Alpina 8-9/2005

Freimaurerei und die Frauen – ein Randthema, dem viele Brüder geflissentlich aus dem Weg gehen. Die reguläre Freimaurerei nimmt nur «freie Männer von gutem Ruf» auf. Diese Bestimmung, deren Deutung und Analyse mir nicht zusteht, kann auch von der negativen Seite her aufgerollt werden. Dazu die berühmte Formulierung aus den «Alten Pflichten» von 1723, wo festgestellt wird, wer nicht Freimaurer werden kann: «keine Leibeigenen, keine unsittlichen oder anstössigen Menschen, keine Frauenzimmer». Das ist in den Alten Pflichten vor 282 Jahren festgeschrieben worden. Darüber kann sich keine reguläre Loge hinwegsetzen. Sie kann aber auch die Alten Pflichten nicht ändern oder neu formulieren. Es bräuchte dazu die Übereinstimmung aller regulären Freimaurer-Logen der Welt. Und dies ist praktisch ausgeschlossen.Unsere Beziehungen zu den «Schwestern» werden bereits bei der Aufnahme klar gestellt. Obwohl wir ihnen Hochachtung entgegen bringen, können Sie nicht Mitglied in unserem Bunde werden. Deshalb wird der Neuaufgenommene mit einem Paar weisser Handschuhe versehen, die er derjenigen Frau übergeben soll, «die seinem Herzen am nächsten steht». Für die Schwestern veranstalten wir auch regelmässig Weisse Logen, gemeinsame Konferenzen, Besuche in Ausstellungen und auch gesellschaftliche Anlässe.

Die Frauen, die sich freimaurerisch betätigen wollen, haben sich schon früh zu eigentlichen Frauenlogen zusammengefunden. Wir kennen in der Schweiz La Grande Loge Féminine de Suissse (GLFS). Wir raten interessierten Frauen, sich bei einer der bestehenden Frauenlogen anzuschliessen und sich dort maurerisch zu betätigen. Wir wissen auch, dass sich die Freimaurerinnen ebenso ernsthaft wie wir um die Vervollkommnung des eigenen Ichs bemühen, dass sie ebenso eifrig am rauen Stein arbeiten und dass ihre Rituale sich nur in Nuancen von den unsrigen unterscheiden. In dieser Nummer der «Alpina» bemühen sich verschiedene Brüder sich mit diesen Tatsachen auf sachlicher Ebene auseinander zu setzen. Wir geben auch den Freimaurerinnen das Wort. Obwohl dies selbstverständlich ist, möchten wir es an dieser Stelle wiederholen. Die Beiträge geben die persönliche Meinung der Autoren wieder. Diese Meinungen verpflichten weder die Schweizerische Grossloge Alpina noch die einzelnen Brüder. Ändern können wir den heutigen unbefriedigenden Zustand nicht, wollen wir uns nicht der Gefahr aussetzen, von der internationalen Freimaurerei als irregulär, als illegal erklärt zu werden und aus dem Bruderbund, der weltumspannenden Bruderkette ausgestossen zu werden. Aber es ist gleichwohl zu begrüssen, dass man in der Schweizerischen Grossloge Alpina das «heisse» Thema einmal diskutiert.

Alfred Messerli   
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