Alpina 5/2006
Hand aufs Herz: Haben Sie sich beim Betrachten des Titelbildes mit dem
Fisch im Netz und dem Stundenglas nicht gefragt, was soll das mit
Freimaurerei zu tun haben. Unser Thema für den Monat Mai heisst «nachhaltige
Entwicklung». Und da dünkte mich das Bild mit dem Fisch und dem Stundenglas
gerade richtig. Es soll uns daran erinnern, dass die Zeit unaufhörlich davon
eilt und dass es höchste Zeit ist zum Handeln.Nachhaltige Entwicklung ist zu einem Schlagwort, zu einem Modewort geworden.
Es handelt sich um einen ursprünglich in der Forstwirtschaft verwendeten
Begriff. Er bezeichnet eine Waldnutzung, die sich beim Holzeinschlag im
Rahmen der Mengen bewegt, die auch nachwachsen. Seit dem Umweltgipfel
(Uno-Umweltkonferenz von Rio de Janeiro im Jahre 1992) wurde der Begriff
«Nachhaltigkeit» über das Englische (sustainable development) als
Aktionsplan in Ökologie und Wirtschaftsplanung allgemein verbreitet. Die
Anforderungen der Gesellschaft sollen heute insoweit befriedigt werden, als
sie den nachfolgenden Generationen oder den Gegebenheiten der Natur die
gleichen Lebenschancen und Entfaltungsmöglichkeiten wie unserer Generation
lässt. Deshalb der Kampf gegen das rücksichtslose Abholzen des Regenwaldes.
Die Schweiz versucht mit dem Landschaftskonzept Schweiz tragfähige
Grundlagen dafür zu schaffen. Was hat Nachhaltigkeit mit der Freimaurerei
zu schaffen? Auf den ersten Blick nichts, beim näheren Zusehen doch sehr
viel. Wir setzen uns dafür ein, dass auch unsere Kinder und Kindeskinder
eine Welt vorfinden, in der es sich leben lässt. Wir wenden uns gegen den
Raubbau an unserer Natur nur des Profites willen. Auch das rücksichtslose
Abholzen der Regenwälder, das nur des Geldes wegen und ohne Rücksicht auf
die gesamte Natur geschieht, muss gestoppt werden.
Natürlich findet sich in den Alten Pflichten kein Hinweis auf Natur und
Umwelt und dass man diese schützen muss. Damals war das Thema auch noch
nicht aktuell. Ich frage mich jedoch, ob wir Freimaurer dieses Postulat des
Naturschutzes und der Nachhaltigkeit nicht zu einem unserer Ziele erklären
sollten. Müssten die Allgemeinen Maurerischen Grundsätze der Schweizerischen
Grossloge Alpina nicht mit einem neuen Absatz über den Schutz der Natur im
Interesse der kommenden Generationen ergänzt werden? Einer der Kenner der
ganzen Problematik ist unser Bruder Marco Badilatti. Er hat sich als
Publizist eingehend mit der komplexen Materie auseinander gesetzt und schon
verschiedene fachkundige Arbeiten darüber publiziert. Deshalb habe ich ihn
gebeten, einen Artikel zum Thema zu verfassen. Dabei denke ich auch darüber
nach, ob wir Freimaurer uns nicht mehr engagieren sollten für die
Nachhaltigkeit. Ein Lippenbekenntnis allein genügt nämlich nicht.
Alfred Messerli |