Alpina 8-9/2004
Initiation ist ein wichtiges Erlebnis im Leben eines jeden Freimaurers.
Mit der Initiation wird der Suchende in die Freimaurerei eingeführt und zwar
in verschiedenen Schritten. Wir kennen die Initiation aus den ältesten
Mysterienbünden des Altertums. Nachweisbar sind solche bis etwa 10'000 Jahre
vor Christi Geburt. Die Initiation hat das Ziel, den Neophyten durch das
innerliche Erlebnis und Aufrütteln zu einer Umkehr und einem Neubeginn in
seinem Leben zu bewegen. Dabei macht er Reisen zur Reinigung und zur Prüfung
der Beständigkeit durch die Naturelemente Feuer, Wasser, Luft und Erde. Die
Initiation verläuft meist in drei Schritten: Der Neophyt stirbt und erleidet
in derselben Weise den Tod. Er macht eine Wandlung durch und erlebt seine
anschliessende Wiedergeburt. Vorgängig soll er sich in der Kammer des
Stillen Nachdenkens auf die Initiation vorbereiten und sein geistiges
Testament niederschreiben.Bei der Initiation geht es um eine Bewusstseinserweiterung und Wandlung des
Menschen zu einer Höher- und Weiterentwicklung. Auch in den heutigen
freimaurerischen Idealen finden sich Teile dieses Schemas. «Die Wirkung der
Einweihung kann nicht durch Worte beschrieben werden», schrieb schon Dante.
Damit die Aufnahme zu einer wirklichen Initiation wird, muss einerseits der
Suchende die nötige Aufgeschlossenheit zeigen, andererseits müssen die
Ritualbeamten bereit sein, ein echtes Erlebnis zu vermitteln und nicht nur
eine Formalität ablaufen zu lassen. Das Initiationsritual muss dramatisch
und gut verständlich abgewickelt werden. Auch die Sprache muss deutlich und
im ganzen Tempel vernehmbar sein. Die Ritualbeamten müssen darauf achten,
das Ritual ohne Hast und ohne Nervosität zu vermitteln. Dann wird der
Neophyt die Initiation bei der Aufnahme als Abstreifen einer alten Hülle,
als Tod des alten Adams und als Neugeburt erleben. Man kann die
freimaurerische Initiation auch als einen Weg aus dem Dunkeln ans Licht
auffassen, dem Aufzunehmenden wird «das Licht erteilt». Im Ritual der Loge
«Libertas et Fraternitas» in Zürich heisst es: «Das Geheimnis der
Freimaurerei kann weder gegeben noch genommen oder verraten werden. Es
wächst und lebt in des Menschen Brust, leitend, stärkend und verschönernd.
Symbolik, Rituale und Erkennungszeichen sind nicht unser wahres Geheimnis.
Die edlen Regungen und die humanitäre Gesinnung, die diese in uns
hervorrufen, sind es, weil wir sie nicht in Worte fassen können».
Alfred Messerli |