Alpina 3/2002
Was ist Gewalt? «Gewalt in unserer Gesellschaft» heisst das Thema der
Märznummer der «Alpina». Sicher geht es nicht darum, ob wir Freimaurer für
oder gegen die Gewalt sind. Wir Freimaurer sind gegen jede Art von Gewalt,
wenn sie unrecht ist. Wenn wir aber die Zeitungen und Zeitschriften
anschauen, wenn wir den Fernseher einschalten, begegnen wir überall der
Gewalt. Was können wir als Freimaurer dagegen tun, das ist die entscheidende
Frage: Gegen die Fülle von unrechtmässiger Gewalt und Unrecht in der Welt.
Wenn wir die Zahl der Freimaurer betrachten, müssen wir uns zugestehen, dass
wir so gut wie nichts ausrichten können, dass wir die Welt der Gewalt nicht
aufhalten können. Was wir tun können, ist bescheiden: Wir können unsere
Stimme erheben gegen Unrecht und Gewalt. Wir können uns an unserem Platz, in
der Familie, aber auch am Arbeitsplatz darum bemühen, der Gewalt Einhalt zu
gebieten. Und sei es nur durch unser Vorbild. Die Medien kultivieren Hass und Gewalt. Diese Entwicklung
macht leider auch vor den Türen der Logen und der Freimaurerei nicht halt.
Wir sind als Freimaurer betroffen. Wir müssen uns auf unsere Grundwerte
besinnen und aktuelle Probleme diskutieren, wenn wir unserer
freimaurerischen Arbeit gerecht werden wollen Durch die Arbeit in der Loge
und ihre Öffnung nach aussen soll jeder Freimaurer dazu beitragen, dass in
der Gesellschaft Gegensätze überbrückt werden. Dadurch fördert er in einem
dynamischen Prozess: Formen des Umganges miteinander und eine
Weiterentwicklung der Moral, die ethischen Forderungen entspricht. Dazu
gehört auch, dass keine freimaurerische Instanz Stellung zu Fragen der
Kirchen und der politischen Parteien bezieht. Jedoch soll sich ein
Freimaurer, auch zusammen mit Gleichgesinnten, für öffentliche Aufgaben
engagieren. Freimaurerisch arbeiten heisst aufbauen und zusammenfügen. Der
Erfolg der Arbeit beruht auf der Kenntnis aller zum Bau erforderlichen
Voraussetzungen und der Beherrschung des Handwerks. Mit dieser, auf die
Dombauhütten bezogenen Ausdrucksweise heisst das, dass ein neuer Bauplan
erarbeitet werden muss, wenn die äusseren Gegebenheiten sich ändern und eine
Wandlung der Wertvorstellungen eintritt.
Alfred Messerli
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