Freimaurerei zwischen Ideal, Alltag und Zukunft

Vortrag von Marco Badilatti, gehalten im Rahmen der Volkshochschule des Kantons Zürich am 20.2.96 als Teil der Ringvorlesung über "Die Freimaurer".
 

1.Einleitung

"Andere erkennen ist weise. 
  Sich selbst erkennen ist Erleuchtung"

Laotse

Alte Logen-Hasen und solche, die gerade in Amt und Würde stehen, pflegen sich zuweilen auf die Schultern zu klopfen und selbstironisch festzustellen, dass die Freimaurerei eine wunderbare Sache sei, wenn es bloss keine Freimaurer gäbe. So mag es auch demjenigen ergehen, der, von einem kleinen oder grösseren Wirbel rund um den Tempel der Humanität aufgescheucht, in seinen Erwartungen irritiert oder in seinen Vorurteilen bestärkt wird. Von solchen Sturmböen sind in der jüngeren Vergangenheit ja nicht nur Freimaurer in unserem südlichen Nachbarland heimgesucht worden, sondern ebenso in der biederen Schweiz. Sie stellen auch innerhalb des Bruderbundes Ärgernisse und Belastungsproben dar, beschämen uns und stimmen uns traurig. Denn sie sind weder mit unsern ethischen Prinzipien noch mit unserer Verantwortung gegenüber suchenden Menschen zu vereinbaren. Bald haften derlei Episoden unannehmbare Züge an, bald lassen sie einen lächeln über das Menschlich-Allzumenschliche, das sich halt gelegentlich auch in eine brave Bauhütte einnistet, wie schon Johann Wolfgang von Goethe erfahren musste. Ob im einzelnen von Medienleuten oder Gegnern aufgebauscht oder nicht, erinnern sie uns zumindest daran, dass die Zahl der "Sozialfälle" in der menschlichen Gemeinschaft konstant und gleichmässig über alle Erdteile, Völker, Gruppen und Institutionen verteilt ist. Insofern befinden sich die Freimaurer in bester Gesellschaft mit Legionen anderer menschlicher Einrichtungen, wo es bekanntlich von Zeit zu Zeit ebenfalls kriselt. Hören wir also auf, uns gegenseitig etwas vorzugaukeln, denn auch Freimaurer sind nur Menschen, mögen sie schon seit Jahrhunderten an ihrem rauhen Stein herummeisseln.

Gewappnet mit dieser Einsicht können wir nun zusammen getrost von den Höhen des Olymps hinuntersteigen in die Niederungen des Alltags. Ich meine das keineswegs ironisch, denn bei aller Verherrlichung der maurerischen Vergangenheit, ihres Brauchtums und ihrer illustren Koryphäen, die sich ihr immer wieder angeschlossen haben, dürfen wir eines nicht vergessen: der Freimaurerbund ist kein Klub von Schöngeistigen. Er verfolgt vielmehr unmittelbar praktische Ziele, versteht sich als Lebensschule und hält seine Mitglieder an, die Königliche Kunst, wie wir verallgemeinernd für Lebenskunst zu sagen pflegen, zu erlernen und allmählich zu beherrschen. Man verkennte deshalb das Wesen dieses Bundes, erwartete man von ihm Antworten auf die Kernfragen der menschlichen Existenz oder gar pfannenfertige Rezepte zur Bewältigung unseres Daseins. Logen bieten dazu höchstens Rahmenbedingungen, Anregungen, Werkzeuge, überlassen es dann aber jedem Einzelnen, sie nach Massgabe seiner Möglichkeiten einzusetzen - innerhalb und ausserhalb der Loge. Wer also eine Heilslehre sucht, ist gut beraten, sich nicht auf die Freimaurerei einzulassen. Ebenso, wer alles schon zu wissen oder besser zu wissen glaubt, es sich in seinem Lebenssessel bequem gemacht hat oder sich von der Logenzugehörigkeit materielle und gesellschaftliche Vorteile erhofft. Wer jedoch offen und gewillt ist, den schwierigen Kampf mit sich selbst aufzunehmen, kann durch sie zu wertvollen Erfahrungen und Erkenntnissen gelangen und hier verlässliche Freundschaften schliessen. Dies eingedenk der Tatsache, dass auch viele andere Wege aus der Finsternis dem Licht entgegen führen.

Denn lassen wir uns nicht täuschen: die Zahl der Menschen, die sich ernsthaft auf diese Auseinandersetzung einlassen wollen, sich um eine sinnvolle Ausrichtung ihres Lebens, um tiefere Einblicke in das Dasein bemühen und um zeitlos gültige Werte ringen, ist grösser als wir vermuten. Gerade in Zeiten innerer Zerrissenheit und des Chaos, wie der unsrigen, besteht bei vielen Menschen das Bedürfnis nach einem zuverlässigen geistigen Fundament und einem inneren Halt. Kein Wunder, erleben in solchen Tagen Weltanschauungen aller Schattierungen und deren Prediger Hochkonjunktur! Das schlägt sich heute nieder etwa auf dem Jahrmarkt der Esoterik. So werden in dieser anhaltenden Wachstumsbranche allein in Deutschland, Oesterreich und der Schweiz jährlich Produkte im Wert von mindestens 20 Milliarden Franken umgesetzt und bieten mittlerweile um die 50'000-70'000 selbsternannte Wahrsager und Hellseher ahnungslosen und leichtgläubigen Mitmenschen ihre vermeintlich "guten Dienste" an. Zugleich beobachtet man seit einiger Zeit in fast allen Ländern eine massive Zunahme von Sekten und sektenähnlichen Bewegungen; allein in Frankreich sollen es bereits 1'000 Organisationen mit weit über einer halben Million Mitgliedern sein, die Dunkelziffern nicht eingeschlossen. Darunter finden sich Vereinigungen, die in kollektiver Weltuntergangshysterie sogar vor dem Massenmord nicht zurückschrecken, wie vor einem guten Jahr auch die Schweiz und Japan erfahren mussten.

Angesichts dieses blühenden Geschäftes mit den Dingen zwischen Himmel und Erde, fragt sich, wo so traditionsreiche Organisationen wie die Freimaurerei stehen und was sie in dieser offensichtlich wachsenden Orientierungslosigkeit noch zu bieten haben. Dem wollen wir uns nun im Hauptteil meiner Ausführungen zuwenden. Nach einer kurzen Darstellung der äusseren Fakten der heutigen Freimaurerei in der Schweiz, gilt es zu erkunden, was Männer unserer Tage eigentlich dazu bewegt, einer Loge beizutreten oder nicht und wie sich ihre Aufnahme und Integration in die Loge gestaltet. In den folgenden Abschnitten werden wir uns über die Ziele und Instrumente, Schwächen und Stärken der Freimaurerei unterhalten. Von hier aus sei schliesslich ein kurzer Blick in ihre Zukunft gewagt. Hat sie in ihrer historisch überlieferten Form noch eine Aufgabe, welches sind die Herausforderungen, denen sie sich heute gegenübergestellt sieht und welche ihre Chancen, diese zu bestehen?

2. Hauptteil

1. Äussere Daten der Gegenwartsmaurerei in der Schweiz:
Freimaurerlogen sind selbständige Vereine, nach Massgabe des Zivilgesetzbuches rechtmässig konstituiert, haben ihre Statuten, werden von demokratisch gewählten Organen geleitet und führen ein allen Logenangehörigen zugängliches Mitgliederverzeichnis. In unserem Lande sind sie in der Schweizerische Grossloge Alpina, als Dachorganisation, vereinigt. Sie zählt heute 73 Logen mit etwa 3'800 Mitgliedern in allen Landesteilen, mit Schwergewicht jedoch in den städtischen Gebieten. Nach einem massiven Schwund vor und während des Zweiten Weltkrieges haben die Mitgliederzahlen in der Nachkriegszeit stetig zugenommen und sind heute relativ konstant. Das Durchschnittsalter der Mitglieder liegt zurzeit bei etwa 52 Jahren, doch ist seit einigen Jahren eine bemerkenswerte Verjüngungstendenz in ihren Mitgliederreihen festzustellen. Todesfälle oder gelegentliche Austritte sowie Neuzugänge vor allem in der Alterskategorie zwischen 35 und 45 Jahren halten sich etwa die Waage. Beruflich gesehen stellen die Ingenieure, Architekten, Kaufleute, medizinischen Berufe, Lehrer und Beamte aller Stufen sowie die Handwerker die grössten Kontingente. Im Gegensatz zum 19. Jahrhundert sind die Politiker heute in den Logenreihen selten vertreten. Wenn schon, dann finden sich in der Freimaurerei eher kommunale oder kantonale Politiker, nationale Parlamentarier bilden die Ausnahme, im Bundesrat sitzt schon seit langem kein Freimaurer mehr. Entgegen anderslautenden Traktaten, die periodisch etwa aus einem Schaffhauser Weinkeller auftauchen und aus dessen ideologischem Umfeld erst vor kurzem wieder mit einer merkwürdigen Petition gegenüber dem Bundesparlament agitiert wurde, um den Freimaurern einen Maulkorb zu verpassen, kann also von einem staatsgefährdenden Einfluss der Freimaurer in unserem Land keine Rede sein. Hingegen vereinen die Logen nach wie vor Männer unterschiedlichster Konfessionen, Rassen, politischer Weltanschauung und Stände, wobei der bürgerliche Mittelstand überwiegt. Aber es gibt auch an der Schwelle zum 21. Jahrhundert leider immer noch Zeitgenossen, die es selbst aus der harmlosesten Begegnung fertigbringen, eine abstruse Weltverschwörungstheorie zusammen zu schustern. Gottlob werden jedoch solche Spekulationen nicht dadurch wahrer, indem man sie ständig wiederholt und sich dabei erst noch auf fragwürdige Grundlagen stützt.

Die Stabilität der Mitgliederzahlen kontrastiert in der Schweiz schon seit einigen Jahren auffallend mit einer inflationären Zunahme der Logenzahlen. Der Partikularismus hat eben auch vor den Toren der Freimaurerei nicht halt gemacht. Hinter solchen Gründungen verbergen sich nämlich häufig auch unterschiedliche Auffassungen darüber, was Freimaurerei sei und zu tun habe, oder schlicht die Flucht vor einem notwendigen logeninternen Läuterungsprozess. Man könnte darüber hinwegsehen, schimmerte da nicht eine gewisse Identitätskrise durch, wie sie zurzeit auch andere Organisationen und Institutionen bis hin zu den politischen Parteien durchstehen müssen. Nun haben ja Krisen nicht nur negative Seiten. Denn, was von Grund auf aufwühlt, kann auch reinigend wirken. Sie zwingen uns nämlich, eine kritische Lage, in die wir hineingeraten sind, gründlicher auszuleuchten, uns eventuell Fehler einzugestehen, unsere Ansichten zu überdenken, unser Verhalten zu ändern. So kann das, was zunächst schmerzt und auseinanderdividiert, plötzlich zur Chance werden, neue Horizonte eröffnen, originelle Lösungen ermöglichen, die wir zuvor nie für möglich gehalten hätten. Solches Licht ist der Lohn dafür, dass wir tiefer als sonst in uns gegangen sind, um mit uns und unserer Umwelt ins Reine zu kommen.

Womit wir, sollten Sie es noch nicht gemerkt haben, auf dem Platz Zürich angelangt wären, genauer auf dem Lindenhof, wo heute acht Logen mit insgesamt rund 650 Mitgliedern arbeiten. Die älteste von ihnen ist die "Modestia cum Libertate", die 1771 gegründet wurde und Eigentümerin und Betreiberin der dortigen Liegenschaften ist. Die übrigen Logen sind bei ihr eingemietet und benützen an jeweils unterschiedlichen Tagen deren Infrastrukturen wie Konferenzsäle, Tempel, Restaurationsbetrieb, Archiv und Bibliothek. In der Reihenfolge ihrer Gründung sind es die "In Labore Virtus" (1902), die "Sapere Aude" (1920), die "Libertas et Fraternitas" (1925), die in englischer Sprache arbeitende "Cosmopolitan Lodge" (1960), die "Catena Humanitatis" (1964), die französisch geführte "Post Tenebras Lux" (1975) sowie die "Aurora Humanitatis" (1981). Aus den Reihen der Zürcher Freimaurerei sind verschiedene gemeinnützige Institutionen hervorgegangen:
Brockenhaus, Alters- und Studentenheime und logeneigene soziale Hilfswerke. So verausgabt der Fürsorgefonds der Loge "Modestia cum Libertate" in der Stadt Zürich jährlich etwa 100'000 Franken für Bedürftige, ohne dass dies jemals an die grosse Glocke gehängt würde. Ob solch noble Zurückhaltung richtig oder falsch sei, ist auch logenintern umstritten.

2. Was suchen Männer in der Freimaurerei?
Bemühe ich mich die Beitrittsmotive anhand der im Laufe der Jahre geführten zahlreichen Bewerbungsgespräche mit Interessenten herauszufiltern und zu ordnen, lassen sich im wesentlichen vier Gruppen unterscheiden:

  • Da sind zunächst einmal die Männer, die in der Freimaurerei besonders Geselligkeit und Freundschaft suchen. Sie wollen einfach für ein paar Stunden ihrem gewohnten Umfeld in Familie, Beruf und andern Standespositionen entfliehen und mit Menschen zusammenzutreffen, die sie in dieser Vielfalt kaum kennenlernen würden. Es sind häufig Männer, die die Freimaurerei gerne mit einem Service-Club, einer historischen oder staatsbürgerlich orientierten Vereinigung gleichsetzen und deshalb ihre sozialen Bedürfnisse auch mit anregenden Vorträgen und Diskussionen über konkrete Zeitfragen verbinden möchten. Auffallend an ihnen ist ihre Diesseitsbezogenheit, weshalb sie gerne betonen, mit beiden Füssen auf dem Boden der Wirklichkeit zu stehen.
  • Dann gibt es Kandidaten, die sich von einem Beitritt in eine Loge eindeutig materielle Vorteile in Form von beruflichen und gesellschaftlichen Beziehungen, Macht, Prestige oder Hilfeleistungen erhoffen; da sie ihre Beweggründe häufig verschleiern, ist es für die Logenverantwortlichen nicht immer leicht, diese auf Anhieb aufzuspüren. Früher oder später tauchen solche Versteckspiele indessen doch an die Oberfläche und können dann zu Problemen zwischen einzelnen Mitgliedern, aber auch zwischen den Betroffenen und der Loge führen. Allerdings enden sie rundwegs in gegenseitiger Enttäuschung und Entfremdung - bis hin zum Austritt oder Ausschluss. Leider sind es gerade diese Fälle, die nach aussen dringen und den Bund als Ganzes und zu Unrecht in ein schiefes Licht rücken. Deshalb kann es nicht deutlich genug gesagt werden: wer in der Freimaurerei materielle Ziele und persönliche Ambitionen verfolgt, missbraucht sie und hat in ihr nichts zu suchen.
  • Zur dritten Bewerbergruppe gehören Menschen, die ich als typische Suchernaturen bezeichnen würde, weil sie der sinnlichen Welt allein misstrauen und sich daher gerne auch mit dem beschäftigen, was dahinter steckt. Unbefriedigt oder unausgefüllt vom Alltagstrott und erahnend, dass sich der Lebenssinn nicht in diesem erschöpfen kann, zuweilen aber auch bestrebt, ein weltanschauliches Vakuum zu füllen, versprechen sie sich von der Freimaurerei in erster Linie Denkanstösse, Gespräche im kleinen Kreise über philosophische, religiöse, esoterische, künstlerische oder andere Themen, Beschaulichkeit unter Gleichgesinnten, aber ebenso emotionale Erfahrungen, wie sie feierliche Rituale und Symbole nun einmal vermitteln können.
  • In die vierte Kategorie schliesslich fallen Interessenten, die sich in einer Krisenlage persönlicher, familiärer, beruflicher oder finanzieller Art befinden und sich von einem Logenbeitritt die Lösung ihrer Probleme oder den Aufbau eines diesem Ziele dienenden Beziehungsnetzes ausrechnen. Sie sind die heikelsten Fälle, muss ihnen doch sanft aber bestimmt beigebracht werden, dass eine Loge weder ein Sozialamt, noch eine psychotherapeutische Praxis, noch ein Zentrum zum Abruf beliebiger Himmelfahrtskarten und schon gar keine Privatbank zur Sanierung existenzgefährdeter Firmen ist.
Neben diesen vier Grundtypen finden sich freilich auch Mischformen, namentlich zwischen der ersten und dritten Gruppe. Dazuzuzählen sind Interessenten, denen die exoterische Seite der Freimaurerei ebenso am Herzen liegt wie die esoterische und denen es darauf ankommt, Diesseits und Jenseits miteinander zu verbinden, im Gleichgewicht zu halten. Sämtliche Typen sind denn auch in allen Logen anzutreffen. In jedem Fall übernimmt jedoch die Loge eine grosse Verantwortung: hier, um unerwünschte Einflüsse von ihr fernzuhalten, dort um die hohen Erwartungen suchender Menschen nicht zu enttäuschen.

3. Und was hält Männer von einem Logenbeitritt ab? 
Neben der Beanspruchung durch anderweitige Aufgaben sind es vorab konfessionelle, karrieristische, familiäre und psychologische Gründe, die Anschlusshemmungen verursachen. Nun irrte man allerdings, wenn man glaubte, es seien nur strenggläubige Katholiken, die sich durch die doktrinären Falken in der römischen Kurie und deren Unvereinbarkeitsklauseln von einem Logenbeitritt abschrecken liessen. Auch unter reformierten Zeitgenossen geistern da manchmal noch die seltsamsten Vorstellungen über die Freimaurerei und entsprechende Reserven herum. Umgekehrt hat es von den Anfängen dieses Bundes bis heute auch in der katholischen Kirche immer wieder liberale Kardinäle, Bischöfe und Ordensvertreter gegeben, die in bestem Einvernehmen mit den Freimaurern lebten und leben. Genauso, wie es reformierte oder jüdische Würdenträger gibt, die zugleich einer Loge angehören.

Anderseits staune ich immer wieder, wie angeblich aufgeschlossene und moderne Herren aus der Geschäftswelt und der Politik auf das Reizwort "Freimaurerei" reagieren. Dasselbe lässt sich zuweilen bei ausgeprägten Feministinnen beobachten. In beiden Fällen ist mir bis heute nie ganz klar geworden, ob dabei Unwissenheit, Spott, Opportunismus, verborgene Ängste vor zentralen Themen der Freimaurerei mitmischen, so etwa die Auseinandersetzung mit unserer Endlichkeit, mit den Fragen rund um Geburt und Tod. Wahrscheinlich spielt das alles ein bisschen mit hinein. In diesem Zusammenhang erinnere ich mich eines aufschlussreichen Falles, der noch gar nicht so lange zurückliegt. Dabei kandidierte ein freimaurerischer Parlamentarier für den Regierungsrat. Obwohl ihm sein Bischof, der ein weltoffener Geist war, seinerzeit den Segen zum Logenbeitritt gegeben hatte, indem er bemerkte, "geh Du dort ruhig hin, die Freimaurerei ist schon in Ordnung", wurde ihm später seine Logenzugehörigkeit aus den eigenen Parteireihen vorgeworfen und er deswegen prompt nicht in die Regierung gewählt.

Ein letzter wichtiger Grund, weshalb Männer sich von der Freimaurerei fernhalten: Vermehrtes Gleichberechtigungs- und Partnerschaftsdenken lassen in unserer Zeit reine Männerorganisationen häufig als gesellschaftlichen Anachronismus und altmodisch erscheinen. Deshalb gibt es auch Frauen, die sich strikt gegen einen Logenbeitritt ihrer Partner sträuben, denn sie finden, es müsse unbedingt alles gemeinsam erlebt werden, was eine gute und moderne Beziehung sein wolle. Sieht man aber genauer hin, stellt man oft fest, dass auch bei ihnen weltanschauliche (lies konfessionelle) Gründe, vom Elternhaus her übernommene und unverarbeitete Vorurteile die Hauptrolle ihrer antifreimaurerischen Haltung spielen. So erstaunlich es klingt, gibt es halt nach wie vor Frauen, die sich fürchten, am Ende könnte ihr Herzensprinz in einer Loge unheimlichen Mächten ausgeliefert oder Opfer einer jener gruseligen Freimaurerlegenden werden, die da seit Generationen herumgeistern! Die Aufklärung lässt grüssen...

Zu den erfreulichsten Gegenerfahrungen, die ich bisher machen durfte, gehört anderseits ein Treffen mit einer reinen Damenorganisation, dem Verein der geschäftsführenden Frauen der Stadt Zürich. Noch nie zuvor hatte ich es erlebt, dass uns so viele gute Fragen von Aussenstehenden vorgelegt wurden. Und noch nie zuvor schienen wir auf soviel Einfühlungsvermögen, Verständnis und Achtung für unsere Gedankenwelt gestossen zu sein. Seither neige ich zur Ansicht, dass die meisten Frauen möglicherweise das schon in sich integriert haben, was uns Männern häufig fehlt und daher mit Blick auf eine ganzheitliche Menschwerdung noch entwickelt werden muss - zum Beispiel im Rahmen von Tempelarbeiten. So betrachtet, gewinnt die Frauenfrage im Zusammenhang mit der Freimaurerei eine ganz andere Bedeutung.

4. Wie wird man Freimaurer?
Klammern wir einmal die Tatsache aus, dass man nicht unbedingt einer Loge angehören und einen Schurz tragen muss, um im Sinne der Bundesideale ein guter Freimaurer zu sein, finden die meisten Männer den Weg in den Logenbund entweder aus eigenem Antrieb über die Literatur oder auf den Impuls eines Bekannten hin. Werbung machen die der Schweizerischen Grossloge angeschlossenen Logen in der Regel keine. Denn die Freimaurerei war nie und ist auch heute keine Massenorganisation, der man sich anschliessen könnte, indem man einfach eine Beitrittserklärung unterzeichnet, auch wenn sie heute weltweit rund 6 Millionen Mitglieder zählt. Das ist weniger eine Frage von elitären Allüren, als die Folge der Ziele, Strukturen und der Arbeitsweise der Logen. Wie bei einem Orchester, einer Fussballmannschaft oder einem wissenschaftlichen Team von Weltraumfahrern bedingt sie, dass die geistige und seelische Chemie der Mitglieder einigermassen harmoniert.

Die Aufnahme eines Kandidaten in eine Loge erfolgt in mehreren Etappen. Eingehende Gespräche zwischen ihm und den Logenverantwortlichen, schriftliche Sondierungen (einschliesslich Leumundszeugnis) sowie mehrere Abstimmungsverfahren bilden gewissermassen die Vorstufe. Sie sollen einerseits der Loge ein möglichst abgerundetes Bild über den Bewerber, seinen Werdegang und seine Gesinnung vermitteln und seine Eignung für unsere Arbeiten und die jeweilige Logengemeinschaft abklären. Anderseits dienen sie dazu, den Kandidaten eingehend über die Freimaurerei und die Pflichten ihrer Mitglieder zu informieren. Dabei wird in der Regel vorausgesetzt, dass sich der Interessent über einschlägige Bücher bereits mit ihr oder verwandten Gebieten beschäftigt hat und ihr unvoreingenommen gegenübersteht. Auch wenn diese Vorbereitungen noch so gründlich getroffen werden, kann es geschehen, dass man sich hüben wie drüben täuscht und Fehlentscheidungen trifft, die früher oder später zu Problemen bis hin zum Bruch führen. Mit diesem Risiko müssen beide Seiten leben.

Hat sich eine Loge einmal im Rahmen einer demokratischen Wahl durch das oberste Organ, der Mitgliederversammlung, für die Fortsetzung eines Aufnahmeverfahrens entschieden, übernimmt ein Meister die Patenschaft für den Kandidaten. Das ist ein tiefsinniger Brauch, den man bereits bei den antiken Mysterienbünden gekannt hat. Dem Paten obliegt nach weiteren Ermittlungen die endgültige Antragspflicht für die Aufnahme oder Ablehnung seines Schützlings gegenüber der Loge. Er ist es auch, der den Adepten auf seiner Wanderung vom Lehrlings- bis zum Meistergrad in menschlicher und freimaurerischer Hinsicht begleiten muss. Verstehen sich die beiden und nimmt der Bürge seine Aufgabe ernst, kann sich daraus ein inniges geistiges Verhältnis entwickeln. In jedem Fall aber trägt der Pate eine entscheidende Verantwortung dafür, wie gut oder schlecht ein Neuling in den Geist der Freimaurerei und in das Logenleben integriert wird. Menschliche Unzulänglichkeiten können sich deshalb gerade hier ungünstig auswirken und zur Entfremdung eines Mitgliedes von seiner Loge führen.

Hat der Kandidat alle Hürden genommen, wird er während einer Tempelarbeit rituell in die Loge aufgenommen. Doch auch darauf wird er entsprechend vorbereitet. Zu den eindrücklichsten Erlebnissen seiner Initiation gehört dabei zweifellos das Aufsuchen der sogenannten "Kammer des stillen Nachdenkens". In diesem Raum wird er, während längerer Zeit sich allein überlassen, zur Selbstbesinnung angehalten. "Erforsche das Innere der Erde und, indem Du Dich läuterst, wirst Du den verborgenen Stein finden." Diese alchimistische Wegleitung drückt in knapper Form aus, worum es hier geht. Abgeriegelt vom Lärm der äusseren Welt, die ihn täglich gefangenhält, soll der Kandidat hinabsteigen in die tieferen Schichten seines Wesens, soll in einer meditativen Stimmung sich selbst begegnen und ohne blendende Lehren und Vorbilder mehr Klarheit gewinnen über sich. Freilich, solche innere Sammlung lässt sich auch daheim in der Stube oder irgendwo in der Natur draussen bewerkstelligen. Eingebunden in das gemeinschaftliche Aufnahmeritual gewinnt sie jedoch eine zusätzliche Dimension. Das gilt übrigens auch für die anschliessend folgende Tempelarbeit, mit der Sie bereits in einem früheren Vortrag näher vertraut gemacht worden sind. Ich werde darauf später nochmals zurückkommen.

5. Welche Ziele verfolgt die Freimaurerei?
"Schön und gut", werden Sie sich möglicherweise fragen, "doch worum geht es bei alledem, welchen Zweck verfolgt die Freimaurerei mit ihrem Brauchtum, was für konkrete Mittel setzt sie ein und inwiefern vermögen diese positiv auf den Menschen einzuwirken - dergestalt, dass davon auch etwas zur Bewältigung des praktischen Lebens des Einzelnen hängenbleibt und auf dessen Alltag ausstrahlt?" Sieht man sich in der Literatur herum und fragt man dort nach den Zielen des Bundes, fällt es schwer, darauf klare Auskünfte zu finden. Das fängt schon bei den "Alten Pflichten" im Konstitutionenbuch Andersons von 1723 an, die noch heute sowas wie den freimaurerischen Ehrenkodex darstellen. Diese enthalten zwar beherzigenswerte, nach wie vor gültige, in Einzelheiten aber vielleicht neu interpretationsbedürftige Verhaltensregeln, jedoch kaum einen Hinweis darauf, was damit angestrebt wird. Und wenn Lessing in seinem "Ernst und Falk" schreibt, die Freimaurerei habe es sich zur Aufgabe gemacht, "den unvermeidlichen Übeln des Staates entgegen zu arbeiten", oder Herder betont, der geistige Zweck der Freimaurerei sei "das grosse Werk des Baues der Menschheit", erscheint uns heute auch das etwas nebulös und unverbindlich. Konkreter heisst es in den "Allgemeinen maurerischen Grundsätzen der Schweizerischen Grossloge Alpina":

"Der Zweck des Freimaurerbundes ist die Erziehung seiner Mitglieder zum wahren Menschentum. Die Mittel zu diesem Zweck sind die Übung der von den Baubrüderschaften übernommenen symbolischen Gebräuche, gegenseitige Belehrung über die wichtigsten Angelegenheiten der Menschheit, pflege des Idealen und Anregung zu wahrer Freundschaft, Erfüllung der sozialen Pflichten und Pflege der Wohltätigkeit." Auch im Gesetzbuch etwa der Loge "Modestia cum Libertate", wird der Zweck der Freimaurerei verdeutlicht, indem dort von Selbsterziehung und Pflichterfüllung gegenüber Familie, Vaterland und Menschheit sowie von der Verwirklichung der Ideale wahren Menschentums gesprochen wird.

Betrachten wir diese wenigen Zitate, besteht kein Zweifel: Es geht in der Freimaurerei zentral um das Individuum, und ihr Hauptanliegen ist erzieherischer Natur. Sie läuft einerseits auf das innere Ziel der Menschwerdung und Persönlichkeitsbildung und anderseits auf die äussere Verpflichtung hinaus, die maurerischen Ideale in den Logen und im täglichen Leben aktiv umzusetzen. "Erkenne Dich selbst und werde, der Du bist", lautet deshalb der zentrale Appell, mit dem der Freimaurer immer wieder konfrontiert wird und der zum Ziel hat, im Menschen einen Wandlungs- und Reifeprozess in Gang zu setzen und zeitlebens zu halten. Diese vorab auf die persönliche Evolution ausgerichtete Methode ist weder bequem noch erscheint sie in einer Zeit des Delegierens selbst elementarster Verantwortlichkeiten besonders aktuell. Sie beruht indessen auf der einfachen Erkenntnis, dass der einzelne Mensch am wirksamsten dazu beiträgt, die Welt zu verbessern, indem er bei sich selbst beginnt.

Neben der Pflicht zur Arbeit am eigenen rauhen Stein wird der Freimaurer aber auch angehalten, seine Mitverantwortung als Glied der menschlichen Gemeinschaft wahrzunehmen, indem er sich beispielsweise persönlich einsetzt für Gewissens- Glaubens- und Geistesfreiheit, für Menschenrechte und Menschenwürde, für die Freiheit und Unabhängigkeit seines Heimatlandes, jedes aufrichtige Bekenntnis und jede ehrliche Überzeugung achtet, jede Verfolgung Andersdenkender verwirft und der Intoleranz entgegentritt. Zugleich verpflichtet sich der Freimaurer, die Bildung und Aufklärung zu fördern, brüderliche Gesinnung gegenüber allen Mitmenschen zu üben, unabhängig ihres Glaubens, ihrer Rasse, Nationalität, ihrer politischen Parteizugehörigkeit und ihres bürgerlichen Standes.

6. Mit welchen Mitteln arbeiten die Logen? 
Um ihre Ziele zu verfolgen, bedient sich die Freimaurerei mehrerer Instrumente. Wir können sie grob in drei Gruppen gliedern: 1. in Grundprinzipien und Kardinaltugenden, 2. in Symbole, Rituale und Grade, 3. in praktische Verpflichtungen.
  • Grundprinzipien und Kardinaltugenden
Sie sind diesen bereits begegnet in den Begriffen der Humanität, der Toleranz und des Kosmopolitismus. Die Humanität fordert das Bekenntnis zum Mitmenschen, zur gegenseitigen Anteilnahme und Mitverantwortung im Dienste der Gemeinschaft, zu Hilfsbereitschaft, Wohltätigkeit, kurz zu aktiver Nächstenliebe aus der klaren Erkenntnis heraus, dass wir alle zusammengehören, weltweit eine Schicksalsgemeinschaft darstellen, Teile eines grossen Ganzen sind. Freimaurerische Toleranz entspringt der Einsicht, dass niemand die absolute Wahrheit besitzt und dass wir deshalb jedem auch dann mit Achtung, Verständnis und Duldsamkeit begegnen sollen, mit dessen Ansichten wir nicht einig gehen. Ein solches Toleranzverständnis setzt voraus, dass wir gegebenenfalls bereit sind, eigene Vorurteile und Irrtümer einzusehen und aufzugeben. Mit dem Kosmopolitismus schliesslich unterstreicht die Freimaurerei den weltumspannenden Charakter ihrer Ideale und die Notwendigkeit, allen äusseren Schranken zum Trotz zum Kern unserer Mitmenschen und des in ihnen wirkenden Allmächtigen Baumeisters aller Welten vorzudringen. Das bedingt, dass wir uns mit dem Andersartigen auseinandersetzen, ihn verstehen lernen, mehr das Gemeinsame als das Trennende suchen, ihn als Ganzes annehmen.

Während seiner Logenlaufbahn wird der Freimaureradept vor allem mit drei Kardinaltugenden vertraut gemacht: mit der Justitia, Moderatio und Sapientia - zu Deutsch mit der Gerechtigkeit, Mässigung und Weisheit. Die Logenrituale fordern dazu auf, über die Natur von Recht und Gerechtigkeit nachzudenken, nach den in uns schlummernden göttlichen Gesetzen zu forschen und unser Denken, Urteilen und Handeln an ihnen zu üben. Die Tugend des zweiten Grades, die Mässigung, wird dem Freimaurer-Gesellen ans Herz gelegt, eingedenk, dass einerseits Masslosigkeit früher oder später in die Irre führt und anderseits kluges Masshalten nicht nur Entbehrungen nach sich zieht, sondern auch Gewinn in Form von neuen Erfahrungen, Einsichten, Wertvorstellungen bringt. Im Meistergrad endlich begegnen wir der Tugend der Weisheit. Bescheiden die eigenen Grenzen und diejenigen dieses Planeten zu erkennen, sein Schicksal zu bejahen, an ihm zu arbeiten und immer wieder mal zu lächeln über sich selbst und das grosse Welttheater, sind kleine aber praxisbezogene Schritte in Richtung einer weiseren Lebensführung, bei der uns weder die Modetorheiten der Zeit, noch die wechselvollen Stürme und Schläge des Daseins so schnell aus dem Lot zu bringen vermögen.
  • Symbole, Rituale und Grade
Nachdem Sie darüber bereits von Herrn Professor Laager eingehend informiert worden sind, sei hier nur das Wichtigste in Erinnerung gerufen und ergänzt. Unsere Hauptsymbole sind die drei grossen Lichter Bibel, Winkelmass und Zirkel. Die Bibel oder ein anderes Heiliges Buch der Kulturgeschichte der Menschheit versinnbildlicht in unsern Ritualen das Göttliche, weist uns auf das Transzendente hin und ermahnt uns zugleich, uns in unserem Denken, Fühlen und Handeln von ihm leiten zu lassen. Gesetz, Recht und Ordnung werden in der Freimaurerei durch das Winkelmass symbolisiert. Es hält uns an, diese Grundbedingungen menschlichen Zusammenlebens in allen unseren Obliegenheiten im Augen zu behalten, gerecht gegenüber der Umwelt und kritisch gegenüber uns selbst zu bleiben. Der Zirkel schliesslich steht für eine den Bruder, alle Mitmenschen und das gesamte Sein umfangende Liebe, weshalb wir danach trachten sollen, mit ihm immer grössere Kreise zu ziehen.

Diesen und weiteren Symbolen begegnet der Freimaurer im Rahmen sogenannter Tempelarbeiten. Dabei handelt es sich um Aufnahme- oder Beförderungsfeiern, bei welchen der Neophyt in einer Verbindung von Handlungen, Symbolen, Unterweisungen, Kontemplation und Musik erstmals mit dem Wesen und den Zielen des jeweiligen Grades vertraut gemacht wird und die für jeden Schlüsselerlebnisse auf seinem maurerischen Werdegang darstellen. Tempelarbeiten dienen jedoch nicht nur der Einfügung neuer Mitglieder in die Logengemeinschaft, sondern zugleich der Sammlung und Erbauung jedes einzelnen Bruders, der Besinnung auf die ethischen Normen des Bundes sowie der Vertiefung menschlicher Bindungen innerhalb der Bruderschaft. Einen der Höhepunkte bildet dabei ein gradspezifisches Gelöbnis. Durch die sinnlichen Erfahrungen dieser Feiern will die Freimaurerei die tieferen Schichten der Seele jedes Einzelnen ansprechen und Unbewusstes ins Bewusstsein heben. Da hierbei individuell verschiedene und sehr persönliche Erfahrungen gemacht werden, lässt sich darüber begreiflicherweise kaum etwas mitteilen und noch weniger darüber rechteln. Man muss es selbst erlebt haben - wie zum Beispiel die Liebe.

Aus der Erfahrung heraus, dass inneres Reifen des Menschen erdauert werden muss, erfolgt die maurerische Erziehungsarbeit in Etappen - vom Lehrling, über den Gesellen zum Meister. Diese Stufen versinnbildlichen die menschliche Entwicklung von der Geburt über das Leben zum Tode. Im Lehrlingsgrad heisst die Losung "schau in Dich!"; folgerichtig ist die Selbsterkenntnis die Aufgabe des Maurers auf dieser Stufe. "Schau um dich!", heisst es im Gesellengrad, wo der Kandidat angehalten wird, beharrlich weiterzuarbeiten, sich in der Tugend der Selbstbeherrschung zu üben und sich in die Gemeinschaft seiner Mitmenschen einzuordnen. Der Selbstvervollkommnung schliesslich ist der Meistergrad geweiht; "schau über Dich!" lautet gleichsam hier die Weisung, wo der alte Mensch in ihm sterben und mit neuen Erkenntnissen über sich, die Welt und den Kosmos gleichnishaft wiedergeboren werden soll. All das ist geknüpft an verschiedene
  • praktische Verpflichtungen
So wird der Freimaurer angehalten, regelmässig an den Arbeiten seiner Loge teilzunehmen, meistens während 9 Monaten im Jahr jeweils an einem Abend pro Woche, ausnahmsweise an einem Sonntag. Nicht von ungefähr! Denn es gehört zu den wertvollsten Seiten der Freimaurerei, dass sie ihre menschenbildenden Ziele nicht einseitig verfolgt, sondern verschiedene Bereiche anzusprechen und zu entwickeln versucht. Während der rituellen Tempelarbeiten sollen besonders die Gemütskräfte gefördert werden. Mehr an den Intellekt, unser Verstandes- und Vernunftspotential richten sich hingegen die Konferenzen mit Vorträgen vorab über maurerische, philosophische, psychologische, naturwissenschaftliche, staatsbürgerliche oder andere aktuelle Zeitfragen, die übrigens meist von den Logenmitgliedern selbst zu erarbeiten sind. Hinzu kommen regelmässige Instruktionen über die Inhalte und das Brauchtum der einzelnen Grade. Beide Arbeitsformen und die ihnen vorangehenden oder folgenden geselligen Zusammenkünfte unter Menschen verschiedenster Herkunft erfüllen zudem wichtige soziale Funktionen. Schliesslich werden von einem Mitglied Disziplin, Vertrauenswürdigkeit, Verschwiegenheit, brüderliche Gesinnung und Versöhnlichkeit erwartet - Tugenden freilich, denen nachzuleben dem einen besser und dem andern weniger gut gelingt.

Der Freimaurerbund verfügt also über eine breite Palette von Mitteln, um seine Anliegen zu fördern, ein Angebot, das weit über die Abgabe von Literatur und das Halten von Vorträgen hinausgeht, die Gesamtpersönlichkeit des Menschen anpeilt und manche Erkenntnisse und Methoden der modernen Humanwissenschaften beinhaltet und synthetisiert. Es wäre jedoch von den Freimaurern selbstüberheblich und von den Aussenstehenden naiv, setzte man voraus, dass im kleinen Mikrokosmos der Logen immer alles rund liefe. Die Frage ist deshalb berechtigt, inwieweit das maurerische Brauchtum wirklich oder nur vermeintlich dazu beiträgt, den Menschen im Sinne der ethischen Ziele des Bundes zu beeinflussen und zu verbessern, oder ob da nicht manches ein frommer Wunsch sei und bleibe. Ich denke, man sollte die praktischen Wirkungen weder über - noch unterschätzen, zumal jeder Mensch sehr unterschiedliche Voraussetzungen mitbringt, um beispielsweise mit Symbolen etwas anfangen zu können. - Erlauben Sie mir nun deshalb eine Grobanalyse.

7. Grobe Analyse der Freimaurerei
Ich beginne mit den Schwachstellen: Es hängt sowohl mit ihrer Geschichte als auch mit ihrem altem Brauchtum zusammen, dass die Freimaurerei relativ stark rückwärtsorientiert erscheint. Tatsächlich zehrt der Bund vor allem von seiner Vergangenheit, ohne dass seither von ihm wesentlich neue Impulse ausgegangen wären. Das hat nicht nur negative Seiten, aber es birgt doch die Gefahr einer gewissen Selbstgefälligkeit und Erstarrung im Überlieferten. Sodann können die maurerischen Arbeiten manchen Menschen zur Passivität verleiten, zu einer Alibiübung und Flucht in eine heile Welt werden, wo das Ideal zum Lippenbekenntnis verkommt, weil sich der Mensch ja hier nicht unmittelbar bewähren muss. Damit seien in keiner Weise die Notwendigkeit und der Nutzen eines periodischen Rückzuges vom Profanen in Frage gestellt; im Gegenteil. Zwiespältig jedoch wird diese Abgerücktheit, wo darob die Aussenwelt vergessen oder verdrängt und der Tempelbau vornehmlich als Glasperlenspiel verstanden und betrieben wird. Langfristig für kaum mehr haltbar erachte ich auch die vornehme Zurückhaltung der Freimaurerei als Institution gegenüber wichtigen Zeitfragen, denn strikte politische Neutralität darf die Auseinandersetzung mit und die klare Stellungnahme zu ethisch-moralischen Fragestellungen nicht ausschliessen.

Ein weiterer Punkt: Rituale ähneln Dramen, und diese wollen und sollen etwas im Menschen auslösen. Routinehaft wiederholt, unzeitgemäss, phantasielos und mangelhaft aufgeführt und interpretiert, können sie leicht in einen oberflächlichen Formalismus abgleiten, der weder berührt, noch verwandelt. Zu schaffen geben der Freimaurerei zuweilen auch ihre organisatorischen Strukturen, worunter die unglückselige Regularitätsfrage. Diese läuft darauf hinaus, dass die Grossloge von England als Ordnungs- und Moralhüterin des weltweiten Bundes bestimmt, was richtige und was falsche Freimaurerei ist, womit sich die Institution als Ganzes zuweilen wegen Marginalien einen beträchtlichen Kräfteverschleiss leistet. Aus menschenrechtlicher Sicht für unbefriedigend gelöst halte ich auch das Problem der Frauenbeteiligung, das meines Erachtens zu bewältigen wäre, wenn jede Grossloge sowohl Männer- , Frauen- und gemischte Logen vereinigte und somit jedem freigestellt wäre, sich derjenigen Ausrichtung anzuschliessen, die seinen Überzeugungen entspricht. Mehr aber noch als das schwächt die interne Verzettelung die Grundlagen der Freimaurerei. So gehört es zu ihren seltsamsten Erscheinungen, dass sie sich nicht mit den drei ursprünglichen Graden des Lehrlings, Gesellen und Meisters begnügt, sondern eine ganze Reihe zusätzlicher Weihen in Form von Hoch- und Seitengraden bis hinauf zum 99. Grad ausgetüftelt hat. Kritisch betrachtet, hat hier indessen der Berg des Übereifers eher eine Maus geboren und hätte eine Vertiefung der drei Grundgrade die Freimaurerei wohl mehr bereichert. Denn, wozu in die Breite und in schwindelerregende Höhen schweifen, wo doch der Erkenntnisweg seit Menschengedenken in die Tiefe unseres Inneren weist und wir doch zeitlebens Lehrlinge, Lernende bleiben?

Doch allen solchen Schattenseiten zum Trotz, hat die Freimaurerei seit ihrer Gründung eine erstaunliche Regenerationskraft bewahrt. Es muss also doch mehr hinter ihr stecken. Kommen wir damit auf ihre Stärken zu sprechen: Persönlich halte ich die eigenartige Verbindung von Mittelalter und Aufklärung, von Esoterik und Exoterik, von Elementen, die sowohl an die Vernunft wie an das Gemüt appellieren für die herausragendste Leistung der Freimaurerei. Es gibt nur wenige Einrichtungen, die zugleich aus dem grossen Schatz vergangener Kulturen und Epochen schöpfen, diesen in der Gegenwart erfahrbar machen und als zeitlos gültige Vision auch für die Zukunft pflegen lassen. Und es gibt kaum eine andere weltumspannende Vereinigung, die auf eine so lange Tradition im Verfechten grundlegender Menschenrechte zurückblicken könnte. Schliesslich findet sich keine vergleichbare Organisation, die so umfassend darauf ausgerichtet wäre, die verschiedenen Erfahrungsebenen der menschlichen Existenz zu einem Ganzen zu vereinen, das Individuum immer wieder auf seine innerste Natur und auf die Kernfragen des Lebens, seines Woher, Wozu und Wohin zurückzuführen und ihn zugleich in die Pflicht zu nehmen gegenüber sich selbst und der Gemeinschaft. Denn nicht die Welt zu erobern und zu verändern bezweckt die Freimaurerei, sondern den Einzelnen zur Selbsterkenntnis, zur Selbst- und Mitverantwortung sowie zu einem ethisch begründeten Handeln anzuhalten. Dank der besinnlichen und geselligen Begegnung von Menschen verschiedenster Herkunft wird ferner in ihrem Kreise das Ideal der grenzüberschreitenden Bruderkette doch mehr als eine Floskel, sondern direkt erlebbare Wirklichkeit. Denn die Loge löst gesellschaftliche Unterschiede auf, in ihr sind der Weisse und der Schwarze, der Jude und Muselmane, der Generaldirektor und der Gärtner, der Divisionär und der Soldat absolut gleichgestellt und jeder, unabhängig von seinem Bildungshintergrund und weltlichen Rang, muss den Weg vom Lehrling zum Meister durchlaufen. So war und ist der Mikrokosmos der Loge ein durchaus praktisches Übungsfeld für jene Tugenden, die mehr denn je nötig sind, um dem alten Traum eines verträglichen Zusammenlebens der Menschen näherzukommen. Wie die Musik und überhaupt die Welt der Künste, wirkt die Freimaurerei völker- und kulturenverbindend und kann jeder, der ihr angehört, in jeder Loge der Erde seine geistige Heimat wiederfinden. Nicht zuletzt bindet der Bruderbund seine Mitglieder ein in ein enges Netz zahlreicher Pflichten zugunsten der Logengemeinschaft oder aussenstehender sozialer Werke. Keiner kann sich vor diesen ehrenamtlichen, mitunter zeitintensiven und anspruchsvollen Aufgaben drücken. Insofern beugt die Freimaurerei auch dem individuellen und kollektiven Egoismus vor.

3. Schluss

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns im letzten Teil dieser Ausführungen einen Blick in die Zukunft der Freimaurerei werfen. Ich bin zwar weder Prophet noch Futurologe, noch ist hier der Ort für programmatische Entwürfe. Dennoch: Es gibt ein paar Rahmenbedingungen, an die man sich bei einem solchen Unterfangen halten kann und aus denen sich zumindest mögliche Entwicklungstendenzen ableiten lassen. Dazu müssen wir nochmals kurz zurückblenden und ein paar Streiflichter auf die derzeitige gesamtgesellschaftliche Lage werfen:

Die Freimaurerei wurzelt, wie Sie inzwischen wissen, einerseits im überlieferten Brauchtum der mittelalterlichen Dombauhütten und verschiedensten Einflüsse der Geistesgeschichte sowie anderseits in der Aufklärung mit ihrem auf die natürlichen Rechte des Individuums pochenden Geist, ihrer Vernunftsorientierung und ihrem optimistischen Glauben an den Menschen und dessen absoluter Mündigkeit. Heute besitzt jedoch das aufklärerische Weltbild nicht mehr die Zugkraft von einst. Vielmehr präsentiert es uns auf manchen Gebieten eine eher zwiespältige Rechnung. Umgekehrt decken immer mehr Forschungsergebnisse, vorab der Naturwissenschaften, die Relativität unseres Wissens von der Welt der Erscheinungen und dem, was dahinter steckt, auf. Spätestens seit Sigmund Freud, noch mehr jedoch seit Carl Gustav Jung und erst recht seit der intensiveren Begegnung mit andern Kulturen und der Wiederentdeckung der mystischen Tradition des Abendlandes regt es sich zudem wieder mächtig im Unterbewusstsein der Menschen und werden lange verdrängte Bedürfnisse wieder an die Oberfläche geschwemmt. - Vorzeichen einer sich anbahnenden neuen Spiritualität des Individuums, dem im Chaos seiner materiellen Welt wieder nach einer geistigen Ordnung dürstet, auf die er sich ausrichten und an die er sich halten könnte? Hinweise gar auf eine Erneuerung der Metaphysik? Ich weiss es nicht, glaube aber, dass sich da Bedeutsames abspielt.

Dies alles dürfte zusammenhängen einerseits mit dem schwindenden Einfluss der Antike, der jüdisch-christlichen Kultur und der Renaissance sowie anderseits mit der Integration von Erkenntnissen der modernen Physik in unser Denken und ihren erstaunlichen Parallelen mit den spirituellen Traditionen des Morgen- und Abendlandes. War das Weltbild von gestern zum Beispiel vorwiegend geprägt von einer dualistischen Sicht, von der Vorstellung einer messbaren und beweisbaren Wirklichkeit, von der Welt als einer linearen Gesetzen folgenden Maschinerie, von einem männlich- autoritären, bald strafenden und bald belohnenden Gott sowie von einem betonten Haben-Wollen-Verhalten des Menschen, zeichnen sich seit geraumer Zeit die Umrisse eines veränderten Weltbildes am Horizont ab. Charakteristisch für dieses ist ein Denken in vernetzten Systemen und Gesamtzusammenhängen (z.B. Oekologie/Informatik), ferner die Einsicht, dass die Wirklichkeit unendlich mehr darstellt als die Summe ihrer Teile, dass sie sich in einem ständigen sich selbst regenerierenden Prozess befindet, der gesamte Kosmos wie ein lebendiger Organismus funktioniert und Gott ein geschlechtsneutrales und dynamisches Prinzip darstellt, das alles durchwirkt und den Mensch erfahren lässt, dass wahrer Frieden nur im Einklang mit diesem zu finden ist.

Nun kontrastiert aber das alles unübersehbar mit andern Entwicklungen innerhalb unserer menschlichen Gesellschaft. Die Weltbevölkerung wächst rasant weiter. Völker und Kulturen mit all ihren Problemen rücken immer näher zusammen, fliessen ineinander und erhöhen das Konfliktpotential. Altbekannte und neue Formen von Machtspielen, Rassismus, Nationalismus, religiösem und politischem Fanatismus sowie Extremismen aller Art treiben ihr Unwesen. Gewalttätigkeit in ihren verschiedenen Ausdrucksformen ist längst nicht mehr nur Auswuchs sozialer Nöte, sondern wird über ein dichtes Netz von Kommunikationsmitteln um ihrer selbst willen und zur Volksbelustigung inszeniert, verherrlicht und nachgeahmt. Unser kurzsichtiger Umgang mit der Natur, unserem Lebensraum, droht diese aus dem Gleichgewicht zu bringen, so dass schon in absehbarer Zeit mit globalen Umweltkatastrophen zu rechnen ist. Und neuartige Technologien, deren Spätwirkungen wir noch nicht einmal ansatzweise abzuschätzen vermögen, stellen uns vor Herausforderungen bisher unbekannten Ausmasses. Dasselbe gilt für das zunehmende Gefälle zwischen Arm und Reich, Süd und Nord. Es hat eine weltweite Völkerwanderung ausgelöst, deren erste Wellen uns inzwischen erreicht haben und deren soziokulturelle Folgen uns wohl noch schwer zu schaffen geben werden.

Es bedarf keiner prophetischen Begabung, um zu erahnen, dass angesichts solcher Perspektiven die überlieferten gesellschaftlichen Normen und Konventionen nicht mehr ausreichen dürften, um unserer Jugend, kommenden Generationen und diesem doch wunderbaren Planeten eine daseinswürdige Zukunft zu sichern. So kommt es nicht von ungefähr, dass heute in allen Teilen der Welt namhafte Denker (vielleicht müsste man eher von Querdenkern sprechen) nach einer erweiterten und zeitgemässeren Ethik rufen. Nicht, dass diese schon pfannenfertig in den maurerischen Tempeln vorhanden und dort allein zu finden wäre. Doch in ihrem Erfahrungsschatz der menschlichen Kulturgeschichte liegt einiges von zeitloser Gültigkeit, an die man sich wieder erinnern oder die man im Lichte der globalen Veränderungen und Herausforderungen vielleicht nur neu lesen, interpretieren, vertiefen, ergänzen und weiterentwickeln müsste. Kurzum: Ein Fühlen am Puls der Zeit und ein Blick auf die gegenwärtigen Geschehnisse in der Welt genügen, um zu sehen, dass die Freimaurerei mit ihren Grundprinzipien der Humanität, der Toleranz und des Kosmopolitismus, ihrer Verbindung von Innen- und Aussenwelt, ihrer auf die Selbstbesinnung und auf ein sozialverantwortliches Wirken ausgerichteten Ethik überaus aktuell ist, ja vielleicht sogar aktueller denn je, und dass sie es wahrscheinlich noch lange bleiben wird.

Auf der andern Seite ist nicht zu übersehen, dass sie wie alle altehrwürdigen Einrichtungen der Versuchung ausgesetzt ist, sich auf ihren Lorbeeren auszuruhen, statt sich von Zeit zu Zeit ebenfalls selbstkritisch zu hinterfragen und Mass zu nehmen an den grossen geistigen und gesellschaftlichen Veränderungsprozessen. Dazu ist sie nämlich um so mehr verpflichtet, als sie trotz der Abgeschirmtheit ihrer Tempel eben auch Teil der menschlichen Gesamtgemeinschaft ist, von dieser beurteilt wird und ihr Tun und Lassen vor dieser zu rechtfertigen hat, ob sie will oder nicht. Schon deshalb denke ich, dass die Freimaurerei als Institution fortan vermehrt aus ihrer Beschaulichkeit wird heraustreten und nicht nur am idealen, sondern auch am realen Tempel der Humanität wird mitarbeiten müssen.

Einerseits durch eine zeitgemässe und qualitätsvolle Pflege und Weiterentwicklung ihrer Kultur der Stille und Selbstbesinnung. Denn "das Leben jedes Menschen ist ein Weg zu sich selber hin", wie Hermann Hesse in seinem "Demian" schreibt. Mit ihren Tempelarbeiten will die Freimaurerei nichts anderes, als den Einzelnen zu dieser Sinnfindung anzuregen - ohne ihm den Sinn selbst zu servieren. Ich meine, dies sei auch oder gerade in unserer so vordergründig gewordenen Welt nicht wenig. Denn die Sinnfrage stellt sich ja für den denkenden und handelnden Menschen jeden Tag und während seines ganzen Daseins. Ueber diese philosophische Daueraufgabe hinaus ist die Freimaurerei anderseits aber auch gefordert, ihre Ethik zur Bewältigung gesellschaftlicher Aufgaben umzusetzen und sich um die stetige Weiterentwicklung ethischer Normen zu kümmern. In einer unteilbar gewordenen Welt kann sich nämlich niemand mehr einfach in seine Intimsphäre zurückziehen, will er sich selbst und der Oeffentlichkeit gegenüber moralisch glaubwürdig sein. Auch sind die Zeiten vorbei, wo schillernde Ordenszeichen, blumige Worte und Geheimnistuerei genügten, um sich mit der Aura des Wissenden oder Wohltäters umnebeln und vor seiner Umwelt bestehen zu können. Vielmehr hat die Stunde geschlagen, wo sich der Logenbund, jeder Freimaurer, ja jeder Mensch überlegen muss, wie er von einer rein spekulativen und konsumierenden zu einer zeitgemässen Form des operativen und praktischen Maurerns findet. Eine herausfordernde, hochmoderne und zukunftsgerichtete Aufgabe sowohl für die Institution als auch für das einzelne Mitglied. Menschenrechts-, Integrations-, Erziehungs-, Bildungs-, Familien-, Jugend-, Alters-, Neue Armuts- und Dritt-Welt-Fragen sind nur ein paar Stichworte zu Themen und Einsatzfeldern, zu denen der Logenbund durchaus etwas einzubringen hätte, zumal er auf internationaler, nationaler und lokaler Ebene auch über gewisse dafür nötige Strukturen verfügt. Wenn es ihr gelingt, sich aus der kraftspendenden Kontemplation des Tempels heraus auf dem einen oder andern dieser Gebiete auf breiter Front zu engagieren und ihre Mitglieder entsprechend in die Pflicht zu nehmen, hat die Freimaurerei zweifellos auch in Zukunft eine Chance. Denn, wie heisst es doch?:

"Wir müssen, was wir denken sagen,
was wir sagen tun und was wir tun auch sein."