurf für eine Allgemeine Erklärung der Menschenpflichten vorzulegen. Dieser beruht auf jahrelanger Vorarbeit durch geistliche, philosophische und politische Führer aus der ganzen Welt und aus allen grossen Religionen. Die Aufgabe ist zunächst, eine Diskussion anzustossen; die Hoffnung ist, am Ende zu einer ähnlichen Erklärung der UNO zu gelangen wie schon einmal, als die UNO unter der Initiative von Eleanor Roosevelt die allgemeine Erklärung der Menschenrechte beschloss.
Ähnlich wie damals die Menschenrechtserklärung, so würde auch die zusätzliche Verantwortlichkeitserklärung den Charakter eines ethischen Appells haben, nicht einer völkerrechtlichen Verbindlichkeit. Jedoch sind auf dem moralischen Boden der Menschenrechtserklärung inzwischen regionale Menschenrechtspakete mit völkerrechtlicher Verbindlichkeit erwachsen, zum Beispiel die Europäische Menschenrechtskonvention und die Errichtung des europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. An die grossen Auswirkungen der Helsinki-Schlusserklärung und ihres «Korbes III» auf die innere Entwicklung des europäischen Kommunismus sei hier gleichfalls erinnert. In vergleichbarer Weise sind spätere rechtliche oder politische Auswirkungen der Verantwortlichkeitserklärung zu erhoffen.
Der Entwurf der Allgemeinen Erklärung der Menschenpflichten des IAC unterteilt sich in
• eine Präambel
• die fundamentalen Prinzipien für Humanität Art. 1 4
• die Gewaltlosigkeit und Achtung vor dem Leben Art. 5 7
• die Gerechtigkeit und Solidarität Art. 8 11
• die Wahrhaftigkeit und Toleranz Art. 12 15
• die gegenseitige Achtung und Partnerschaft Art. 16 18
• die Schlussbestimmung Art. 19
Er wiederholt in Art. 4 die «goldene Regel», die in allen Weltreligionen eine wichtige Rolle spielt und die Immanuel Kant in seiner verfeinerten Formulierung zum «kategorischen Imperativ» erhoben hat: «Was Du nicht willst, das man Dir tut, das füg auch keinem andern zu».
Enttäuschend ist, dass seit 1997 der Entwurf für eine Allgemeine Erklärung der Menschenpflichten des IAC sowohl in der Öffentlichkeit (auch nicht in der UNO) als auch in Fachkreisen kaum diskutiert wird. Wir sind der Meinung, dass es die ganz besondere Aufgabe der Freimaurer wäre, die Diskussion in Gang zu bringen. Durch die Behandlung dieses Themas in der Zeitschrift Alpina könnte hiezu ein wesentlicher Beitrag geleistet werden.
Zuerst werde ich die Wortgeschichte des Humors skizzieren. Anschliessend möchte ich versuchen, den Begriff als solchen zu klären, um dann einige Schlaglichter auf die Erscheinungsformen des Humors in verschiedenen Kulturen zu werfen. Dann erst werde ich untersuchen können, in wie fern der Humor in der Freimaurerei zu finden sein kann, darf oder soll, und ob man sich solchen allenfalls abgewöhnen oder aber erwerben müsste.
Das Wort Humor geht auf das griechische «chymos» zurück, aus dem das lateinische «umor» entstand. Beides heisst Saft oder Flüssigkeit und das davon abgeleitete Eigenschaftswort "umidus" (später «humidus») ist im französischen "humide" noch erkennbar. Die Lehre des griechischen Arztes Empedokles und seines Schülers Hippokrates von den tetra chymoi, den vier Körpersäften oder lateinisch den quatuor umores wurde vom römischen Arzt Galenus weiter entwickelt und blieb bis in die Neuzeit Grundlage der medizinischen Wissenschaft. Es ist die Lehre von den vier Körpersäften, des Blutes, des Schleimes, der gelben und der schwarzen Galle. Diese sind den vier Elementen zugeordnet und ihre Verteilung, bzw. ihr vorherrschender Einfluss, bewirkt das persönliche Temperament (von temperare = mischen, regeln, ordnen), also den Charakter des Sanguinikers (von lat. sanguis = Blut), des Cholerikers (von gr. chole = Galle), des Phlegmatikers (phlegma = Schleim) oder des Melancholikers (melan chole = schwarze Galle).
Seit dem 16. Jahrhundert findet man in der englischen Literatur die Bezeichnungen «good humour» oder «bad humour» und versteht darunter die Qualität der Säftemischung, welche eine gute oder schlechte körperliche und geistige Verfassung zur Folge hat. «Humour» kann seit dieser Zeit ganz einfach mit Laune oder Stimmung übersetzt werden, sofern es mit einem qualifizierenden Attribut versehen ist. Analog dazu finden wir im Französischen die Unterscheidung von «bonne humeur» und «mauvaise humeur», von guter und schlechter Laune. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts bezeichnet man mit «Humour» immer mehr das abweichende Verhalten von der gesellschaftlichen Norm, also Exzentrik, Manieriertheit und somit Lächerlichkeit, und schliesslich den sich so gebenden Menschen selbst, der zur Zielscheibe des Spottes und der Satire wird.
Im 17. Jahrhundert schreibt John Dryden:
«Humour is the ridiculous extravagance of conversation, wherin one man differs from all others.»
Bei Jonathan Swift finden wir anfangs des 18. Jahrhunderts den folgenden Vers:
«For wit and humour differ quite;
That gives surprise, and this delight.
Humour is odd, grotesque and wild,
only by affection spoil'd:
'tis never by invention got,
men have it when they know it not.»
Diese Beispiele zeigen deutlich die Wandlung der Wortbedeutung. Das Zitat von Swift belegt überdies, dass der «Humour» dem «Wit» begrifflich näher rückte und auch schon im Begriffsfeld des Lächerlichen und des Komischen lag.
Nachdem der englische Humorbegriff sich vom Ausdruck negativ abseitigen Verhaltens immer mehr zum positiv humanen gewandelt hatte, gelangte er im 18. Jahrhundert als Lehnwort nach Deutschland, wo vorerst ebenfalls die erste Silbe betont wurde. Wann die Akzentverschiebung erfolgte, konnte ich nicht eruieren. Auch der begriffliche Wandel vollzog sich parallel zu England. Während Lessing und Herder Humor noch eindeutig als Laune im Sinne des «bad or good humour» verstehen, hat das Wort im 1788 erschienenen Buch «Über den Umgang mit Menschen» von unserem Br. Adolph Freiherr von Knigge bereits weitgehend seine heutige Bedeutung: «Wahrer Humor und ächter Witz lassen sich nicht erzwingen, nicht erkünsteln; aber sie würken, wie das Umschweben eines höheren Genius wonnevoll, erwärmend, Ehrfurcht erregend. Mit munteren, aufgeweckten Leuten, die von ächtem Humor beseelt werden, ist leicht und angenehm umzugehen. Ich sage, sie müssen von ächtem Humor beseelt werden; die Fröhlichkeit muss aus dem Herzen kommen, muss nicht erzwungen, muss nicht eitle Spassmacherey, nicht haschen nach Witz seyn.» Die erste tiefschürfende Betrachtung des Begriffes findet sich in der 1804 verfassten «Vorschule der Ästhetik» des deutschen Dichters Jean Paul (Richter). Er unternimmt den Versuch, im Rahmen einer Vorlesungsreihe über literarische Ästhetik die Begriffe Humor, Komik, Witz und das Lächerliche, wenn nicht zu definieren, so doch eingehend zu beschreiben, gegeneinander abzugrenzen und zueinander in Beziehung zu setzen. Er stützt sich weitgehend auf Laurence Sterne und zitiert zahlreiche Beispiele aus der Weltliteratur. Seit dieser Zeit kann man sagen, dass es ein deutsches Wort Humor in der heutigen Bedeutung gibt.
Es ist verblüffend, festzustellen, dass das englische «humour» in allen romanischen, germanischen und slawischen Sprachen als Lehnwort existiert, und sogar im Chinesischen heisst es «you mo». Dabei ist seine Schreibweise besonders bedeutungsvoll, weil es zwar phonetisch übernommen, aber mit Schriftzeichen eigener Bedeutung dargestellt wird. So zeigt das Schriftzeichen für «you» (mit der Bedeutung dunkel, geheim oder fein) im Berg zweimal das Zeichen für klein oder fein und meint damit gewissermassen die Nadel im Heuhaufen, während «mo» (still, ruhig) aus schwarz und Hund zusammengesetzt ist. Ein schwarzer Hund ist im Dunkeln kaum wahrnehmbar. So wird der Sinn des Wortes ausserordentlich gut getroffen und ist himmelweit von dem entfernt, was z.B. bayuvarischer Bierhumor an Zaunpfahl-Lustigkeit zu bieten hat.
Es wäre nun an der Zeit, eine Begriffsklärung vorzunehmen. Das ist aber gar nicht so leicht, und wenn ich einen von Euch bitten würde, mir eine Definition für das Wort Humor zu geben, müsste wohl jeder, der die Aufgabe ernst nähme, vorerst kapitulieren. Vielleicht würde er auch das naheliegende Zitat "Humor ist, wenn man trotzdem lacht" anbieten. Ich sage "naheliegend", weil der Satz mit seinem naiven "ist, wenn" allbekannt und so prägnant ist, dass er von Wilhelm Busch stammen könnte. Bekanntlich steht es aber als Motto über Otto Julius Bierbaums "Neue Beiträge zur Kunst des Reisens". Diese Definition trifft aber nur einen Teil des Begriffskomplexes, nämlich den, der in seiner ausgeprägtesten Form als Galgenhumor bezeichnet wird. Denn der Humor umfasst unendlich viel mehr. Das wird deutlich, wenn man nur einige der vielen verwandten Begriffe aufzählt, also etwa schwarzer Humor, unfreiwilliger Humor, absurder Humor, Gazettenhumor, oder auch Scherz, Spass, Witz, Karikatur, Ironie, Satire, Wortspiel, Streich, Spott, Sarkasmus, Kalauer, Persiflage, Groteske, Burleske, Lächerlichkeit, Lustigkeit, Heiterkeit, Narretei und Komik. Alle diese Begriffe hängen irgendwie mit Humor zusammen, sind Arten oder Verwandte des Humors. Sie haben manches gemeinsam, aber keiner dieser Ausdrücke füllt den Begriff ganz. Das Verbindende besteht darin, dass sie alle etwas bezeichnen, das Lachen auslöst, Lachen in vielfach möglichen Formen vom kaum erkennbaren Schmunzeln oder Lächeln bis zum weithin schallenden homerischen Gelächter.
Physiologisch ist das Lachen die "koordinierte Kontraktion von 15 Gesichtsmuskeln, wobei gleichzeitig die Atmung verändert wird." Lachen ist übrigens etwas, das den Menschen noch deutlicher als etwa der Gebrauch von Werkzeugen oder die Sprache von der Tierwelt unterscheidet. Es wäre durchaus sinnvoll, den homo sapiens statt homo faber oder homo loquans "homo ridens" zu nennen. Zweifellos erfüllt der Lachreflex keinerlei biologischen Zweck. Er ist untrennbar mit seelisch-geistigen Vorgängen verbunden, zeigt sich aber wie auch das Weinen als primär unkontrollierte körperliche Reaktion auf ein Lustempfinden, das von primitiv sinnlicher Wohllust bis zu feinster spiritueller Delektion reichen kann. Vielleicht möchte jemand einwenden, das Kitzeln sei doch eine rein körperliche Reizung, die sehr deutliches Lachen auslöse. Dem würde ich entgegnen, er solle einmal versuchen, sich selber zu kitzeln. Er wird bestimmt nicht lachen! Auch eine Fliege löst mit ihrem Spaziergang auf der Nasenspitze kein Lachen, sondern bestenfalls Niesen aus. Werden jedoch besonders tastempfindliche Körperstellen durch eine andere Person auf mehr oder weniger sanfte mechanische Weise gereizt, folgt Kichern oder Lachen immer dann, wenn der Verursacher sympathisch ist, wobei zweifellos ein unterschwelliges Sexualempfinden wesentlich mitspielt. (Eine Ausnahme bilden merkwürdigerweise die Fussohlen.) Diese irrationale, rein emotionelle Lustempfindung finden wir schon beim Säugling, der sein Wohlbefinden oder die Geborgenheit beim Anblick der Eltern schon lange bevor er der Sprache mächtig ist, im Lächeln ausdrückt.
Im weiten Bereich des Komischen resultiert die Lustempfindung aus dem Gefühl der Überlegenheit, einer Sicherheit, die nicht wie beim Säugling in der Geborgenheit begründet ist, sondern vielmehr in der tatsächlichen oder vermeintlichen Sicherheit vor einem Missgeschick, im Bewusstsein der eigenen Klugheit, Geschicklichkeit und Wohlanständigkeit, kurz, der Überlegenheit gegenüber dem komischen Subjekt, dessen Tolpatschigkeit, professionelle Engstirnigkeit, menschliche Schwäche, nationale Eigenheit, aber auch in der Schadenfreude über eine unsinnige Assoziation oder Gedankenkombination, eine absurde Logik, die man selber natürlich durchschaut.
Wir können nicht zum Verständnis des Begriffes Humor vorstossen, ohne wenigstens einen der wichtigsten Verwandten erklärt zu haben: den Witz. Oft wird er nämlich mit Humor verwechselt, und selbst in der so hochgeistigen Zeitschrift Alpina fand man schon unter dem Titel "Humor" nur eine Sammlung mehr oder weniger guter Freimaurerwitze. Das deutsche Wort "Witz", das ursprünglich wie das englische "wit" klugen Sinn und Verstand meinte, engte seine Bedeutung immer mehr ein, bis es zum Ausdruck für eine pointierte anekdotische Kurzerzählung wurde. Die geläufige Frage "Was ist der Witz von der Sache?" weist noch auf die ursprüngliche Bedeutung hin. Heute aber versteht jeder das Wort ganz spezifisch, und es ist eine eigenartige Erscheinung unserer Spätkultur, dass der Witz zu einem der verbreitetsten Bestandteile der Trivialunterhaltung geworden ist. Eine Erscheinung übrigens, die sich in fast allen degenerierenden Kulturen feststellen lässt, während sie in wachsend florierenden und gesunden Zivilisationen weitgehend fehlt. Man könnte fast meinen, der Witz wäre ein signifikantes Ersatzprodukt mangelnden Lebensgefühls. Freud teilt die Witze in vier Kategorien ein: entblössende (obszöne), aggressive (feindselige), zynische (kritische oder blasphemische) und skeptische, in denen die Sicherheit unserer eigenen Erkenntnis angegriffen wird. Der echte Witz hat immer eine Tendenz. Man nimmt etwas oder jemanden "aufs Korn". der Witz verfolgt eine bewusste oder unbewusste Absicht. Wo diese fehlt, handelt es sich nur um eine Vorstufe, um einen Scherz, der aber die gleiche Technik aufweisen kann. Die Technik des Witzes besteht in der spielerischen Verkoppelung von widersinnigen oder unsinnigen Wörtern oder Vorstellungen, die oft aus einer Mehrdeutigkeit des Wortlautes erreicht wird. Solche Wortspiele kommen als rein spielerische Scherze oder als tendenziöse Witze vor. Ein Beispiel wäre die zweifellos tendenziöse Schilderung Heinrich Heines von einem Essen bei seinem reichen Onkel, wo es ganz "famillionär" zugegangen sei. Wo die Tendenz ohne die Technik des Witzes vorliegt, handelt es sich nur um Spott, der in seiner geistreicheren Form auch Satire, in zynischer Absicht Sarkasmus sein kann. Auch beim Witz ist das Hauptmotiv die Lustempfindung. Freud charakterisiert den Witzeerzähler als einen "zwiespältigen, zu neurotischen Erkrankungen neigenden Menschen mit dem Ehrgeiz zur Exhibition und verdrängten Trieben". Wer Zoten liebt, ist mit Sicherheit eine Person, die ihren Voyeurtrieb verdrängt. Der Lustgewinn des Zuhörers besteht darin, dass der Erzähler das widersinnige oder obszöne ausgesprochen hat und ihm so den psychischen Aufwand erspart hat, die Hemmung zu überwinden, die normalerweise an der Artikulation hindert. Diese Lust durch ersparten psychischen Aufwand ist der Witz des Witzes. Für den Erzähler selbst besteht der Lustgewinn im eigenen Überspringen der Hemmung, in der enthemmten Äusserung von Wörtern und Gedanken. Er hat sich den psychischen Aufwand sich gesellschaftlichen Zwängen des Anstandes oder den Regeln und Gesetzen der Logik zu fügen, erspart. Dass das Witze erzählen übrigens noch lustvoller zu sein scheint als das blosse Anhören, beweist die Tatsache, dass die meisten Zuhörer, sobald der erste Witz gefallen ist, sofort auch selber etwas aus ihrer Mottenkiste hervorgraben, und das ist dann meistens das Ende jeder vernünftigen Unterhaltung. Die Qualität des Witzes liegt in der Technik der Verblüffung, in der Kombination und Gegenüberstellung des inkongruenten, in der absurden Logik oder in deplazierter Folgerichtigkeit. Deshalb sind die besten Witze die, welche ein schlagfertiger und geistig beweglicher Mensch aus der Situation heraus erfindet. Denn wer selber Witz hat, muss keine Witze erzählen!
Humor ist dem Komischen wie dem Witz verwandt. Im Gegensatz zur Komik, die sich bei einer anderen Person zeigt, ist der Humor nur in eigener Sache möglich. Man findet sich selber niemals komisch, denn man kann sich ja einer eigenen Schwäche nicht überlegen fühlen. Wenn es aber gelingt, das eigene Missgeschick zu relativieren, es nicht ernst zu nehmen, dann hat man zwar nicht wie beim Witz einen psychischen Aufwand erspart, aber der Lustgewinn besteht analog dazu im ersparten affektiven Aufwand. Und der Humor ist nie tendenziös.
Selbstmitleid, Ärger, Schmerz, Rührung, Grausen oder Ekel kann man sich mit Humor ersparen, und den Lustgewinn aus solchen ersparten Affekten kann man den gewöhnlichen oder kleinen Humor nennen.
Wenn die Seelengrösse oder Erhabenheit eines Menschen so hoch entwickelt und eine heitere Ausgeglichenheit zu seiner Grundstimmung geworden ist, dass er auch in den heikelsten Situationen Ruhe, Abstand und Überlegenheit bewahren kann, dann hat er den reinen Humor, die höchste Stufe humaner Grösse erreicht. Dann ist er weise und tolerant, also das, was wir Freimaurer uns zum Ziel gesetzt haben. Ein solcher Mensch misst sein persönliches Missgeschick am ungleich grösseren der ganzen Menschheit, und er sieht seine vergleichsweise unbedeutenden Probleme unter dem Blickwinkel der Ewigkeit, wo deren Bedeutung verblasst. Er ist stark genug, nicht recht haben zu müssen, und somit tolerant. Der reine Humor weiss um die Schlechtigkeit dieser Welt, aber er resigniert nicht, sondern akzeptiert sie als Basis, auf der das Gute getan werden muss. Reiner Humor ist pessimistisch, aber mit starkem Glauben an das Gute. Deshalb schwingt im reinen Humor immer ein Hauch von Ernst und Traurigkeit mit. Der Lustgewinn aus erspartem Affektaufwand vollzieht sich im Gegensatz zum Witz in aller Stille. deshalb ist sein Ausdruck nicht das laute Lachen, sondern das stille Lächeln. Witz und Komik sind lustig; Humor ist heiter. Damit kann ich die wichtigsten Wesenszüge des Humors wie folgt zusammenfassen: Humor ist das objektive Bewusstsein subjektiver Befindlichkeit, welches das Endliche am Unendlichen misst. Humor ist bescheiden aus Einsicht und überlegen aus der Freiheit des Urteils. Sein Ausdruck ist das verstehende Lächeln.
Wir haben gesehen, dass der Humor als Wort und als Begriff noch sehr jung ist. Was aber war vorher? Existierte der Humor vor dem 17. Jahrhundert noch nicht, oder gab man ihm keinen Namen, weil man ihn noch nicht kannte? Die Naturgesetze existierten ja auch schon seit Beginn des Universums, und doch konnte man sie erst benennen, als sie erkannt und verstanden wurden. Wenn wir den Humor in den alten Kulturen aufspüren wollen, sind wir auf literarische Überlieferung angewiesen. Nun haben wir aber gesehen, dass Humor etwas sehr subjektives ist, das sich nicht losgelöst von der Person manifestieren kann. Es gibt viele witzige, komische, satirische Texte. Humor habe ich in der Literatur alter Zeiten nicht gefunden. Auch Persönlichkeiten, die in alten Schriften geschildert werden, zeigen allenfalls ein närrisches Verhalten, reden witzig und geistreich, geben sich vielleicht verständnisvoll nachsichtig, zeigen aber keine Haltung oder Weltanschauung, die im echten Humor begründet wäre. Man könnte von Sokrates annehmen, er hätte Humor gehabt, aber wir kennen ihn nur aus zweiter Hand, aus den Texten von Platon und Xenophon. Ihre Ehrfurcht vor dem Weisen verbot ihnen jede Relativierung, und sie bemühten sich, nicht den Menschen, sondern den Denker und seine Philosophie darzustellen. Philosophie aber ist immer der Versuch, das Universum möglichst objektiv zu erfassen und gültig zu erklären. Auch bei Jesus von Nazareth, von dem in der Bibel nirgends gesagt wird, er hätte einmal gelächelt oder sei fröhlich gewesen, findet sich kein Humor. Dasselbe gilt von anderen Religionsstiftern, und das ist durchaus nicht abwertend gemeint, denn wer sich als Sohn oder Beauftragter Gottes darstellt, kann selbstverständlich weder sich selbst, noch gar seine Botschaft, relativieren. Die von ihm verkündete Wahrheit ist für ihn und seine Gläubigen absolut. Aus dem gleichen Grund kann man auch von einem Papst keinen Humor erwarten. Solcher findet sich erst auf den unteren Stufen der kirchlichen Hierarchie. Anders steht es mit östlichen Lehren. Buddha ist fast ein Sinnbild abgeklärter Heiterkeit, aber seine Heiterkeit stammt nicht aus der Akzeptenz, sondern aus der Ablehnung und Überwindung der schlechten Realität. Sie ist weltabgekehrt und hat deshalb mit dem sehr diesseitigen Humor nichts zu tun. Konfuzius hingegen, der keine Gottheit vertrat und sich nur als Lehrer der Menschen im ewigen Walten der Naturgesetze sah, zeigt alle Merkmale des Humors. Auch wenn wir ihn nur aus den Schilderungen seiner Schüler und überlieferten Zitaten kennen, lässt sich dieses aus mehreren Episoden herauslesen. Seine Lehre ist nichts anderes als das Bestreben, das unbestreitbar Schlechte im Glauben an das Gute zu ertragen und zu überwinden, aber im Bewusstsein, dass dies letzlich nicht möglich ist. Was er mit "ren" als das richtige Verhalten der Menschen bezeichnet, ist eigentlich nichts anderes als echter Humor. Die Römer pflegten die von den Griechen übernommene Komödie, waren Meister der Satire und hatten in Martial einen Virtuosen des geistreichen Epigramms. Quintilian unterstreicht in seiner "Rhetorik" die Bedeutung der witzigen Rede. Humor aber besassen sie alle nicht, so wenig wie ihre Nachfahren, die Italiener. Denn eigenartigerweise scheint der Humor etwas zu sein, was gewissen Völkern auch heute noch fehlt. Auch bei den Franzosen finden wir zwar in hohem Masse den "esprit", das geistreiche Gespräch, aber kaum den Humor. Vermutlich liegt es darin, dass den lateinischen und südlichen Völkern der so sympathische Optimismus eigen ist, während Völker in klimatisch weniger freundlichen Zonen eher dem Pessimismus zuneigen. Dieser aber ist, wie wir gesehen haben, eine Voraussetzung für den Humor.
Aus dem bisher gesagten geht hervor, dass der Humor in unserem Kulturkreis tatsächlich erst seit etwa dreihundert Jahren existiert. Das ist nun verständlich, denn wenn Humor nur aus dem mündigen Urteil heraus und in der Fähigkeit zu relativieren möglich wird, dann schaffte eben erst die Aufklärung diese Voraussetzungen. Die neu gewonnene Mündigkeit und der Mut zum eigenen Urteil befähigten die Menschen, losgelöst von kirchlichen Dogmen eigene Verantwortung zu übernehmen. Was vorher bei einzelnen grossen Persönlichkeiten vielleicht denkbar war, wurde nun jedem zugänglich, der über die nötige Bildung und Weitblick verfügte. Die persönliche Freiheit ermöglichte nun, dass das Einzelphänomen, das zwar immer noch wenigen vorbehalten blieb, für die Allgemeinheit immerhin zum erkennbaren Begriff wurde. Der grosse und reine Humor blieb zwar als seltene Gabe den meisten verschlossen, aber den kleinen Humor konnten und können sich viele leisten. Da allerdings auch der von der Masse der Engstirnigen und Intoleranten nur bedingt aufgebracht wird, begnügt man sich mit Spässen und Witzen, lacht gerne über andere und nennt die Lust der Schadenfreude Humor. Wir alle haben heute die Möglichkeit zur Freiheit, aber wir sind in so vielen Denkmodellen und Konventionen gefangen wie eh und je. Wer allerdings die Freiheit des Denkens und Handelns grundsätzlich verneint, wie dies gewisse psychologische Schulen tun, der erhebt seine Humorlosigkeit zum unabänderlichen Naturgesetz.
Ich habe bis jetzt nur vom Humor und mit keinem Wort von den Freimaurern gesprochen. Ist dies überhaupt noch nötig? Wenn wir für uns eine freie Denkungsart, Toleranz und Selbstveredlung anstreben, sollte man annehmen, dass dem rechten Bruder vor allem auch Humor eigen wäre. Alle Logen müssten Hochburgen weiser Heiterkeit sein, und das Lächeln wäre ein signifikanteres Abzeichen als Winkelmass und Zirkel im Knopfloch, auf der Krawatte oder auf den Manschettenknöpfen. Aber leider klingen auch bei den Freimaurern manche Rituale, wohlmeinende Tempelreden und wissensträchtige Baurisse manchmal überhaupt nicht heiter. Sie erinnern an gewisse Predigten in der Kirche, wo das "Seid fröhlich und frohlocket!" statt hoffnungsvoll nur weinerlich klingt und das nicht ganz abwegige Wort von Nietzsche, dass die Christen ihm eigentlich viel erlöster vorkommen müssten, verständlich macht. Schulmeisterliche Belehrung kann nicht zu heiterer Freiheit des Geistes erziehen! Unser Licht aus dem Osten darf nicht durch das Dunkel der Esoterik verdüstert werden! Wir wollen uns nicht verbissen vor uns hin veredeln, sondern mit aller Kraft das weise und schöne Beispiel der Zuwendung geben. Mir persönlich ist ein fröhlicher Eiferer immer noch lieber als ein toleranter Griesgram. Heitere Toleranz aber, die im reinen Humor, in der Grösse der freien Persönlichkeit begründet ist, kann erst das wahre Ziel des echten Freimaurers sein! R.P. Marchev
Es ward Licht in der Welt, und die Fluren erstrahlten in der Sonne.
Aber mit dem Tag entstand auch die Nacht.
Es wurde Abend und die Sonne ging unter.
Die Menschen fürchteten das Dunkel.
Der Mond erbarmte sich ihrer.
aber sein Schein war nur ein fahler Abglanz der Sonne
und es war kalt.
Die Menschen sehnten sich
nach einem immer währenden, wärmenden Licht.
So vergingen Jahrmillionen.
Die Menschen hatten gelernt, das Licht zu bändigen.
Ihre Lampen und Scheinwerfer erhellten alles auf Knopfdruck.
Die Menschen hatten gelernt, die Kälte abzuwehren.
Sie nähten warme Kleider und heizten ihre Öfen.
Sie entwickelten Maschinen und eroberten die Kontinente.
Sie entwickelten die Wirtschaft, und etliche kamen zu Wohlstand.
Aber die dunkeln Schatten von Krankheit und Tod, von Hunger und Elend,
von Verlogenheit und grausamen Kriegen konnten sie nicht bändigen.
Das Leben in der hellen Welt blieb düster.
Manche schöpften Hoffnung aus einem Buch,
das ihnen Gerechtigkeit und Liebe verhiess,
aber es blieb bei der Verheissung.
Manche zogen ihren Lebenskreis mit dem Zirkel,
und schlossen alle aus, die sich ausserhalb befanden.
Manche versuchten, ihr Handeln nach dem Winkelmass zu richten,
aber das starre Recht schloss die Gerechtigkeit aus.
Das nannten sie ihre drei Grossen Lichter,
und der Sinn ihres Menschseins blieb dunkel.
Weise berieten sie, aber man verstand sie nicht.
Starke unterstützten sie, aber sie fühlten sich bedrängt.
Kunst inszenierte Schönheit, aber sie gefiel nicht.
Das nannten sie ihre drei Kleinen Lichter.
und der Sinn ihres Menschseins blieb dunkel.
Im Glanz der Laternen, im Schein der Grossen und Kleinen Lichter
bauten sie sich ihre eigene Welt, und diese warf immer grössere Schatten.
Die Seele der Menschen blieb kalt.
Endlich kam ein Weiser aus dem fernen Osten und sagte:
Nur wenn wir selber Lichter sind,
können wir unsere Umgebung erleuchten
und die Schatten aufheben.
Und er entzündete ein Licht in ihrem Herzen und sagte:
Das ist die Heiterkeit, und sie ist schön.
Sie überwindet Kummer und Sorgen.
Sie strahlt aus und macht das Leben leichter.
Sie lächelt über die Schwächen der andern.
und löscht die bedrohlichen Flammen der Leidenschaften.
Sie freut sich am Kleinen und fürchtet nicht das Grosse.
Sie lauscht dem Murmeln des Bächleins
und versteht das Wüten des Sturmes.
Die Menschen fühlten sich leichter, aber einsam
und ihr Dasein blieb kühl.
Da entzündete der Weise ein zweites Licht in ihrem Herzen und sagte:
Das ist die Zuwendung und sie ist stark.
Sie wärmt und überwindet die Kälte.
Sie strahlt aus und schafft Freundschaft.
Sie leuchtet als reine Flamme der Liebe,
und die Menschen kommen sich näher.
Sie verstehen die Sorgen der Andern
und wollen sie mit ihnen teilen.
Aber die Menschen fühlten sich beengt
und ungebetene Hilfe bedrängte sie.
Da entzündete er ein drittes Licht in ihrem Herzen und sagte:
Das ist die Sittlichkeit, und sie ist weise.
Sie schafft Verstehen und überwindet die Selbstsucht,
Sie respektiert die Ansprüche der Mitmenschen.
Sie fühlt die Nöte der Andern, ohne ihnen Almosen aufzudrängen.
Sie findet die passenden Worte
und weiss, wo sie schweigen soll.
Die Menschen erkannten die Brüderlichkeit,
die den Nächsten achtet, auch, wenn er ihn nicht lieben kann.
Die klare Sicht gab ihrem Wandel Sicherheit
Und ihren Schritten Festigkeit.
So entstand die wahre Freiheit, im freudigen Verzicht
und im grenzenlosen Raum der Fantasie,
aus der Einsicht, dass keine Not so gross ist, wie sie sein könnte,
in der bescheidenen Einschätzung der eigenen Bedeutung
und im Erkennen der eigenen Grenzen;
aus dem Bedürfnis nach Freundschaft,
dem beglückenden Empfangen,
dem beseligenden Geben
und dem gegenseitigen Vertrauen;
aus dem Respekt vor der allgemeinen Sittlichkeit,
dem achtungsvollen Abstand,
der taktvollen Rücksichtnahme
und den geglätteten Formen, welche die Roheit ausschliessen.
In dieser Freiheit wurden die Menschen glücklich.
Ihr Glück strahlte aus und erhellte ihre Umwelt,
und eigene Würde verbürgte die Würde der andern.
So fanden sie immerwährendes Licht,
weil ihre inneren Lichter ein Teil davon waren
und ihrem Leben einen Sinn gaben.
Nun lasst uns die Kleinen Lichter decken!
Weisheit in der Sittlichkeit!
Stärke in der Zuwendung!
Schönheit in der Heiterkeit!
Und auch die Grossen Lichter wollen wir versorgen.
Unsere inneren Lichter aber sollen weiter brennen!
Lasst sie leuchten!
Lasst sie wärmen und erhellen!
Und lasst sie niemals ausgehen!
Die Grossen und Kleinen Lichter halten wir verborgen;
aber die profane Welt wird uns an den inneren Lichtern erkennen.
Also hütet die Flämmchen und reicht sie weiter!
So könnte aus Myriaden von Lichtpunkten eine neue Sonne erstehen,
eine Sonne, die nie untergeht
und die auch die Nacht zum heiteren Tag werden lässt.
Nicht eines dieser Lichter kann allein bestehn,
nur alle drei zusammen schenken Wohlergehn.
Die inneren Lichter kann man nicht beschreiben,
nicht malen, nicht hören und nicht ertasten,
aber sie werden erkennbar in unserem Lächeln.
Wir wollen heut’ gemeinsam und erneut
den Arbeitsgeist und unser Werkzeug prüfen,
damit der Bau gelinge und gedeihe.
Was soll der Bau, von dem die Rede ist?
Es ist ein Tempel für die ganze Menschheit;
zugleich ein Tempel für die Menschlichkeit,
wo alle Menschen friedlich sich begegnen,
wo Streit und Hader keinen Zutritt haben,
wo alle brüderlich zusammenfinden
in Toleranz, in Achtung und Respekt,
wo keiner andre täuscht und keiner trügt
und wo die Missgunst keine Nahrung findet,
weil jeder brüderlich mit jedem teilt
und sich am Glück des andern ehrlich freut.
Wie gross soll dieser Bau am Ende werden?
So gross, dass er die ganze Welt umschliesst,
und nicht die Menschen nur, auch Tiere, Pflanzen,
die ganze Schöpfung sei mit eingeschlossen,
und alle Elemente haben daran teil,
das Wasser, Luft, das Feuer und die Erde.
Wir wollen alle sie uns rein erhalten
als Dank für alle Gaben der Natur,
aus Mitgefühl mit jeder Kreatur.
Sie sollen in dem Kreis der Menschlichkeit
mit eingeschlossen sein in Ewigkeit.
Ein grosser Bau wie dieser hehre Tempel
wird, wie der Turm zu Babel, nie vollendet,
wenn ihm kein klarer Plan zu Grunde liegt,
nach dem sich alle Maurer richten können.
Baut jeder nur drauf los nach Lust und Laune,
kann so ein Werk doch niemals je erstehen.
Habt ihr die grossen Lichter schon vergessen?
Und welches ist denn deren erstes, sprecht!
Es ist die Bibel, doch sie ist kein Plan,
ein schönes Buch, doch ohne klaren Nutzen!
Und ist es wirklich nur die Bibel, die
für unsre Arbeit einzig tauglich wäre?
Sie ist es wohl für uns, weil ihren Lehren
seit früher Jugend man uns folgen hiess,
doch andre Bücher, die an Wert und Tiefe
vergleichbar sind, wag' ich nicht auszuschliessen.
Doch sag', wie sollen wir die vielen Worte
in Striche, Masse, Winkel übersetzen?
Was dient uns Weisheit, die nur Weisen dient?
Wer gibt uns einen Plan, den wir verstehen?
Wenn ihr beklagt, dass ihr nicht weise seid,
was tut ihr denn, um Weisheit zu erlangen?
Habt ihr's mit Lernen schon versucht, mit Lesen,
mit Fragen an Erfahr'ne, an euch selber?
Natürlich haben wir uns auch bemüht, doch leider
sind wir aus vielen Büchern nicht recht klug geworden.
Wohl haben wir gelernt, doch will der Alltag
deutliche Weisung, keine weise Deutung.
Und deshalb fehlt euch nun der Mut zur Arbeit?
die Stärke und die Lust zu eurer Pflicht?
Wir bräuchten einen Architekten, der
in klarer Sicht sich sein Projekt erträumt
und uns als weiser Meister leitend führte,
der unser Handwerk einzusetzen wüsste.
Mir ist ein solcher Architekt bekannt.
Bemüht euch nur! Auch euch wird er sich zeigen.
Vertraut auf ihn und nehmt sein Buch zur Hand
und macht sodann euch dessen Sinn zu eigen!
Du leitest unsre Arbeit und wir folgen
gern deiner Weisung auch, ehrwürd'ger Meister,
doch sag', was ist der Grundsatz deiner Leitung?
Ich wäre, wenn ich könnte, gern gerecht,
doch weiss ich nur zu gut, wie schwer es ist.
Nur immer recht zu tun, ist schon zu schwierig
und wie viel mehr sogar, gerecht zu sein?
Das Recht ist klar gefasst und gilt für alle,
doch eben darum ist es nicht gerecht!
Das Recht des einen wird des andern Unrecht,
wenn es die Umständ' nicht in Rechnung zieht.
Man kann den Dicken und den Dünnen nicht
gewaltsam in die gleiche Hose stecken.
Man mag für jeden gleichen Stoff verwenden,
der Schneider aber schneide nach dem Mass.
Was soll das Winkelmass dir denn dazu,
das dir doch nur den rechten Winkel zeigt,
das unveränderlich mit 90 Graden,
und diesen stets, nur zur Verfügung steht?
Das Winkelmass zeigt streng, wie ich und wann
der Striche Richtung richtig richten kann,
doch ihre Längen bleiben unbeschnitten
und mir obliegt's, die Masse einzumitten.
Was zeichnet nützliche Beamte aus,
den Brüdern beispielhaft voranzugehen?
Ich dächt' vor allem Zuverlässigkeit,
dazu erforderliche Gründlichkeit,
sich pünktlich bei der Arbeit einzufinden
und auf das Werk sich gründlich vorbereiten,
den andern Brüdern stets voraus zu sein
im Wissen und im Können und im Wollen.
Ich freu' mich, dass ich auf euch zählen kann
und dass ihr wisst, was ihr auch wollen sollt.
Doch was wir dazu auch noch dringend brauchen
ist deine Hilfe, deine Unterweisung,
den Rat der ältern und erfahr'nen Brüder,
weil dieses hilft, unnöt'ge Fehler meiden.
An meiner Hilfe soll es euch nicht fehlen.
So bilden wir ein trefflich Dreigespann,
das andere Beamte unterstützen,
ganz so wie ihr, getreu und pflichtbewusst.
Lasst uns zusammen kunstvoll weiterbauen,
bemüht, im gegenseitigen Vertrauen,
die brüderliche Liebe vorzuleben,
und damit stets das gute Beispiel geben.
Was aber tun die andern Brüder Meister,
von denen viele nicht Beamte sind?
Es scheint, sie alle seien unbeschäftigt
und warten auf ein Amt, das sie erhebt.
Ist es das Amt, das uns erhoben hat?
Sind es nicht uns're Brüder, die uns wählten,
weil sie uns für das Amt befähigt hielten?
So müssen wir vor allem nun beweisen,
dass wir des Amtes wirklich würdig sind.
Und wer kein Amt hat, wär' dazu nicht würdig?
Klingt das nun nicht ein wenig überheblich?
Ein wenig? Ganz erheblich überheblich!
Und deshalb halt' ich es für ausgeschlossen,
das ein Beamter diese Meinung hätte.
Doch wär's nicht schmeichelhaft, wenn and're Meister
vielleicht aus falschem Ehrgeiz solches glaubten?
Das könnte doch auch unser Anseh'n heben
und uns besonderen Respekt verschaffen?
Meint ihr, dass, wer für Schmeichelei empfänglich,
je Anseh'n und Respekt gewinnen könnte?
Doch kenn' ich euch zu gut, um eure Fragen,
in diesem Falle nicht ganz ernst zu nehmen.
Darüber sind wir froh und dankbar, aber
wenn nun ein Bruder vielleicht doch so dächte?
Geselle oder Lehrling, unerfahren,
wohlmeinend doch in solchem Irrtum lebte?
Dem Lehrling müssten wir es wohl verzeihen,
und wohlgemut auf seine Reifung hoffen,
doch ein Geselle sollte mehr verstehen,
wenn er schon bald ein Meister werden will.
Und jeder echte Maurer weiss genau,
dass ihm ein Amt in uns'rer Loge nicht
das einzig wünschenswerte Ziel sein kann
und dass er nicht nur deshalb Meister wird.
Als Lehrling und Geselle hat er fleissig
die Stärke uns gezeigt, die wir erwarten.
Nach harter Prüfung ist er dann in Schönheit
zum würd'gen Meister erst erhoben worden.
Und nun soll er mit seiner ganzen Kraft
versuchen, auch die Weisheit noch zu finden.
So soll er allen Brüdern Vorbild sein
mit klugem Rat und beispielhaftem Wandel.
Und jedes Amt ist nur für kurze Zeit
ein Auftrag, den die Brüder ihm gegeben.
Wenn man ihn sehr und sogar ungeheuer
ehrwürdig nennte, gilt er doch nicht mehr,
als jeder uns'rer würd'gen Brüder Meister.
Und eines echten Meisters echte Würde
ist mehr als jedes Amtes Ehrenbürde.
Womit wird unser grosses Werk errichtet?
und womit bauen wir uns starke Mauern?
Wir nehmen feste, gut behau'ne Steine,
ganz ohne morsche Beulen, ohne Spitzen,
mit glatten Flächen und geraden Kanten,
die leicht und schön sich in die Mauer fügen,
die in der Form geeignet, einzupassen,
doch in dem Kern aus echtem Mineral
mit eig'ner Festigkeit, die die Natur ihm gab
und das wir äusserlich nur glätten wollen.
Wo findet Ihr die Steine, die wir brauchen?
Sie liegen überall, noch roh und rauh.
Wir müssen uns nur müh'n, sie einzusammeln,
ihr Inneres, den Kern, genau zu prüfen,
ob sie für unsern Zweck sich eignen werden.
So zeigt mir einen solchen rauhen Stein!
Ist's der, der hier vor meinem Tische liegt?
Nein, dieser soll uns nur als Sinnbild dienen,
um uns an uns're Arbeit zu erinnern.
Dann zeigt mir doch den echten rauhen Stein!
Der echte Stein, das sind wir alle selber,
den wir ohn' Unterlass behauen müssen.
Wird unser Stein durch fleissiges Behauen
auch ideal sein, jeder jedem gleichen!
Das würd' beim besten Willen nicht gelingen
und kann auch niemals uns're Absicht sein.
Wir wollen ihn nur mauertauglich machen,
als Baustein passend für das grosse Werk.
Ein jeder aber gilt mit seinen Gaben
als Stein und Mensch, das, was er ist und hat.
In diesem Sinne bleibt ein jeder stets
ein Lehrling, selbst, wenn er schon Meister wäre,
denn keiner hat im Leben jemals ausgelernt.
Doch kann ein guter, kunstbefliss'ner Maurer
auch wenn die Steine kleine Fehler haben,
sie dennoch fachgerecht zur Mauer fügen.
So lasst uns freudig denn beim Steinbehauen
stets unser'm Können und uns selbst vertrauen,
zum Mauerbau gesunde Steine schichten,
mit Zuversicht den grossen Bau errichten.
Wer ist's, der uns're festen Mauern baut?
Das sind die lieben, tüchtigen Gesellen.
die wir in ihrer Lehrzeit ausgebildet,
geprüft und schliesslich freigesprochen haben
Und müssen diese nun nichts and'res tun
als unermüdlich Stein auf Stein zu legen?
Wär' es nur das, sie bräuchten keine Lehre,
und jeder Lehrling könnt' es ebenso.
Doch will man keine Wälle, sondern Mauern,
die nicht zu dick und trotzdem fest erstehen,
muss man die Kunst mit Fleiss und Eifer lernen
bis man das rechte Augenmass gewonnen.
Ein Stein soll nicht allein durch seine Last
getragen werden und die andern tragen.
Der Mörtel erst verleiht ihm Festigkeit.
Und wie der Mörtel, richtig aufgetragen
und gut gemischt, nicht allzu dünn noch dick,
so müssen auch wir Menschen stets versuchen,
der Liebe rechtes Mass zu finden und zu halten.
Sie soll nicht fesseln aber auch nicht trennen.
Der rechte Abstand lässt Respekt erkennen
und garantiert doch Nähe bei den Seinen.
Das ist der Mörtel in den Mauersteinen.
Ist es auch Stärke, was wir Liebe nennen?
Man sagt doch auch: "Ich habe eine Schwäche",
wenn etwas einem lieb und wert erscheint?
Du fühlst dich nur vor einem Stärkern schwach,
gerade weil du ihm nicht widerstehen kannst.
So ist auch echte Liebe unbezwinglich.
Die Liebe ist es, die die Freundschaft kittet;
nur sie allein kann schwache Menschen stützen
und nur so lang sie dauert, ist sie stark!
Und Stärke, die nicht dauert, ist nicht Stärke.
Das wäre nur die rasch erlahmte Kraft,
die kurze Wirkung hat und nichts verändert.
Und jene Stärke, die als Lieb' uns lacht,
zufrieden, heiter, froh und glücklich macht,
sie darf bei unserm Werke niemals fehlen,
um Weisheit, wie auch Schönheit zu beseelen.
Wie wird die Schönheit unsern Tempel zieren?
Er wird mit seinen Mauern, seinen Türmen
Bewund'rung weckend in den Himmel ragen.
Er wird mit seinen Schiffen und Apsiden
das ganze Universum in sich bergen.
Doch seine Schönheit ist nicht Pracht und Prunk,
sie zeigt sich in der reinen klaren Schlichte,
in Harmonie von allen Proportionen,
im weisen Mass der Mitte allen Seins.
Der Boden bildet eine einz'ge Fläche,
und keine einz'ge Stufe böte Platz,
dass einer über and're sich erhöbe.
Er leuchtet ungetrübt in reinem Weiss.
Wo böses fehlt, gibt's kein musivisch Pflaster.
Die Säulen ragen schlank hinauf zum Himmel;
sie brauchen dazu keine schrägen Stützen.
Sie tragen ein gewaltiges Gewölbe,
von Pfeilern geisterhaft gehoben,
das alles schützend schliesst und überdacht.
Und wie gelangt das Licht in diesen Tempel?
In seiner Ost- und Süd- und Westfassade
da werden herrliche drei Rosen glänzen,
ein Wunder der Natur zu Stein geworden,
ein Bild der Liebe und Verschwiegenheit.
Durch ihre bunten Gläser wird das Licht
zu jeder Tageszeit in allen Farben spielen.
Und was erfüllt die weiten Tempelhallen?
Des Orgelklangs gewaltig reiche Fülle,
die aus der Tiefe in die Höhe steigt
und dort sich bricht und spielend im Gewölbe
bewegte, leichte, lichte Linien zeichnet.
Wir haben viel vom Tempelbau gesprochen,
von seiner Grösse, seiner Höh' und Weite,
und jeder muss sich fragen, ob der Tempel
denn jemals wirklich fertig werden könnte.
Im alten China lebte einst ein Bauer,
der auf dem Weg zur Stadt viel Zeit verlor,
weil ihn ein hoher Berg zum Umweg zwang.
Und so beschloss den Berg er abzutragen.
Er nahm die Schaufel alsbald auch zur Hand,
um seinen grossen Plan ins Werk zu setzen.
Die Nachbarn lachten über den Verrückten,
der ja wohl keinesfalls in seinem Leben
mit solch gewalt'ger Arbeit fertig würde.
Er aber sprach: Ich habe doch drei Söhne
und Enkel, diese Kinder und so fort.
Sie werden das, was ich begonnen habe
in meinem Sinne treulich weiterführen.
Ich werd’ es nie erleben, aber einst
in vielen, vielen Jahren wird's geschehn,
dass einer graden Wegs zur Stadt kann gehn.
Habt Dank! Und Dank auch diesem weisen Bauern!
Wenn wir getrost und fröhlich weiter mauern,
wird unser Werk uns alle überdauern!
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