Sanduhr. Freimaurerisches Symbol für Leben und Tod, für das
Vergängliche.
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Die sozialethischen Zielsetzungen und Forderungen
des Freimaurer-Bundes erscheinen zuweilen unbequem: Sie fordern vom
Einzelnen, das für recht und notwendig Erkannte unmittelbar in die
eigene Lebensführung umzusetzen. Die Gesellschaft - davon sind die
Freimaurer überzeugt - kann nur über den einzelnen und das, was er
als sein Leben verwirklicht, humaner werden. Die Freimaurer nennen
ihre geduldige, auf Evolution ausgerichtete Methode den Tempelbau
der Menschheit, und sie glauben, dass diese Arbeit gegenüber anderen
Systemen einen großen Vorzug hat: Man kann sie sofort anwenden, kann
beginnen, ohne auf gewandelte Voraussetzungen zur Anwendung zu
warten.
Würde heute - so die freimaurerische Überzeugung - jeder damit
beginnen, in seinem Umfeld, also in seiner Familie, in seinem
beruflichen Bereich, in seinem Freundeskreis und in seiner
Nachbarschaft für mehr Menschlichkeit, mehr Geduld, mehr Achtung vor
dem Andersdenkenden zu sorgen, so könnte schon morgen weniger Angst
in der Welt sein. Da die Welt und die Menschen sich ständig wandeln,
das Vertrauen ununterbrochen erschüttert wird und immer wieder neu
gefasst werden muss, hat der Freimaurerbund auch heute seine
besondere Aufgabe. Wenn die Bruderschaft, die erstmalig in der Zeit
der Aufklärung als bedeutende fortschrittliche Kraft in Erscheinung
getreten ist, so besonders deshalb, weil man es in der
vielgestaltigen Gemeinschaft der Logen verstanden hat, jedem seine
Freiheit des Denkens zu belassen und auch bei unterschiedlichen
Auffassungen die Brüderlichkeit nicht zu zerstören.
Freimaurer erheben in der Regel keine Forderungen als Gruppe, sie
appellieren nicht an andere, den Staat, die Gesellschaft, sondern
grundsätzlich an sich selbst: Sie begreifen sich als die
Aufgerufenen, Bürgersinn und Verantwortungsbewusstsein im täglichen
Leben zu praktizieren, den Dienst am Mitmenschen zu stärken und in
Wort und Tat einen Beitrag zu einer besseren Welt zu leisten, einer
Welt, die nicht mehr sinnlos zerrissen ist, sondern in der der
Mensch den Menschen achtet. (zitiert nach Jürgen Holtorf,
Freimaurerei, ISBN 3-932620-02-X) |