Alpina 5/2003
Die Globalisierung ist ein dramatischer Prozess. Mit ungeheurer Wucht
ergreift sie die Gesellschaften in aller Welt und verändert sie radikal.
Viele wichtige und folgenschwere Entscheidungen werden inzwischen von der
Privatwirtschaft gefällt, auch wenn uns die Schlagzeilen der Zeitungen
darüber hinwegtäuschen. Die Entscheidungsmacht geht in besorgniserregendem
Umfang von den internationalen Finanzmärkten aus. An ihnen wird pro Tag
zwanzig- bis hundertmal mehr Geld verschoben als es dem Wert des weltweiten
Warenumlaufs entspricht.Wird die Globalisierung zum Goldenen Zeitalter? Das erhoffen sich viele
Befürworter von ihr. Die Gegner jedoch lehnen sie ebenso vehement und
entschieden ab, weil sie die Welt in eine Zweiklassen-Gesellschaft führe.
Aber kann man sich überhaupt gegen die Globalisierung stemmen? Ist dies
nicht einfach eine Riesenwelle, die unseren Planeten überspült und dem die
Menschen machtlos ausgeliefert sind? Ist es nicht einfach das Produkt eines
wild gewordenen Kapitalismus, der die Kluft zwischen Arm und Reich noch
vergrössert? Nach Ernst Ulrich von Weizsäcker besteht das eigentliche
Problem der ökonomischen Globalisierung darin, dass sie die Demokratie
schwächt. Das Sagen haben nicht mehr die Parlamente und die Regierungen,
sondern die Märkte, von den Rohstoffmärkten über die Produktenmärkte bis zu
den Devisenmärkten. Der Staat darf aber seinen Einfluss nicht aufgeben, da
er, anders als die Wirtschaft, demokratisch legitimiert ist. Zur
Globalisierung gehört auch das neue Imperium Vereinigte Staaten von Amerika.
Die Vereinigten Staaten als selbsternannte Weltpolizei: Ihre Macht und ihr
Selbstverständnis gehören ebenso zur Globalisierung wie die Ausbeutung der
Dritten Welt. Zusammen mit dem Krieg in Irak sind die Globalisierung und die
Beherrschung der Welt durch die USA das grosse Thema dieses Frühlings. Das
wussten wir noch nicht, als wir vor einem Jahr das Thema der Mai-Nummer
unserer Zeitschrift festlegten. Zusammen mit dem Kampf gegen den Terrorismus
und dem Krisenherd im Nahen Osten hat das Thema durch das angekündigte
Gipfeltreffen der G 8 Staaten in Evian eine zusätzliche brennende Aktualität
erhalten. Eine Aktualität, der sich kein Freimaurer entziehen kann.
Alfred Messerli |