Alte Logen-Hasen und solche, die gerade in Amt und Würde stehen, pflegen sich zuweilen auf die Schultern zu klopfen und selbstironisch festzustellen, dass die Freimaurerei eine wunderbare Sache sei, wenn es bloss keine Freimaurer gäbe. So mag es auch demjenigen ergehen, der, von einem kleinen oder grösseren Wirbel rund um den Tempel der Humanität aufgescheucht, in seinen Erwartungen irritiert oder in seinen Vorurteilen bestärkt wird. Von solchen Sturmböen werden gelegentlich auch die Freimaurer heimgesucht. Bald haften ihnen ärgerliche Züge an, da sie mit unseren Prinzipien unvereinbar sind, bald lassen sie einen lächeln über das Menschlich-Allzumenschliche, das sich halt gelegentlich auch in eine brave Bauhütte einnistet. Insofern befinden sich die Freimaurer in bester Gesellschaft mit andern Einrichtungen, wo es ja von Zeit zu Zeit ebenfalls kriselt. Gewappnet mit dieser Einsicht können wir nun zusammen getrost von den Höhen des Olymps hinuntersteigen und uns der Realität, dem Alltag zuwenden, denn der Freimaurerbund ist kein Klub von Schöngeistigen. Er verfolgt vielmehr praktische Ziele, versteht sich als Lebensschule und hält seine Mitglieder an, die Königliche Kunst, wie wir verallgemeinernd für Lebenskunst zu sagen pflegen, zu erlernen und allmählich zu beherrschen. Man verkennte deshalb das Wesen dieses Bundes, erwartete man von ihm Antworten auf die Kernfragen der menschlichen Existenz oder gar gebrauchsfertige Rezepte zur Bewältigung unseres Daseins. Logen bieten dazu höchstens Rahmenbedingungen, Anregungen, Werkzeuge, überlassen es aber jedem Einzelnen, sie nach Massgabe seiner Möglichkeiten einzusetzen - inner- und ausserhalb der Loge. Wer offen und gewillt ist, den schwierigen Kampf mit sich selbst aufzunehmen, kann durch sie zu wertvollen Erfahrungen und Erkenntnissen gelangen und hier verlässliche Freundschaften schliessen. Dies eingedenk der Tatsache, dass auch andere Wege aus der Finsternis dem Licht entgegen führen.