„Freimaurer sein heißt, sich gegen die Zumutungen der Unvernunft und Intoleranz zu wehren“
Georg Semler, Großmeister
„Freimaurer sein heißt, sich gegen die Zumutungen der Unvernunft und Intoleranz zu wehren“
Georg Semler, Großmeister
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität.
Das sind die freimaurerischen Grundsätze. Sie machen Sinn, wenn danach gelebt wird. Durch den Beitritt zu einer Loge hat jeder Bruder den Auftrag übernommen, dies nach bestem Wissen und Gewissen anzustreben.
Gewöhnlich erzählen wir Freimaurer nicht gern vom Ritual, in das unsere regelmäßigen Treffen eingebettet sind. Man muss es nämlich mitgemacht haben, um sein Wesen zu verstehen. Es ist wie bei der Musik: Ein Notenblatt zu lesen, heißt noch lange nicht, die Musik in sich klingen zu hören. Das Geheimnis liegt im Erleben. Aber versuchen wir es einmal.
Die Mitglieder jeder Loge treffen sich einmal wöchentlich oder vierzehntäglich zum rituellen Miteinander: zu den sogenannten ‚Logenarbeiten’. Den Raum unserer Treffen nennen wir Tempel: ein Wort, das auf das lateinische ‚contemplare’ hinweist, also betrachten oder erwägen oder vertiefen. Das trifft es ganz gut, worum es geht. Am Beginn werden feierlich einige Kerzen entzündet und freimaurerische Symbole wie der Zirkel und das Winkelmaß aufgelegt. Das sind die in der Öffentlichkeit bekanntesten Freimaurerzeichen. Der Zirkel symbolisiert Humanität: In seinen Kreis sollen alle Menschen eingeschlossen sein. Und der rechte Winkel steht für Recht, Gerechtigkeit, Rechtschaffenheit und Redlichkeit. Diese uralten Symbole werden überall verstanden. Im Gegensatz zu penibel formulierten Normen bieten solche Sinnbilder die Möglichkeit individueller Interpretation und Anpassung an die Veränderungen des Lebens.
Die Logenarbeit dauert eine gute Stunde. Wie jedes Ritual läuft sie nach einem vorgegebenen Muster ab. Bei uns Freimaurern sind es feierlich vorgetragene rituelle Wechselreden zwischen dem Stuhlmeister und anderen Brüdern. Es sind jedes Mal dieselben vorgegebenen Texte. Kulturwissenschaftler nennen das „performatives Sprechen“. In der Wirkung auf die teilnehmenden Brüder ist es eine Art gruppendynamische Übung zur Entschleunigung aus dem hektischen Alltag, um Platz zu schaffen für die persönliche Besinnung. Ein alter und erfahrener Freimaurer nannte das Ritual einmal „Yoga des Abendlandes“.
Auch wenn die Worte, die im freimaurerischen Ritual gesprochen werden, viel an angesammelter Weisheit enthalten, liegt ihre Kraft nicht so sehr im Inhalt, sondern wie bei jedem immer wiederkehrenden Interaktionsritual in der Wiederholung. Viel mehr als den denkenden Kopf sprechen sie das fühlende Herz an. In Abwandlung eines berühmten Satzes von Antoine de Saint-Exupéry könnte man sagen: Man denkt nur mit dem Herzen gut.
In das Ritual eingebaut sind Musikpassagen und ein Vortrag, den jedes Mal ein anderer Bruder hält: als Stoff zum Nachdenken. Danach wird gemeinsam gegessen und über den Vortrag reflektiert. Es geht dabei aber nicht ums Besserwissen, schon gar nicht um die Durchsetzung von persönlichen Meinungen, sondern um das Verstehen des Anderen, um die Erweiterung des Horizonts. Niemand wird wegen seiner Ansicht kritisiert, niemandem wird eine andere aufgenötigt. Die freimaurerische Gesprächskultur ist eine Nicht-Kontroversielle.
Das gemeinsame Ritual ersetzt also den inhaltlichen Gleichklang. Um das sicherzustellen, werden keine Diskussionen über aktuelle politische Streitfragen oder über höchstpersönliche religiöse Überzeugungen geführt. Diese werden nur im kleinen und privaten Kreis außerhalb der rituellen Treffen akzeptiert.
Rituale erfüllen tiefe menschliche Bedürfnisse. Sie sind gemeinschafts- und persönlichkeitsbildend. Nach einer ritualarmen Zeit als Folge des Ritualmissbrauchs durch die Nazis haben heute viele Menschen den Wert von Ritualen wiederentdeckt. Die Freimaurer hielten immer daran fest.
Die freimaurerischen Rituale sind auf der ganzen Welt ähnlich. Das Ritual der Großloge von Österreich stammt in seinen Grundzügen aus dem späten 19. Jahrhundert. Es ist streng innerweltlich, also ohne transzendentalen Bezug. Es wirkt rein psychisch und steht daher nicht in Konkurrenz zu religiösen Zeremonien, die sich auf etwas Außerirdisches beziehen. Viele Brüder gehören auch konfessionellen Gemeinschaften an.
Diese Frage wird uns oft gestellt, und sie ist einfach zu beantworten: Entweder wird man von einem Freimaurer aus dem persönlichen Umfeld angesprochen und eingeladen; oder man meldet sich selbst bei der Großloge.
Allerdings sollte man sich den Beitritt zu einer Loge genauer überlegen als zum Beispiel zu einem Sportverein. Das ist verständlich, wenn man den Vereinszweck bedenkt: durch Arbeit an sich selbst in Gemeinschaft mit anderen Menschen, die einem viel persönliches Vertrauen schenken, ein besserer Mensch zu werden.
Weil das so ist, folgt jedem Beitrittsansuchen ein wechselseitiges Prüfungsverfahren, also mehrere Gespräche des ‚Suchenden’, wie wir Aufnahmewerber nennen, mit Logenmitgliedern um festzustellen, ob man zueinander passt. Das kann dauern: oft über ein Jahr, auch weil die Logen jährlich nicht mehr als drei oder vier Neue aufnehmen wollen. Ist das Ergebnis der Prüfung positiv, stimmen die Brüder bei einer Logenarbeit ab: natürlich geheim, so wie es sich demokratisch gehört.
Für ein ‚Ja’ ist dann allerdings eine hohe qualifizierte Mehrheit notwendig: Schon bei drei Gegenstimmen wäre der Kandidat für diese Loge abgelehnt. Dank des vorgelagerten Prüfungsverfahrens kommt das nicht so oft vor. Die hohe qualifizierte Mehrheit hat ihren Sinn im eigentlichen Vereinszweck. Es wäre kontraproduktiv, jemanden aufzunehmen, gegen den viele Brüder Mentalreservationen hegen. So etwas könnte das Binnenklima einer Loge unterminieren. Und es wäre auch für den Neuen schlecht, würde er doch nicht so leicht in die Atmosphäre des brüderlichen Vertrauens einbezogen.
Die Mitgliedschaft ist auf Dauer angelegt, bis zum Lebensende. Dennoch kommt es gelegentlich vor, dass ein Bruder nach einiger Zeit bemerkt, dass es für ihn doch nicht das Richtige ist. Dann kann er ohne böse Nachrede wieder gehen.
Um die prinzipiell hohe Bedeutung einer Aufnahme zu unterstreichen, ist diese nicht nur ein formaler Vorgang, der mit dem Eintrag in das Mitgliederverzeichnis erledigt ist, sondern ein ritueller Festakt, an dem viele Brüder teilnehmen und den Neuen herzlich begrüßen.
Bleibt noch die Frage nach dem Grund: Warum wird jemand Freimaurer? Darauf gibt es so viele Antworten wie Brüder. Manche wollen einfach Menschen kennen lernen, denen sie sonst nie begegnet wären. Andere suchen Zonen der Ruhe in der hektischen Welt. Wieder andere wollen über Themen reden können, die im Alltag viel zu kurz kommen. Für die meisten erfüllt sich das alles. Wer Freimaurer wird, hat die Chance, aus seinem Leben mehr zu machen.
Wussten Sie, dass es nicht nur Freimaurer sondern auch Freimaurerinnen gibt? Wussten Sie nicht? Verzeihen Sie diese rhetorische Gegenfrage. Wir haben Sie gestellt, weil uns bewusst ist, dass die allermeisten Menschen glauben, Freimaurerei sei nur Männersache oder gar etwas Männerbündisches. Das stimmt nicht. Richtig ist: Die Logen der ‚Großloge von Österreich‘ nehmen nur Männer auf, aber es gibt auch Frauenlogen.
Manche Logensysteme nehmen nur Männer auf, andere nur Frauen und wieder andere Frauen und Männer. Und das ist nicht einmal neu, also keine Folge der zeitgenössischen Frauenbewegung: Die ersten gemischten Logen und die ersten rein femininen Logen entstanden vor mehr als hundert Jahren: in Österreich in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg. Es gibt also auch Freimaurerinnen, und zwar gar nicht wenige; auch in Österreich.
Indem sich die Logen der ‚Großloge von Österreich‘ nur an Männer wenden, stehen sie in der Tradition der ältesten Freimaurerei der Welt: der altehrwürdigen ‚Vereinigten Großloge von England’. Aber wie diese unterstützen sie selbstverständlich die Emanzipation der Frauen: ihre Gleichheit vor dem Gesetz und im wirklichen Leben. Und sie respektieren die Logen, die bei der Aufnahme neuer Mitglieder anderen Traditionen folgen.
Widerspricht die Geschlechtertrennung aber nicht dem Zeitgeist? Müssten wir also nicht auch Frauen aufnehmen, gar eine Frauenquote einführen?
Wir glauben ‚nein’, und zwar aus gutem Grund: Auch in der modernen Gesellschaft, in der die Geschlechter gleichberechtigt sind, gibt es Schutzräume des persönlichen Lebens, in denen Frauen und Männer lieber unter ihresgleichen sein wollen. Ja noch mehr: Wir glauben, dass gerade in unserer Zeit, in der ja Frauen und Männer viel mehr als früher immer und überall gemeinsam leben und arbeiten, solche Refugien von besonderem Wert sind. Man muss nur die Freizeitgewohnheiten vieler Menschen beobachten: Da organisiert sich das ganz von selbst. Oder um es kultursoziologisch zu sagen: Es gibt und gab wohl keine Gesellschaft ohne nach dem Geschlecht getrennte Rückzugsmöglichkeiten für Frauen und für Männer.
Wie das jemand in der Freimaurerei leben will, kann jede und jeder für sich selbst entscheiden, gibt es doch – siehe oben – Logen nur für Männer, rein feminine und gemischte Logen.
Es war einmal in einer längst vergangenen Zeit, da bauten Dombaumeister wunderbare Kathedralen. Sie benutzten einfache Werkzeuge wie Hammer und Meissel, Winkel und Zirkel. Wie es im Mittelalter üblich war, schlossen sie sich in Zünften zusammen, die sie nach ihren Versammlungsräumen Bauhütten nannten oder in England Lodges und in Frankreich Logen. In diesen tauschten sie ihre Erfahrungen aus und gaben ihr Wissen über die Generationen weiter. Und sie nannten einander Brüder.
Vor allem in England wiesen ihre Debatten bald über die Baukunst hinaus: Sie machten sich Gedanken, wie das Leben der Menschen verbessert werden könnte. Dies zog gescheite Männer an, die keine Dombaumeister waren, und so wurden die Logen mehr und mehr zu Zentren des Nachdenkens darüber, wie eine bessere Welt gebaut werden kann. Und das Bauen von Domen verlor sich langsam im Nebel der Geschichte.
Wir sind jetzt im 18. Jahrhundert angelangt. Das damals große Österreich wurde von Maria Theresia und ihrem Sohn Joseph II. regiert. Nach dem Vorbild Englands entstanden erstmals auch in diesem Lande Logen. Manche ihrer Mitglieder waren Gelehrte, Künstler und Geistliche. Einige wurden zu Beratern der beiden Monarchen, so Joseph von Sonnenfels, der die Kaiserin von der Abschaffung der Folter überzeugte. Andere Brüder wie Wolfgang Amadeus Mozart schenkten der Welt unvergängliche Kunstwerke.
Nicht allen gefiel im Habsburgerstaat der befreiende Einfluss dieser ‚Freymäurer‘, wie sie nach den englischen ‚freemasons’ genannt wurden. Und so hat sie der Kaiser Franz in der obrigkeitshörigen Metternichzeit wieder verboten; so wie auch andere Gruppen, die es gewagt hatten, ihren Gedanken öffentlich freien Lauf zu lassen. In den demokratischeren Ländern Westeuropas und in Amerika konnten sie sich hingegen frei entwickeln.
Aber die Erde drehte sich weiter: Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstanden im Habsburgerreich von neuem Logen. Manches von dem, wofür sie sich noch hundert Jahre vorher eingesetzt hatten, war einigermaßen verwirklicht. Also widmeten sie sich nun den sozialen Problemen der auch hierzulande einsetzenden Industrialisierung: Sie führten Waisenhäuser und kümmerten sich um die Armen.
Doch das währte wieder nur wenige Jahrzehnte: Es kam das zwanzigste Jahrhundert mit seinen zwei furchtbaren Weltkriegen und den totalitären Diktaturen von Kommunismus, Faschismus und Nationalsozialismus. Auch diese mochten das freie und offene Denken der Freimaurer nicht und verboten sie neuerlich. In Österreich taten das die Nazis. Nur in den westlichen Demokratien konnten sich die Logen weiter entfalten.
Als die Nazis 1945 nach den Verheerungen des Zweiten Weltkriegs besiegt worden waren, mussten die österreichischen Freimaurer zum dritten Mal neu anfangen. Wieder wandelte sich das Land. Diesmal zum besseren: Das jetzt kleine Österreich wurde zum ersten Mal eine stabile Demokratie und ein Sozialstaat. Das veränderte auch den Auftrag der Freimaurer. Sie wirkten und wirken weiter karitativ; Armenspeisungen, Kinderheime und ähnliches hatten jedoch ihren Sinn eingebüßt. Und so verschob sich das bleibende freimaurerische Ziel, am Bau einer besseren Welt mitzuarbeiten, mehr und mehr in den persönlichen Lebenskreis jedes einzelnen Bruders. Ganz so wie es Erich Kästner in einem seiner Gedichte so wunderbar ausgedrückt hat: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“
Eine freimaurerische Großloge ist eine Art Dachverband von Logen. Sie gibt diesen die Werte und die organisatorischen Regeln vor; davon abgesehen sind die Logen selbständig. Das klingt ziemlich hierarchisch, in Wahrheit ist es sehr demokratisch. Die Macht liegt letztlich nicht oben sondern unten. Die gewählten Funktionsträger der Logen fassen in Vollversammlungen alle grundsätzlichen Beschlüsse. Und sie wählen aus ihrer Mitte einen Großmeister sowie weitere Vorstandsmitglieder der Großloge. Bei der ‚Großloge von Österreich‘ findet das alle drei Jahre statt.
Die ‚Großloge von Österreich’ umfasst gegenwärtig 74 Logen; darüber hinaus drei Speziallogen, die einem bestimmten Zweck gewidmet sind: zum Beispiel der freimaurerischen Forschung. In drei Logen ist die Ritualsprache französisch, englisch und ungarisch.
Die Mitgliederzahl der Logen ist sehr verschieden: Die größten zählen an die siebzig Brüder, die kleinsten um die zwanzig. Zusammengerechnet gehören an die 3.500 Brüder zu den Logen der ‚Großloge von Österreich‘: im Logendurchschnitt also nicht ganz fünfzig.
Der Sitz der Großloge ist Wien in einem historischen Gebäude in der Rauhensteingasse Nr. 3 im Ersten Gemeindebezirk. Hier sind auch zwei Drittel der Logen zu Hause. Das dritte Drittel verteilt sich auf die anderen acht Bundesländer.
Es gibt in der Freimaurerei verschiedene Richtungen: vereinfacht gesagt eine mehr spirituell-philosophische und eine, die sich auch gesellschaftspolitisch engagiert.
Die ‚Großloge von Österreich’ gehört zum ersten Typ. Sie orientiert sich an Grundregeln, welche die ‚United Grandlodge of England’ entwickelt hat. Und sie wurde daher von der englischen Großloge schon 1952 als reguläre Freimaurerei anerkannt. Regulär heißt: gemäß den Regeln der englischen Freimaurer. Damit gehört unserer Großloge international zur Mehrheit. Unter anderem heißt das: Sie gibt keine Stellungnahmen zu öffentlichen Streitfragen ab und mischt sich nicht in den politischen Betrieb ein. Sie vertritt den Standpunkt, dass die humanen Anliegen der Freimaurerei nicht über die Organisation sondern über die Lebenseinstellung der einzelnen Freimaurer in die Welt hinein wirken sollen.
Die Geschichte der Großloge ist wechselvoll, wurde doch in Österreich die Freimaurerei seit ihrem Entstehen im 18. Jahrhundert zweimal verboten: zuerst von der habsburgisch-metternichschen Reaktion und dann wieder von den Nazis. Seit 1945 geht es jedoch kontinuierlich aufwärts.
Die erste Großloge der Welt wurde 1717 in London gegründet. Wichtige Staaten auf dem Kontinent wie Frankreich und Preußen folgten schon wenige Jahre später. In Österreich ging alles etwas langsamer.
In jener Zeit regierte Kaiserin Maria Theresia. Und obwohl ihr Gemahl, der römisch-deutsche Kaiser Franz I., noch als lediger Prinz ein Freimaurer geworden war, verhielt sich die Herrscherin zuerst skeptisch. Vielleicht weil ihr Gegner, der Preußenkönig Friedrich der Große, der ihr Schlesien abgenommen hatte, auch ein Freimaurer war. Außerdem war sie sehr katholisch, und der Papst hatte die Freimaurer in einer Bulle gerade verurteilt.
Jedenfalls hatten es die österreichischen Freimaurer am Anfang nicht leicht. Nach und nach wurde es jedoch besser: Logengründungen blieben noch eine Zeit lang schwierig, aber mehrere wichtige Berater Maria Theresias waren Freimaurer. Kein Wunder: Die Freimaurer gehörten zu den Trägern des politischen Modernisierungsgedankens, und die Kaiserin war an Reformen interessiert. Das setzte sich unter der Regierung von Maria Theresias Sohn Joseph II. fort, und so konnte 1784 in Wien mit einiger Verspätung die erste österreichische Großloge gegründet werden.
Die gute Zeit dauerte nicht lange: Josephs Nachnachfolger und Neffe Franz II./I. fürchtete während der Französischen Revolution um seinen Thron und verbot alles, was neue Gedanken verbreitete, so auch die Freimaurer. Einige wurden 1795 sogar öffentlich hingerichtet.
Das sollte mehr als ein Jahrhundert anhalten, rutschte doch das Habsburgerreich, was sein politisches System betraf, immer mehr in die Entwicklungsdefensive. Und so wurden im gesellschaftspolitischen Bereich Verbote so lang wie nur irgendwie möglich aufrechterhalten: auch das Freimaurerverbot. Mit Einschränkungen dauerte es bis zum Ersten Weltkrieg und dem Ende der Habsburgerherrschaft.
Schon in den Jahrzehnten vor 1918 hatten Wiener Freimaurer auf der anderen Seite der Binnengrenze in der ungarischen Reichshälfte sogenannte Grenzlogen gegründet; seit der Reichsteilung in eine Doppelmonarchie 1867 galt dort ein liberales Vereinsrecht. Und so war es diesen österreichischen Exilfreimaurern nach dem Zusammenbruch des Habsburgerimperiums möglich, ihre Logen sofort in die neu gegründete Republik zu verlegen und eine Großloge einzurichten. Diese prosperierte von Anfang an. In wenigen Jahren gehörten zu ihr 24 Logen mit fast zweitausend Mitgliedern.
Doch 1938 kamen die Nazis, und es war wieder zu Ende. Sofort nach dem militärischen Einmarsch von Deutschland nach Österreich folgten aus Berlin spezielle SS-Kommandos mit dem Auftrag, politische Gegner zu deportieren und alle den Nazis missliebigen Vereine aufzulösen. Dazu gehörten auch die Freimaurer. Deren Vorstellungen von Freiheit, Humanität und Toleranz passten nicht zur totalitären und rassistischen Ideologie der Nationalsozialisten. Eineinhalb Jahre später begann Hitler seinen Krieg.
Wenige Wochen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Zusammenbruch der Nazi-Diktatur sammelten sich im halbzerstörten Wien und unabhängig davon auch in Kärnten überlebende österreichische Freimaurer zum dritten Anfang. Erste Logen wurden gegründet, und bald konnten sie die von den Nazis eliminierte Großloge wieder ins Leben rufen.
Von nun an entwickelte sich die österreichische Freimaurerei stetig nach oben: Fast jedes Jahr wurde eine neue Loge gegründet; am Anfang besonders in Wien, nach und nach auch in allen anderen Bundesländern.
Für einen Freimaurer ist es eigentlich bedeutungslos, welche bis heute berühmten und bekannten Menschen zu seinen brüderlichen Vorfahren zählen. Da wir jedoch wissen, dass dies viele Menschen interessiert, nennen wir hier alphabetisch einige Namen und ordnen sie den Epochen zu, in denen es in Österreich Freimaurer gab. So eine Liste ist zwangsläufig irgendwie willkürlich. Dennoch widerstehen wir der Versuchung, sie weiter zu verlängern.
Die Aufzählung dieser Namen widerspricht nicht dem Diskretionsgebot, nach dem jeder Freimaurer nur sich selbst outen darf. Diese Regel gilt für verstorbene Mitglieder nicht, weil sie bei Toten keinen Sinn mehr hat.
der Alten, Freien und Angenommenen Maurer.